Wild- und Rheingrafschaft
Nemblich hette man Mannßpersonen drinnen, einen
oder mehr, so da lesen köndten, were das volck allß-
dann auch durch ein zeichen an ein gewiß ortt zu-
sammen zu fordern undt oben bemelte Psalm undt
Gebett, heude dureh diese, morgen durch ein andere
Person, so deren mehr weren, ihnen vorzulesen. Het-
te man aber an einem oder dem andern ortt keine
Leuthe, die lesens erfahren, undt also die Zusam-
menkunfften nicht angestellet werden können, soll
ein jeder Haußvatter mit ernst ermanet sein, in sei-
nem Hauß offt undt fleißig zu betten, auch seine
Haußgenossen zu erzehlung deß Catechismi, oder
was sie sunst vor gebett können, anzuhalten, warzu
dann die Pfarrhern alle Sontag sie fleißig anmanen
sollen. | Wann dieses allso in warer forcht Gottes
undt mit gebürender christlicher andacht an die
handt genommen wirdt, zweiffelt unß nicht, der gü-
tige Gott werde mit den augen seiner Barmherzig-
keitt unß vätterlich wiederum ansehen undt die
straff gnediglich abwenden.
5. Was nun auch die leibliche Chur anlangt, were
unser rahtsam bedencken, daß, so man keine andere
Arzeneyen auß den apoteken hette oder haben
köndte, ein jeder Haußvatter nachfolgendes zurich-
tete: Nemlich er nemme Weinrauten1, welsche Nuß-
kern2 undt Wachholderbeer, eines so viel ungefehr-
lich allß des andern, klein gestossen oder gehackt,
gieß darüber einen guten Eßig, hiervon gebe man
einen jeden des Morgendts einen Löffell voll nüch-
tern ein undt faste ein zeitlang druff. Köndte man
kein Weinrauten und Nußkern haben, so thue man
die Wacholderbeer inn Eßig und genieß dern alle
Morgendts, kumee nüchtern undt faste daruff.
6. Inn den Flecken soll man an dienlichen orten
abents und morgents lichte feuer anzünden von
Wacholderreysern oder Eichenholz und, solang es
e Fröhlich: neme.
1 Die stark riechende Weinraute (Ruta graveolens) war
ein beliebtes Pflanzenheilmittel des Mittelalters und der
Pestepidemien des 17. Jh. In Kombination mit anderen
Gewürz- und Heilkräutern sind zahlreiche volkstümliche
Pestrezepte aus dem 17. Jh. bekannt.
brennet, Leute darzustellen, die Sorge haben, daß
keine Unrath drauß entstehe.
7. In den Häuseren undt Stuben soll man offt reu-
chern mit Wermutt, Tosten,3 Wacholderbeern | oder
Wacholderreysern, ein jeder nach seiner Gelegen-
heydt, doch mit dem Feur behutsam umbgehen.
8. Zu den Predigttagen soll man in den Kirchen ein
licht Feur von Wacholderreysern machen, ehe undt
zuvor das Volck zusammenkommet.
9. Weinrauten und grünen Wermut soll ein jeder
stets bey sich tragen undern Halß oder sonsten und
daran riechen.
10. Es weren auch Krotten4 zu suchen, zu spissen
und gedörret zu nottürfftigen Geprauch uffzuheben.
11. Vor allen diengen soll man sich hueten, daß man
an die örter, so noch reyn sindt, keine inficierte oder
auß inficierten orten herkommende Leut uffnemme
bey Leibßstraff, die gegen den überfahrer gewißlich
vorgenommen werden soll. Da dern auch uffgenom-
men wern, soll man sie allsobalt wieder außschaffen.
