13. Kirchen-Ordnung für die St. Wenzelskirche zu Naumburg von 1537/1538.
79
Alsdan list der priester die epistel
zum volk wie volget.
Die historia an diesem heiligem fest am
pfingsttage geschehen, list man heut anstat der
epistel wie dieselbige der evangelist Lucas am
andern capitel der apostelgeschicht beschreibet
und lautet also.
Und als der tag der pfingsten erfullet war,
waren sie alle einmutig bei einander1), und es
geschah schnell ein brausen vom himmel als eines
gewaltigen windes und erfüllet das ganze haus,
da sie sassen, und man sahe an ihnen die zungen
zertheilet, als weren sie feurig und er sazte sich
uf einen jeglichen unter ihn, und wurden alle voll
des heiligen geistes und fingen an zue predigen
mit andern zungen nach dem der geist ihn gab
auszusprechen. Es waren aber juden zu Hieru-
salem wohnend, die waren gotfurchtige menner
aus allerlei volk, das unter dem himmel ist. Da
nun diese stimme geschach, kam die menge zue-
sammen und wurden bestürzt, dann es höret ein
jeglicher, das sie mit seiner sprache redeten. Sie
entsezten sich aber alle, verwunderten sich und
sprachen undereinander, sihe, seind nicht diese
alle, die da reden, aus Gallilaa? Wie hören wir
dann ein jeglicher seine sprache darinnen wir ge-
boren seind? Parther und Meder, und Elamiter
und die wir wohnen in Mesopotamia und Judaea
und Cappadocia, Ponto und Asia, Phrygia und
Pamphilia, Aegypten und an den enden der Libien
bei Cyrenen und auslender von Rom, juden und
judengenossen, Creter und Araber, wir hören sie
mit unsern zungen die grosse thaten gottes reden.
Sie entsazten sich alle und wurden irre und
sprachen einer zue dem andern, Was will das
werden, die andern aber hattens ihren spot und
sprachen, sie seind voll susses weins.
Hierauf singt der chor, Nun bitten wir
den heiligen geist.
1)Nun bitten wir den heiligen geist umb den
rechten glauben allermeist, das er uns behuete
am unserm ende, wan wir heimfarn aus diesem
elende, kyrieleison.
Due werdes licht, gib uns deinen schein, lehr
uns Jesum Christ erkennen allein, dass wir an
ihm bleiben dem treuen heilant der uns bracht
hat zum rechten vaterland, kyrieleison.
Due susse lieb, schenk uns deine gunst, lass
uns empfinden der liebe brunst, das wir uns von
herzen einander lieben und im friede uf einem
sinne bleiben, kyrieleison.
Due höchster tröster in aller noth, hilf das
1) Dresden: von „und es geschah“ bis „sie sind
voll susses weins“ fehlt.
2) S. S. 77 Spalte 1 Note1. In Dresden fehlen die
Noten und stehen nur die Anfangsworte des Liedes:
„Nu bitten wir den heiligen geist.“
wir nicht furchten schande noch tod, dass in uns
die sinne nicht vorzagen, wan der feind wird das
leben verclagen, kyrieleison.
Alsdan list der priester das evangelium zum
volk in massen wie volget.
Das heilige evangelium, welches man am
pfingstage zuelesen pfleget, schreibt der evangelist
Johannes am 14. capit. und lautet also.
Wer mich liebet, der wird meine wort halten
und mein vater wird ihn lieben, und wir werden
zue ihm kommen und wonung bei ihm machen1),
wer aber mich nicht liebet, der helt meine wort
nicht, und das wort, das ihr höret, ist nicht mein,
sondern des vaters, der mich gesant hat. Solches
habe ich zue euch geredt, weil ich bei euch ge-
wesen bin. Aber der tröster, der heilige geist,
welchen mein vater senden wird in meinem namen,
derselbige wirds euch alles lehren und euch erinnern
alles des, das ich euch gesaget habe. Den
frieden lass ich euch, meinen frieden geb ich euch,
nicht geb ich euch wie die welt giebet. Euer
herz erschrecke nicht, und furchte sich nicht, ihr
habt gehöret, das ich euch gesaget habe, ich gehe
hin und komme wieder zu euch, hettet ihr mich
lieb, so wurdet ihr euch freuen, dass ich gesaget
habe, ich gehe zum vater, dann der vater ist
grösser dan ich. Und nun habe ichs euch gesaget,
ehe dann es geschicht, auf das, wan es nun ge-
schehen wird, das ihr gleubet, ich werde fort mehr
nicht viel mit euch reden, es kompt der furst
dieser welt, und hat nichts an mir, aber auf das
die welt erkenne, das ich den vater liebe und
ich also thue, wie mir der vater geboten hat.
Darauf singet der ganze chor
den glauben, wie volget.
2)Wir gleuben all an einen gott, schöpfer
himmels und der erden, der sich zum vater geben
hat, das wir seine kinder werden, er wil uns al-
zeit ernehren, leib und sel auch wohl bewahren,
allen unfall will er wehren, kein leid soll uns
widerfahren, er sorget fur uns hut und wacht es
steht alles in seiner macht.
Wir gleuben auch an Jesum Christ, seinen
sohn und unsern herrn, der ewig bei seim vater
ist, gleicher gott von macht und ehren, von Maria
der jungfrauen, ist ein wahrer mensch geboren,
durch den heiligen geist im glauben fur uns, die
wir waren verloren, am creuz gestorben und vom
tod wieder auferstanden durch gott.
Wir gleuben an den heiligen geist, gott mit
vater und dem sohne, der aller blöden tröster heist,
und mit gaben zieret schone, die ganze christen-
1) Dresden: machen etc. Das Weitere fehlt.
2) Vgl. S. 77 Spalte 2 Note 2. In Dresden fehlen die
Noten und stehen nur die Sätze „Wir gleuben all an
einen gott etc., Wir gleuben auch an Jesum Christ etc.,
Wir gleuben an den heiligen geist“ etc.
79
Alsdan list der priester die epistel
zum volk wie volget.
Die historia an diesem heiligem fest am
pfingsttage geschehen, list man heut anstat der
epistel wie dieselbige der evangelist Lucas am
andern capitel der apostelgeschicht beschreibet
und lautet also.
Und als der tag der pfingsten erfullet war,
waren sie alle einmutig bei einander1), und es
geschah schnell ein brausen vom himmel als eines
gewaltigen windes und erfüllet das ganze haus,
da sie sassen, und man sahe an ihnen die zungen
zertheilet, als weren sie feurig und er sazte sich
uf einen jeglichen unter ihn, und wurden alle voll
des heiligen geistes und fingen an zue predigen
mit andern zungen nach dem der geist ihn gab
auszusprechen. Es waren aber juden zu Hieru-
salem wohnend, die waren gotfurchtige menner
aus allerlei volk, das unter dem himmel ist. Da
nun diese stimme geschach, kam die menge zue-
sammen und wurden bestürzt, dann es höret ein
jeglicher, das sie mit seiner sprache redeten. Sie
entsezten sich aber alle, verwunderten sich und
sprachen undereinander, sihe, seind nicht diese
alle, die da reden, aus Gallilaa? Wie hören wir
dann ein jeglicher seine sprache darinnen wir ge-
boren seind? Parther und Meder, und Elamiter
und die wir wohnen in Mesopotamia und Judaea
und Cappadocia, Ponto und Asia, Phrygia und
Pamphilia, Aegypten und an den enden der Libien
bei Cyrenen und auslender von Rom, juden und
judengenossen, Creter und Araber, wir hören sie
mit unsern zungen die grosse thaten gottes reden.
Sie entsazten sich alle und wurden irre und
sprachen einer zue dem andern, Was will das
werden, die andern aber hattens ihren spot und
sprachen, sie seind voll susses weins.
Hierauf singt der chor, Nun bitten wir
den heiligen geist.
1)Nun bitten wir den heiligen geist umb den
rechten glauben allermeist, das er uns behuete
am unserm ende, wan wir heimfarn aus diesem
elende, kyrieleison.
Due werdes licht, gib uns deinen schein, lehr
uns Jesum Christ erkennen allein, dass wir an
ihm bleiben dem treuen heilant der uns bracht
hat zum rechten vaterland, kyrieleison.
Due susse lieb, schenk uns deine gunst, lass
uns empfinden der liebe brunst, das wir uns von
herzen einander lieben und im friede uf einem
sinne bleiben, kyrieleison.
Due höchster tröster in aller noth, hilf das
1) Dresden: von „und es geschah“ bis „sie sind
voll susses weins“ fehlt.
2) S. S. 77 Spalte 1 Note1. In Dresden fehlen die
Noten und stehen nur die Anfangsworte des Liedes:
„Nu bitten wir den heiligen geist.“
wir nicht furchten schande noch tod, dass in uns
die sinne nicht vorzagen, wan der feind wird das
leben verclagen, kyrieleison.
Alsdan list der priester das evangelium zum
volk in massen wie volget.
Das heilige evangelium, welches man am
pfingstage zuelesen pfleget, schreibt der evangelist
Johannes am 14. capit. und lautet also.
Wer mich liebet, der wird meine wort halten
und mein vater wird ihn lieben, und wir werden
zue ihm kommen und wonung bei ihm machen1),
wer aber mich nicht liebet, der helt meine wort
nicht, und das wort, das ihr höret, ist nicht mein,
sondern des vaters, der mich gesant hat. Solches
habe ich zue euch geredt, weil ich bei euch ge-
wesen bin. Aber der tröster, der heilige geist,
welchen mein vater senden wird in meinem namen,
derselbige wirds euch alles lehren und euch erinnern
alles des, das ich euch gesaget habe. Den
frieden lass ich euch, meinen frieden geb ich euch,
nicht geb ich euch wie die welt giebet. Euer
herz erschrecke nicht, und furchte sich nicht, ihr
habt gehöret, das ich euch gesaget habe, ich gehe
hin und komme wieder zu euch, hettet ihr mich
lieb, so wurdet ihr euch freuen, dass ich gesaget
habe, ich gehe zum vater, dann der vater ist
grösser dan ich. Und nun habe ichs euch gesaget,
ehe dann es geschicht, auf das, wan es nun ge-
schehen wird, das ihr gleubet, ich werde fort mehr
nicht viel mit euch reden, es kompt der furst
dieser welt, und hat nichts an mir, aber auf das
die welt erkenne, das ich den vater liebe und
ich also thue, wie mir der vater geboten hat.
Darauf singet der ganze chor
den glauben, wie volget.
2)Wir gleuben all an einen gott, schöpfer
himmels und der erden, der sich zum vater geben
hat, das wir seine kinder werden, er wil uns al-
zeit ernehren, leib und sel auch wohl bewahren,
allen unfall will er wehren, kein leid soll uns
widerfahren, er sorget fur uns hut und wacht es
steht alles in seiner macht.
Wir gleuben auch an Jesum Christ, seinen
sohn und unsern herrn, der ewig bei seim vater
ist, gleicher gott von macht und ehren, von Maria
der jungfrauen, ist ein wahrer mensch geboren,
durch den heiligen geist im glauben fur uns, die
wir waren verloren, am creuz gestorben und vom
tod wieder auferstanden durch gott.
Wir gleuben an den heiligen geist, gott mit
vater und dem sohne, der aller blöden tröster heist,
und mit gaben zieret schone, die ganze christen-
1) Dresden: machen etc. Das Weitere fehlt.
2) Vgl. S. 77 Spalte 2 Note 2. In Dresden fehlen die
Noten und stehen nur die Sätze „Wir gleuben all an
einen gott etc., Wir gleuben auch an Jesum Christ etc.,
Wir gleuben an den heiligen geist“ etc.