13. Kirchen-Ordnung für die St. Wenzelskirche zu Naumburg von 1537/1538.
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13. Kirchen-Ordnung für die St. Wenzelskirche zu Naumburg von 1537/1538.
[Nach dem Abdruck von Köster, in Neue Mittheilungen des thüring.-sächs. Vereins 19, 497 ff., von Wort zu
Wort verglichen mit der Handschrift in der Königl. öffentlichen Bibliothek Dresden, Mss. K. 50, sowie unter
Hervorhebung der Varianten der von Neumüller benutzten Handschrift nach Albrecht, in Neue Mittheilungen
des thüring.-sächs. Vereins 19, 572.J
Im namen des vaters, sohns und heiligen
geists, amen1).
Ordenung des gemeinen gotteskasten der stadt
Neunburg
in der pfarkirchen zu Sanct Wenzel daselbst.
Es haben alle kluge, weise, gelerte leute2)
und regenten in allen regimenten und reichen von
1) Das Vorwort Medler’s lautet: Nicolaus Me-
deler der heiligen schrift doctor, pfarrer
und superatten dent zur Neunburg, wünscht
allen seinen nachkommen gnad und fried von Jesu
Christo unsern herrn und heilant.
Dieweil ceremonien in der kirchen an-
derst nichts seind, den feine christliche ordnung
aus der heiligen schrift und derselben gemess nach ge-
legenheit der zeit und des christlichen volks an einem
jedem orte von frommen treuen seelsorgern gestellet,
dardurch das junge und unvorstendige gemeine volk
zur andacht, das ist gotteswort mit lust zuehören und
mit vleiss zue beten gereizet wird, so sollen dieselben
aus liebe und des volkes besserung willen, domit nie-
mend geergert werde und uf das es in einer christ-
lichen gemeine nach der regel des heiligen apostels
S. Pauls (1. Corinth. 14)*) alles ördentlich zuegehe, und
nicht aus zwang als man dardurch selig werden könte,
oder muss gehalten werden etc. Derowegen es auch
wol billich were, das dieselben ein jeden pfarrer zue-
halten und zueordnen nach seiner kirchen zur jeden zeit
gelegenheit frei heimgestellet wurden, dieweil aber
gleichwol nicht alle pfarrer solche ordenung zuestellen
gleich gesinnet oder geschickt seind, und es aber dem
volke nicht zuetreglich oft und viel neue vorenderung
in der kirchen zuemachen, dieweil ein regiment oder
ordenung wol leichtlich geendert oder schwerlich ge-
bessert wird, also hab ich mit vleis dieser Neunburgi-
schen kirchen und des ganzen volks gelegenheit die
zeit, so ich ihr unwirdiger pastor gewesen, betrachtet
und ihr zue gut diese nachfolgende kirchenordnung ge-
stellet, welche die ehrnwirdigen und hochgelarten herrn
visitatores zue Wittenberg die zeit doctor Martinus
Lutter, doctor Justus Jonas, doctor Johannes Bugen-
hagen Pomeranus, doctor Caspar Creuziger, magister
Philippus Melanchton und magister George Röter**)
wissentlichen hier einem erbarn rath mit vleiss uber-
sehen und allerding approbirt und bestetiget haben.
Derowegen diese ordenung nicht leichtlich von
einem jedem geendert werden soll, will aber gleichwol
frommen, gelerten und vorstendigen pfarrern, so nach
mir kommen werden, hiermit kein gesetz, als ob dis alles
von punct zue punct vor notig gehalten werden muss,
besondern dis allein ihnen zue einen exempel christ-
licher ceremonien vorgestellet haben und einem jedem,
der es mit rath und vorwissen seiner maiorn***) oder
christlichen geistlichen obrigkeit thut, dieselben cere-
*) Im Köster’schen Abdruck steht dieses Citat hinter
„aus zwang“, ln der Dresdener Abschrift steht es am Rande.
Es gehört zweifellos zu „St. Pauls“.
**) Dresden: Georg Roter.
***) Neumüller und Dresden: maiores.
anfang der welt her zur jeden zeit, wie dan solches
allein am besten auch die heilige götliche schrift
lehret und gebeut, rempublicam, das ist ein ge-
meinen nutz, in zwei theil geordnet und getheilet,
deren keiner ohn den andern sein aufenthaltung
haben, noch bestendig bleiben mag, als nemblich
in religionem et politiam, das ist in das kirchen
und in das gemein bürgerlich regiment, welche
beide allezeit mit vleiss von den regenten im
volke wahrgenommen und versorget werden sollen.
Das kirchen regiment aber, so man etwa das
geistliche nennet, ist der kirchen zuegehörig, mit
bestellung und aufenthaltung der heiligen und
götlichen ämpter, so der kirchen vorwandt sein,
welches fürnemblich in drei haubtstuck, nemblich
in die gemeine kasten, kirch und schulordnung
getheilet, und das bürgerliche regiment trifft die
obrigkeit und gericht an, welches aufs rathaus ge-
höret, davon wier hier nichts, besondern alleine
von der religion, und erstlich von der gemeinen-
kasten ordnungen1) handlen wollen.
Von den emptern der kirchen.
Die empter aber der kirchen zuerhalten und
zuvorsorgen die drei haubtartikel der religion,
als gemeine2) kasten, kirchen und schulordnung,
sein fürnemblich das pfar, predigt, lehr, und dar-
nach3) das diacon ampt. Solche empter erstlichen
mit personen zuebestellen und zuebesolden, geburt
monien nach gelegenheit der zeit, wie es des volks not-
turft am bequembsten erfordert, zue endern, mehren
und mindern heimgestellet und darneben ganz vleissig
gebeten haben, hierinnen nichts dan alleine gottes ehre
und des armen volks besserung und seligkeit zuesuchen,
und wahr zuenehmen.
Der einige und warhaftige bischof und hirt unser
selen, der herr Jesus Christus, wolle dieser gemeinen
seinen heiligen geist geben und sie vor allen irthumb
behueten und in der reinen lehr seines heiligen evan-
gelii bis auf den tag seiner herlichen zuekunft besten-
dig erhalten, auf das sie ihme hie zeitlich durch sein
erkentnus in einem wahren christlichen glauben, in fried
und einigkeit dienen, und dort in seinen*) reich mit
allen auserwelten für alle seine gaben, gnaden und
woltat immer und ewiglich preis, lob und dank sagen
möge**). Amen.
2) Dresden: leut.
1) Neumüller und Dresden: kastenordnung.
2) Dresden: gemein.
3) Neumüller: „darnach“ fehlt.
*) Dresden: seinem.
**) Dresden: mögen.
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13. Kirchen-Ordnung für die St. Wenzelskirche zu Naumburg von 1537/1538.
[Nach dem Abdruck von Köster, in Neue Mittheilungen des thüring.-sächs. Vereins 19, 497 ff., von Wort zu
Wort verglichen mit der Handschrift in der Königl. öffentlichen Bibliothek Dresden, Mss. K. 50, sowie unter
Hervorhebung der Varianten der von Neumüller benutzten Handschrift nach Albrecht, in Neue Mittheilungen
des thüring.-sächs. Vereins 19, 572.J
Im namen des vaters, sohns und heiligen
geists, amen1).
Ordenung des gemeinen gotteskasten der stadt
Neunburg
in der pfarkirchen zu Sanct Wenzel daselbst.
Es haben alle kluge, weise, gelerte leute2)
und regenten in allen regimenten und reichen von
1) Das Vorwort Medler’s lautet: Nicolaus Me-
deler der heiligen schrift doctor, pfarrer
und superatten dent zur Neunburg, wünscht
allen seinen nachkommen gnad und fried von Jesu
Christo unsern herrn und heilant.
Dieweil ceremonien in der kirchen an-
derst nichts seind, den feine christliche ordnung
aus der heiligen schrift und derselben gemess nach ge-
legenheit der zeit und des christlichen volks an einem
jedem orte von frommen treuen seelsorgern gestellet,
dardurch das junge und unvorstendige gemeine volk
zur andacht, das ist gotteswort mit lust zuehören und
mit vleiss zue beten gereizet wird, so sollen dieselben
aus liebe und des volkes besserung willen, domit nie-
mend geergert werde und uf das es in einer christ-
lichen gemeine nach der regel des heiligen apostels
S. Pauls (1. Corinth. 14)*) alles ördentlich zuegehe, und
nicht aus zwang als man dardurch selig werden könte,
oder muss gehalten werden etc. Derowegen es auch
wol billich were, das dieselben ein jeden pfarrer zue-
halten und zueordnen nach seiner kirchen zur jeden zeit
gelegenheit frei heimgestellet wurden, dieweil aber
gleichwol nicht alle pfarrer solche ordenung zuestellen
gleich gesinnet oder geschickt seind, und es aber dem
volke nicht zuetreglich oft und viel neue vorenderung
in der kirchen zuemachen, dieweil ein regiment oder
ordenung wol leichtlich geendert oder schwerlich ge-
bessert wird, also hab ich mit vleis dieser Neunburgi-
schen kirchen und des ganzen volks gelegenheit die
zeit, so ich ihr unwirdiger pastor gewesen, betrachtet
und ihr zue gut diese nachfolgende kirchenordnung ge-
stellet, welche die ehrnwirdigen und hochgelarten herrn
visitatores zue Wittenberg die zeit doctor Martinus
Lutter, doctor Justus Jonas, doctor Johannes Bugen-
hagen Pomeranus, doctor Caspar Creuziger, magister
Philippus Melanchton und magister George Röter**)
wissentlichen hier einem erbarn rath mit vleiss uber-
sehen und allerding approbirt und bestetiget haben.
