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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0031

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3. Der Merseburger Synodalunterricht 1544, mit den Abänderungen etc. 1545.

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berurt, die sol man nicht leiden. Etliche aber
seint nicht wider gottes gebot, sondern zu guter
zucht, und ordnung aufgerichtet, als feiertage, 1)
singen, lesen, orgeln, und anders, so per se adia-
phora und freiwillig2) sein. Und wo man die als
nothwendig zur selickeit halten wil, seint sie auch
schedlich, und werden durch solche meinung vor-
terbt und gotlos gemacht, do sie aber als adia-
phora umb guter ordnung, zucht, und anreizung
der andacht und eintracht willen gehalten werden,
seint sie auch dinstlich, und die mutwillig mit
ergernis und zuruckung einickeit und guter ord-
nung abzuwerfen, ist keinswegs zu dulden. Son-
dern auch die freventlich in dem unordenunge
anrichten, seint so wol, als Turbatores eciam po-
litice tranquillitatis zu strafen.
Es3) wollen sich aber die pfarher gleich-
formig inhalts der agenden, so zu herzogs Heinrichs
zeit seligen gestalt,4) in gotlichen emptern halten
bis auf fernern beschied, und in dem propria
autoritate nichts verandern, ader neues, ader
sonderlichs an unser5) vorwissen6) furnehmen.
Do aber aus furwitz jemandes solches sich under-
stehen wurde, sol darumb gestraft werden.
Sie sollen auch nicht ihres gefallens allerlei
deutsche lieder in kirchen singen lassen, nach-
dem die nicht gleich rein, und zum teil von
widerteufern und sacramentirern gemacht, sondern
bei den bleiben, die in doctoris Martini sangbüch-
lein stehen ader zuvor von uns ubersehen und zu-
gelassen. Und7) in stedten und flecken, do schulen
sein, sollen sie auch die reinen lateinischen alten
schone gesenge antiphonas, responsoria, himnos,
sequentiell und andere de tempore et festis umb
der jungen willen halten und nicht genzlich fallen
lassen, wie denn das in der agenda auch vormeldet,
und do es ihnen an solchen büchern mangelt,
mochten sie Spangenbergii ausgegeben lateinisch
und deutsch canciones ecclesiasticas für die kirchen
kaufen.
In kirchen ampten und sonderlichen in reichung
der hochwirdigen sacrament, wollen sich auch die
pfarhern nicht leichtfertig und rohe, sondern ehr-

1) „Feiertage“ im Merseburger Exemplar hinzu-
geschrieben, steht in A. im Text.
2) „und freiwillig“ im Merseburger Ex., aber auch
in A. hinzugeschrieben.
3) B. Überschrift: Agenda.
4) Im Meiseburger Exemplar von Major hinzu-
geschrieben und in A. in den Text aufgenommen : „durch
herrn d. Jonam und andere visitatoren gestelt, auch
in diesem stift wie im fürstenthumb“. In B.
sind die letzten Worte „auch in diesem stift“ u. s. w.
verbessert in: In fürstenthum und beiden stift.
5) B.: allerseits.
6) B. Zusatz: und samptlichen beschlus.
7) Dieser Satz ist im Merseburger Exemplar am
Rande hinzugeschrieben. In A. und B. steht er nicht
im Text, sondern liegt auf einem Zettel bei.
Sehling, Kirchenordnungen). Bd. II.

lich und tapfer erzeigen, und die mit allem ernst,
demuth, andacht, und ehrerbietung, auch reinig-
lich und vorsichtig handeln und reichen, auch
die leute zu innerlicher und eusserlicher andacht,
zucht und reverenz gegen die hochwirdigen sacra-
ment sich zuerzeigen, vleissig ermahnen, dan sie
nicht allein ihre pfarher, sondern auch schul und
zuchtmeister sein mussen.
Sie1) sollen vorzeichenen, alle die sie taufen,
copuliren und begraben allerlei ursach halben.
Die2) tauf sollen sie auch erlich halten und pa-
pistische, darbei ungehert misbrauch unterlassen,
sondern, wie es die agende mit bringet, auch das
volk vormanen, darbei zu sein und was sie darbei
lehren und betrachten sollen3).

1) B. Überschrift: Taufe.
2) Dieser Schlusspassus ist im Merseburger Exem-
plar nachträglich hinzugeschrieben. In A. findet er sich
im Text.
3) In B. folgt hier:
Es sollen auch die pfarhern ides ortes das volk
treulich vermanen, dass sie zu ihrer kinder tauf nicht
gotlose und verechter der religion sondern fromm christ-
liche leute bitten wollen, und sollen fur die taufe al-
wege diese folgende fragen gehalten werden.
Frage fur der tauf*).
Lieben freunde, gleubt ihr auch und bekennet, das
unser lehrampt, sacrament und teufampt sei gottes ord-
nung und recht?
Zum andern, das dis kindlein in sunden empfangen
und geboren an sel und leib vorterbet, das ihme selbst
noch kein creatur daraus kan helfen, ihr bringet es aber
izo unserm lieben hern Christo, (nach seinem bevehlich),
derhalben zu bitten das durch das heilige sacrament
der taufe und glauben, dem reich Christi Jesu ein-
geleibet, aller seiner guter und vordinst theilhaftig werde
und bleibe etc.? Ja.
Dan gibt man dem kinde seinen namen.
Wo nun der, so zur taufe stehet, ja antwortet, wie
oben vormeldet, mag er bei geduldet werden. Wo er
aber darauf nicht christlich antwort gebe oder sonst
im offentlichen banne were, sal er nicht zugelassen
werden.
Uber dis sollen sie sich bei der taufe ader sonst
in andern gotlichen emptern mit nimandes in ungute
einlassen, sondern was desfals die notturft erfordert zu
anderer gelegenen zeit sparen.
Sie sollen auch den unehelichen kindern die taufe
nicht weigern, oder fragen, wer der kinder vater sei,
sondern die nach der mutter namen, do man nicht weis,
wer der vater sei, anschreiben,
Die frauen und wehemutter sollen sie auch vleissig
unterrichten, wie sie sich in der nottaufe halten sollen,
und das in der taufe kein ander dan die wort, so uns
Jesus gelernt hat, gebraucht wert, als ich teufe dich im
namen des vaters und des sohns und des heiligen geistes.
Auch kein anderes, dan das element des wassers
gebrauchen, nicht kofent, malvasier, milch, wie an etz-
lichen orten geschehen; dan wo das geschege, sol es
vor keine taufe gehalten und christlich getauft werden.
Es soll das kind aus den windeln ausgewickelt, auf
die blosse haut und nicht auf die windeln getauft
werden, wie an etlichen orten geschiehet.
Zur taufe sol man ausserhalber nothfelle, eine ge-

*) Entnommen aus den Leipziger Beschlüssen von 1544.
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