12. An einen oder den andern Ortt unserer Obrig-
keit, da die Pest eingerissen were, sollen die ange-
steckten der andern auß christlicher Liebe sich so-
viel möglich enthalten, den Tag über in ihren Häu-
sern verpleiben undt, was sie im Feldt zue verrich-
ten haben, ein Stundt uff den Tag undt ein Stundt
vor der Nacht thun, alles bey straff, so es anderst
vorkäme etc. |
13. Wie treulich wir es auch mit etlichen unsern Un-
derthanen gemeynet, indem wir das Unglück gleich-
sam sehent ihnen vorgeschlagen, sie außerhalb den
2 Walnuss, vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1012.
3 Grimm, DWb 21, Sp. 905: „Pflanzen mit dichten, dol-
denartigen Blütenständen, d. i. wilder Majoran, Thy-
mian, Wolgemut, origanum vulgare und silvestre, cunila
bubula.“
4 Kröten.
646
Nemblich hette man Mannßpersonen drinnen, einen
oder mehr, so da lesen köndten, were das volck allß-
dann auch durch ein zeichen an ein gewiß ortt zu-
sammen zu fordern undt oben bemelte Psalm undt
Gebett, heude dureh diese, morgen durch ein andere
Person, so deren mehr weren, ihnen vorzulesen. Het-
te man aber an einem oder dem andern ortt keine
Leuthe, die lesens erfahren, undt also die Zusam-
menkunfften nicht angestellet werden können, soll
ein jeder Haußvatter mit ernst ermanet sein, in sei-
nem Hauß offt undt fleißig zu betten, auch seine
Haußgenossen zu erzehlung deß Catechismi, oder
was sie sunst vor gebett können, anzuhalten, warzu
dann die Pfarrhern alle Sontag sie fleißig anmanen
sollen. | Wann dieses allso in warer forcht Gottes
undt mit gebürender christlicher andacht an die
handt genommen wirdt, zweiffelt unß nicht, der gü-
tige Gott werde mit den augen seiner Barmherzig-
keitt unß vätterlich wiederum ansehen undt die
straff gnediglich abwenden.
5. Was nun auch die leibliche Chur anlangt, were
unser rahtsam bedencken, daß, so man keine andere
Arzeneyen auß den apoteken hette oder haben
köndte, ein jeder Haußvatter nachfolgendes zurich-
tete: Nemlich er nemme Weinrauten1, welsche Nuß-
kern2 undt Wachholderbeer, eines so viel ungefehr-
lich allß des andern, klein gestossen oder gehackt,
gieß darüber einen guten Eßig, hiervon gebe man
einen jeden des Morgendts einen Löffell voll nüch-
tern ein undt faste ein zeitlang druff. Köndte man
kein Weinrauten und Nußkern haben, so thue man
die Wacholderbeer inn Eßig und genieß dern alle
Morgendts, kumee nüchtern undt faste daruff.
6. Inn den Flecken soll man an dienlichen orten
abents und morgents lichte feuer anzünden von
Wacholderreysern oder Eichenholz und, solang es
e Fröhlich: neme.
1 Die stark riechende Weinraute (Ruta graveolens) war
ein beliebtes Pflanzenheilmittel des Mittelalters und der
Pestepidemien des 17. Jh. In Kombination mit anderen
Gewürz- und Heilkräutern sind zahlreiche volkstümliche
Pestrezepte aus dem 17. Jh. bekannt.
brennet, Leute darzustellen, die Sorge haben, daß
keine Unrath drauß entstehe.
7. In den Häuseren undt Stuben soll man offt reu-
chern mit Wermutt, Tosten,3 Wacholderbeern | oder
Wacholderreysern, ein jeder nach seiner Gelegen-
heydt, doch mit dem Feur behutsam umbgehen.
8. Zu den Predigttagen soll man in den Kirchen ein
licht Feur von Wacholderreysern machen, ehe undt
zuvor das Volck zusammenkommet.
9. Weinrauten und grünen Wermut soll ein jeder
stets bey sich tragen undern Halß oder sonsten und
daran riechen.
10. Es weren auch Krotten4 zu suchen, zu spissen
und gedörret zu nottürfftigen Geprauch uffzuheben.
11. Vor allen diengen soll man sich hueten, daß man
an die örter, so noch reyn sindt, keine inficierte oder
auß inficierten orten herkommende Leut uffnemme
bey Leibßstraff, die gegen den überfahrer gewißlich
vorgenommen werden soll. Da dern auch uffgenom-
men wern, soll man sie allsobalt wieder außschaffen.
12. An einen oder den andern Ortt unserer Obrig-
keit, da die Pest eingerissen were, sollen die ange-
steckten der andern auß christlicher Liebe sich so-
viel möglich enthalten, den Tag über in ihren Häu-
sern verpleiben undt, was sie im Feldt zue verrich-
ten haben, ein Stundt uff den Tag undt ein Stundt
vor der Nacht thun, alles bey straff, so es anderst
vorkäme etc. |
13. Wie treulich wir es auch mit etlichen unsern Un-
derthanen gemeynet, indem wir das Unglück gleich-
sam sehent ihnen vorgeschlagen, sie außerhalb den
2 Walnuss, vgl. Grimm, DWb 13, Sp. 1012.
3 Grimm, DWb 21, Sp. 905: „Pflanzen mit dichten, dol-
denartigen Blütenständen, d. i. wilder Majoran, Thy-
mian, Wolgemut, origanum vulgare und silvestre, cunila
bubula.“
4 Kröten.
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