Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0147

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
28. Gräflich Schwarzburg’sche Kirchenordnung anno 1574.

133

deum, der chor aber singet das patrem oder das
volg den glauben deutsch nach gelegenheit des
orts, da man knaben hat. Hierauf gehet der
pfarrer auf die canzel angethan mit einem chor-
rock und fehet die predigt an mit dem andechtigen
gebet des heiligen vater unsers. Auf die hohen
festa aber singt er von der canzel mit dem ganzen
volk ein kurzes lied, welches uf solches fest ver-
ordnet ist, als uf weihnachten: Ein kindelein so
löbelich, uf ostern: Christ ist erstanden, uf
pfingsten: Nun bitten wir den heiligen geist, uf
trinitatis: Gott der vater wohn uns bei. Dorauf
list der pfarrer mit vorstendlichen worten den
text des h. evangelii, davon thut er seine predigt,
aus welcher das volg einen klaren, gründlichen
und gesunden unterricht, lehre, trost und ver-
mahnung zu gottes ehre und seiner seelen selic-
keit, auch besserung seines lebens fassen, und mit
sich nehmen möge, welche predigt keinmal über
eine stunde lang sich erstrecken soll. Nach der
predigt wird das volk zu herzlichen danksagung
und christlichem gebet ermahnet und solche pre-
digt mit dem heiligen vater unser und mit dem
segen S. Pauli, mit welchem er seine epistel an
dieCorinther [fehlt etwa: schliesst, geschlossen].
Weil der pfarrer von der pfarrer fur dem
altar gehet, wird ein kurz christliches lied als da
ist: Danksagen wir alle gott unsern herrn Christo
oder ein anderes gesungen.
Fur der communion auf die hohen festa singt
der pfarrer die lateinische praefation und darauf
das deutsche vater unser; wenn das amen ge-
sungen, nimpt er die paten des brots, dorin also-
viel partikel, soviel als communicanten vorhanden
sind, und singt oder spricht dorüber die worte
des herrn Jesu Christi, die seine göttliche majestet
über das brot in seiner einsetzung selbst ge-
sprochen, desselbigen gleichen nimt der priester
auch den kelch, dorin so viel weins, das er jederm
person beteilen kan, die zum heiligen sacra-
ment gehen und spricht dorüber die wort der ein-
setzung Christi, dorauf fengt er an den wahren
leib Christi (und darnach das blut des herrn) den
communicanten zu reichen, und auszuteilen, wie
denn das volg ordentlich in christlicher zucht und
andacht, eines nach dem andern, zuersten die
junge manspersonen, darnach auch die alten
menner, entlich das junge und alte weibs volg
zuerst den leib Christi, darnach sein teueres blut
mit mund und herzen im rechten glauben empfehet.
Unter der communion singt der chor christ-
liche reine psalmen oder das ganze volg singet:
Jesus Christus unser heiland oder Gott sei gelobet
und gebenedeiet, Esaia dem propheten das geschah,
oder den III. psalm und dergleichen.
Sobald nu das volg mit dem h.sakrament
alles gespeiset, so singt oder list der pfarrer eine

collekte, dorin ein herzliche danksagung gott dem
herrn für seine gnadenreiche wolfhat verfasset ist,
und wird also das heilige amt mit der benediction,
welche der almechtige gott seinem volg im 4. buch
Mose am 6. cap. selbst furgeschrieben hat, be-
schlossen.
Von der vesper des sontags und festa.
Auf die sontage und an den tagen der hohen
festa wird nach mittage um 12 hora zur vesper
geleutet, dormit kirchen- und schuel-diener,auch
das volg zur rechten zeit in die kirchen vorsamlet
werden, die vesper wird angefangen, wen das ge-
leute aus ist, mit einem psalmen figuraliter oder
choraliter nach gelegenheit des orts, oder mit
einem organisten do der furhanden, darnach singet
man das responsorium, so auf dasselbe fest ge-
ordent, oder an statt desselben ein deutsch lied
aus Lutheri gesangbuch. Auf dieses list ein knabe
von chor ein lektion lateinisch aus dem alten oder
neuen testament, oder von dem text der zur vesper
soll gepredigt werden, ein anderer knab liest den-
selben text deuzsch, hierauf wird der hymnus de
tempore lateinisch oder deutsch gesungen, und
mag der organist einen versch um den andern
schlagen. Wenn der hymnus aus ist, so gehet
der pfarrer oder diacon auf die canzel, thut die
vormanung zum gebet, wie furmittag geschehen.
Ist es ein hohes fest, so nimmt er zu predigen
fur sich die epistel, so auf dasselbe geordent.
Auf die gemeinen sontag aber wird ein stück aus
dem h.catechismo gehandelt, und werden zuvorn
die sechs heuptstücke christlicher lehr ordentlich
und vorstendlich erzehlet. Darauf volget die pre-
digt, welche beschlossen wird, mit der christlichen
danksagung und gemeinem gebet. Nach der pre-
digt singt man das magnificat lateinisch oder
deuzsch mit der antiphona, so darzu dem tono
nach geordent. An den orten aber, do megdlein
schulen seind, singt man die deuzschen psalmos,
und das magnificat, einen versch die knaben, den
andern die megdlein, den dritten schleget der
organist. Darnach list der priester fur dem altar
eine collect und wird mit dem benedicamus be-
schlossen. Auf die gemeinen sontag aber, wen
die predigt zur vesper vollendet ist, so recitiren
die knaben ein stuck aus dem catechismo, mit der
auslegung Lutheri, also das einer fragt, der ander
knabe antwortet, samt den gemeinen fragen und
unterricht, was ein christ wissen und können soll,
der zur beicht und heiligen sacrament gehen will.
Den andern sontag uber acht tage recitiren die
schul megdlein gleicher gestalt das volgende haupt-
stuck des catechismi mit den angehengten fragen,
wie itzt erzehlet. Dorauf volget das magnificat,
antiphona, collect und das benedicamus.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften