Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 2. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30660#0171
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
7. Generalartikel 1571

Von gemainen bettagenn.
Das gebett und anruffung gottliches namens ist nit
der geringste theil des rechten, wahren gottesdien-
stes und auch aller christlgleubigen hochster trost
und beste zuflucht in ihren trubsalen, nötten und
anfechtungen, und sonderlich hatt das gemain ge-
beth der kirchen Gottes trostlicher zusagung von
dem herren christo Matth. 18,2 derwegen von an-
fang biß her bey den christen in ihren versamlungen
gemaine gebeth, vorpith und dancksagung je und
allweg gepreuchlich gewessen, sollen auch in unsern
kirchen hinfurt wie biß anhero fleyssig erhalten und
mit christlichem ernst, eyffer und andacht, so offt
die gemain versamlet, geubt werden. Vornemlich
aber ist nötig, nutzlich und guth, das man bißweilen
gewisse zeit und tag bestimme, uff wilche die gantze
gemeinde sich zum gebeth versamlen in dissen
schwerlichen, geferlichen, letsten zeiten mit hertzli-
cher bekehrung zu Gott umb |5| vergebung der sun-
den, abwendung seines gerechten zorns, milderung
der wol verdinten straffen und allerlei anligenden
noth der gantzen christenhait widder das greulich
wutten und doben deß bösen feindts und seiner
werckzeuge ernstlich ruffen und schreien, hierzu
wollen wir in unsern kirchen furnemlich die veror-
dente halbe feiertag ernent und bestimpt haben, an
welchen die pfarrer nach getahner predig die gemai-
ne form der letanei verlessen und das volck fleyssig
zu erscheinen mit ernst vermanen und anhalten sol-
len, vermög unserer kirchenordnung.3
Von eusserlichen lastern.
Nach dem es aber an dem nit allein gelegen, das
man habe, höre, wisse und verstehe Gottes wort und
willen, sonder es erfordert auch Got, der Herr, einen
christlichen gehorsam, bußfertiges leben und haili-

2 Mt 18,19.
3 Da die eigene Pfalz-Veldenzer Kirchenordnung erst 1574
erlassen wurde (vgl. Sehling, EKO XVIII,
S. 462-582), kann es sich dabei nur um die bis dahin ge-
bräuchliche Kirchenordnung von Pfalz-Zweibrücken von
1557 (vgl. Sehling, EKO XVIII, S. 71-259) im Druck
von 1563 handeln, vgl. Sehling, EKO XVIII, S. 448.

gen wandel von seinen glaubigen, so wollen wir auch
ernstlich hiemit ermanet, gewarnt und |6| bevolhen
haben, das alle und jede unsere undertahnen, nie-
mandts außgenommen, sich mit allem ernst bey ver-
meidung gottliches zorns und unserer hochsten
straff und ungnadt vor allerlei offentlichen sunden,
lastern und ergerlichem leben hütten sollen, als da
seindt verachtung gottliches worts, seiner heiligen
sacramenten und des predigampts, von Gott inge-
setzt, gottslesterung, fluchen, schweren, abergleu-
bischen segnerei, wahrsagen, zauberei, teuffels be-
schwerung, ungehorsam, schmehlich und veracht-
lich haltung gegen ihren eltern und oberhern, offent-
licher haß, neidt, zanck und hadder, fullerei und
trunckenheit, hurerei, ehebruch, schandtbare, un-
zuchtige geberden, wortten und wercken, dieberei,
reuberei in gärtten und uff dem feldt, unchristlich
wucher, ubel nachreddung, schändung und schme-
hung des nechsten und waß dergleichen mehr erger-
liche, unchristliche sunde und laster widder Gott
und sein heyliges wortt bei der mehrertheil der men-
schen im schwangk gehen. |7| Hierin wollen wir ernst-
liche einsehens verschaffen und die ubertretter nicht
ungestraft lassen.
Wir kommen auch in erfarung, das, wiewol hie-
bevor von unsern lieben vorfaren hoch löblicher und
seliger gedächtnuß gute, christliche ordnungen, wes
man sich bey denn kindtauffen und hochzeiten ver-
halten solle, außgangen und publicirt worden,4 den-
selbigen doch im geringsten nitt gelebt oder nach-
kommen wirdt. Erpieten derhalben auch hiermit
meniglich solche unnöttige und uberflussige uncos-
ten mit geschencken, zechereien und geselschafften
beyde, bey den kindteuffen und hochzeitten, bey
hechster straff zu vermeiden. Wie wir damit hievon
in specie und sonderlich in unser landsordnung, wes
man sich darin verhalten solle, gnedige verordnung
tuhn wöllen.5

4 Damit sind wohl die entsprechenden Zweibrücker Man-
date gemeint, vgl. Sehling, EKO XVIII, S. 449.
5 Diese hier angekündigte Landesordnung ist bisher nicht
belegt, lediglich eine Hofordnung von 1568 (vgl. Güm-
bel, Pfalz-Veldenz, S. 81-86).

667
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften