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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0057

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II. Das Bisthum Meissen.

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Merseburg und Meissen berathen. Und am 16. Februar 1545 wurden die Mitglieder des Con-
sistoriums zu Meissen ernannt. (Vgl. dazu Georg Müller, in Neue Beiträge zur sächsischen
Kirchengeschichte 9, 115.) Der Bischof von Meissen blieb jedoch der alten Lehre treu, und
es fehlte an den äusseren Umständen, ähnlich wie in Merseburg, so auch hier die episkopale
Spitze für die neue Lehre zu gewinnen. So blieb denn dem Consistorium die Leitung der
Dinge allein überlassen.
Uber die Thätigkeit des Consistoriums sind wir durch die Akten des H.St.A. zu Dresden,
z. B. Loc. 7418, „Des consistorii zu Meissen schriften undhendel“, ausreichend unterrichtet. Auch
das Rathsarchiv zu Chemnitz, Cap. IV, Sect. I, Nr. 56 bietet einige Ausbeute (s. Bd. I dieser Samm-
lung, S.543). Vor allen Dingen aber liefert uns ein Band des Superintendentur-Archivs zu Zerbst,
Nr. XV, das werthvollste Material. Hier finden wir die vom Consistorium beobachteten Ord-
nungen, sowie Formulare und Vorgänge für die Handhabung der consistorialen Praxis.
Es sei daher gestattet, diesen Band ausführlich zu beschreiben und zu excerpiren.
Derselbe trägt die moderne Aufschrift: „Manuskript von dem consistorio zu Meissen, wie
es 1545 vom herzog Moritz bestellt worden, nach seinen superintendenturen, pfarreien, gerecht-
samen, sitten und gebreuchen“ und enthält durchweg von einer Hand des 16. Jahrhunderts ge-
schrieben die wichtigsten Urkunden aus dem Consistorium zu Meissen und dem Stift zu Meissen
nach Einführung der Reformation. Die späteste aufgenommene Urkunde stammt aus dem Jahre 1580.
Vor allen Dingen wichtig ist die Ordnung, mit welcher der Band beginnt, „Ordnung des
ehrwirdigen consistorii zu Meissen, wie es anfenglich vom herzog Moritzen daselbst bestellet
worden. Anno 1545“.
Diese Ordnung des Consistoriums zu Meissen stellt sich dar als eine theils wörtliche,
theils auszugsweise vorgenommene, theils veränderte Wiedergabe der Cellischen Ordnung,
und zwar aller drei Theile der Cellischen Ordnung. Da nun kein Grund vorhanden ist,
anzunehmen, dass diese ausdrücklich als „Ordnung des consistorii zu Meissen bezeichnete“ Ordnung
dort nicht gegolten habe, im Gegentheil aus den sonst zur Ordnung hinzugeschriebenen Akten-
stücken, namentlich Formularen und Präjudizien, zu entnehmen ist, dass dieselbe praktisch ver-
werthet worden ist, so ergiebt sich 1. dass die Cellischen Ordnungen — und zwar nicht bloss
„Das bedenken in ehesachen“ — faktisch die Richtschnur auch für das Meissener Consistorium
gebildet haben, und 2. — was schon bekannt war —, dass Meissen sich nie strikte nach der
Cellischen Ordnung gerichtet hat. [Hierzu vgl. Bd. I S. 98 ff.]
Was uns der Zerbster Band bietet, ist keine vom Landesherrn erlassene Ordnung
(denn diesen Charakter hat die Cellische Ordnung überhaupt nie erhalten), sondern ist die
für das Consistorium bestimmte Überarbeitung der Cellischen Ordnung, welche dieses faktisch
beobachtet hat. Von wem und wann diese Überarbeitung vorgenommen ist, steht nicht fest
Wahrscheinlich ist, dass sich das Consistorium selbst, und zwar im Jahre 1545 (wie die Aufschrift
besagt), die Cellischen Beschlüsse zurechtgestellt hat.
Die Ordnung zerfällt in drei Theile, denn der angehängte vierte Theil ist nur eine Zu-
sammenstellung der dem Consistorium unterworfenen Superintendenturen und Ortschaften.
Der erste theil.
Von ehesachen.
Liier haben wir eine freie Umgestaltung des Cellischen Ehe-Bedenkens vor uns. „Die
ehesachen sollen vor die bischofliche ampt und consistoria gehören, zu erkennen und zu be-
scheiden, was zwischen streitigen parteien rechte ehe sein, und aus was ursachen die ehe zu
scheiden, es sollen aber solche consistoria richten und urtheilen nach beschriebenen rechten wo
sie dem göttlichen wort nicht zuwider und sovern sie widerwertig, sollen sie sich nach gottes
wort halten, und ir urteil und recht darnach richten.“

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