Derowegen diese ordenung nicht leichtlich von
einem jedem geendert werden soll, will aber gleichwol
frommen, gelerten und vorstendigen pfarrern, so nach
mir kommen werden, hiermit kein gesetz, als ob dis alles
von punct zue punct vor notig gehalten werden muss,
besondern dis allein ihnen zue einen exempel christ-
licher ceremonien vorgestellet haben und einem jedem,
der es mit rath und vorwissen seiner maiorn***) oder
christlichen geistlichen obrigkeit thut, dieselben cere-
*) Im Köster’schen Abdruck steht dieses Citat hinter
„aus zwang“, ln der Dresdener Abschrift steht es am Rande.
Es gehört zweifellos zu „St. Pauls“.
**) Dresden: Georg Roter.
***) Neumüller und Dresden: maiores.
anfang der welt her zur jeden zeit, wie dan solches
allein am besten auch die heilige götliche schrift
lehret und gebeut, rempublicam, das ist ein ge-
meinen nutz, in zwei theil geordnet und getheilet,
deren keiner ohn den andern sein aufenthaltung
haben, noch bestendig bleiben mag, als nemblich
in religionem et politiam, das ist in das kirchen
und in das gemein bürgerlich regiment, welche
beide allezeit mit vleiss von den regenten im
volke wahrgenommen und versorget werden sollen.
Das kirchen regiment aber, so man etwa das
geistliche nennet, ist der kirchen zuegehörig, mit
bestellung und aufenthaltung der heiligen und
götlichen ämpter, so der kirchen vorwandt sein,
welches fürnemblich in drei haubtstuck, nemblich
in die gemeine kasten, kirch und schulordnung
getheilet, und das bürgerliche regiment trifft die
obrigkeit und gericht an, welches aufs rathaus ge-
höret, davon wier hier nichts, besondern alleine
von der religion, und erstlich von der gemeinen-
kasten ordnungen1) handlen wollen.
Von den emptern der kirchen.
Die empter aber der kirchen zuerhalten und
zuvorsorgen die drei haubtartikel der religion,
als gemeine2) kasten, kirchen und schulordnung,
sein fürnemblich das pfar, predigt, lehr, und dar-
nach3) das diacon ampt. Solche empter erstlichen
mit personen zuebestellen und zuebesolden, geburt
monien nach gelegenheit der zeit, wie es des volks not-
turft am bequembsten erfordert, zue endern, mehren
und mindern heimgestellet und darneben ganz vleissig
gebeten haben, hierinnen nichts dan alleine gottes ehre
und des armen volks besserung und seligkeit zuesuchen,
und wahr zuenehmen.
Der einige und warhaftige bischof und hirt unser
selen, der herr Jesus Christus, wolle dieser gemeinen
seinen heiligen geist geben und sie vor allen irthumb
behueten und in der reinen lehr seines heiligen evan-
gelii bis auf den tag seiner herlichen zuekunft besten-
dig erhalten, auf das sie ihme hie zeitlich durch sein
erkentnus in einem wahren christlichen glauben, in fried
und einigkeit dienen, und dort in seinen*) reich mit
allen auserwelten für alle seine gaben, gnaden und
woltat immer und ewiglich preis, lob und dank sagen
möge**). Amen.
2) Dresden: leut.
1) Neumüller und Dresden: kastenordnung.
2) Dresden: gemein.
3) Neumüller: „darnach“ fehlt.
*) Dresden: seinem.
**) Dresden: mögen.