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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0149

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28. Gräflich Schwarzburg’sche Kirchenordnung anno 1574.

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oft geschicht, verscheiden wollen, oder zu be-
sorgen, das sie so lange nicht möchten lebendig
bleiben, bis einer der kirchendiener hierzu könte
erfordert werden, und müsste in solcher noth dem
kindlein die götlich wolthat der heiligen tauf
durch einen laien, es were gleich ein man oder
weibs person ausgeteilet werden, so erkennen wir
solche taufe für göttlich, christlich und recht,
nemlich, wo das kind nach der forma und ein-
setzung Christi mit dem element des wassers, und
im namen gottes, des vaters, sohns und heiligen
geistes getauft ist worden, ein solches kindlein
soll von uns als ein getaufter christ gehalten und
nicht noch einmal wieder getauft werden.
Were es aber das die personen, so in der
noth taufe solches kindlein gegenwertig gewesen,
bericht wurden, als sie hetten das kindlein getauft,
aber um der noth willen wusten sie nicht in
welchs namen, mit was worten, oder womit sie es
getauft hetten, und wurde in solchem fal bei uns
um die heilige taufe angesucht, so nemen wir ein
solches kindlein als ungetauft an und taufen es
nach einsetzung und bevehl unseres herrn Jesu
Christi.
Hierbei aber werden die weemutter und jeder-
mann ermanet und gewarnet, das sie ja der kinder
keins, die noch in mutterleibe verschlossen, oder
allein mit einem hendelein, füsselein, oder haupt
geboren sind, mit nichte taufen wollen, sondern
mit der nottaufe warten, bis das kind von mutter-
leibe zur welt geboren sei, denn die heilige taufe
ist ein bad der Wiedergeburt, wie S. Paulus sagt
zum Tito am 3. capitel. Soll es nun ein wieder-
geburt sein, so muss ja das kind zuvorn auch ge-
boren und in diese welt kommen sein. Derhalben
soll niemands hierinne zu schnell fahren, sondern
auf gottes wort achtung geben. Wurde aber ein
kindlein, welches durch gebet im mutterleibe gott
wird furgetragen, todt geboren, ein solches kind
leutet man mit der kleinen glocke und tregets
mit etlichen schülern zu grabe.
Von den bussfertigen sündern, wie die
gehalten werden.
Wenn ein gefallender, verirrter und sünd-
haftiger mensch fur den kirchen dienern mit
gründlicher offentlicher warheit beruhiget, so wird
er für die diener der kirchen erfordert, die be-
sprechen sich mit ime, nach laut des bevehls
Christi Math, am 18. alleine, geben ime seinen fall
und sünde, darzu auch den zorn gottes, sein urtel,
gericht und strafe zu erkennen, vermane in, von
seinem laster abzustehen, und gebe ihme zeit zur
busse. Do er aber nach zween oder dreien ver-
manungen nicht abstehet und busse thut, halten
wir in für denen, als der sich selbst göttlicher

gnaden und der ewigen seligkeit nicht wert noch
teilhaftig achtet.
Lassen einen solchen zu keinen christlichen
ehrenwerken, als zur gevatterschaft und andern
kommen; stirbt er also one buss, so werden ihme
keine coereimonia als das geleute, schüler, oder
kirchendiener, wie andere christen mit geteilet.
Bekeret sich aber ein solcher offenbarlicher sünder
von seinem bösen leben, bekennet seine sünde
gott dem herrn und trostet sich der verdienste
Jesu Christi und versönet sich durch abbitte mit
der kirchen, welche er mit seinen sünden ge-
ergert, verheisset und saget zu, sein leben hin-
furt zu bessern, ein solcher wird wieder auf-
genommen , und werden in die heilige sacrament
samt der absolution mitgeteilet.
Die aber, so um irer misshandlunge willen
in der weltlichen oberkeit banden verhaftet sein
und fur peinlich gerichte sollen gestelt und zum
tode verurteilt werden, und solches zuvorn drei
oder vier tage aufs kurzte den kirchendienern
angezeiget wird, lassen ihnen dieselben einen
solchen armen menschen treulich bevohlen sein,
der wird mit gottes wort vleissig ersucht und er-
manet, seine misshandlung zu erkennen, wie er
beide gott seinem herren, die weltlich oberkeit
und seinen nechsten beleidigt und erzörnet und
nicht allein zur zeitlichen strafe und verlust seines
leibs und lebens, sondern vielmehr zu seiner
seelen ewigen tod und verdamnis mit seinen be-
gangenen thaten und misshandlunge habe ursach
gegeben. Wenn er nu solchs erkennt und be-
kennt, mit bussvertigen herzen und ergibt sich in
gottes willen, und zeitliche strafe der oberkeit, so
wird er mit dem evangelio Jesu Christi, mit der
absolution und hochwirdigen sacrament des leibs
und bluts Christi gespeiset und getrostet, das er
mit gedult seine seele in gottes hende bevehle
und sein zeitlich schmach und leiden sei als ein
exempel und busspredigt, dadurch die jugent und
jederman erinnert und gewarnt werde, von miss-
handlunge abzustehen, und fur sünden sich zu hüten.
Von den kranken und sterbenden.
Dieweil der almechtige gott nach seinem
veterlichen willen von wegen unser vielstaltigen
sünde mit mancherlei leibes schwachheit viel
mensche darnider legt und heimsucht, das sie zur
kirchen nicht kommen können, wen sölches die
diener des worts berichtet werden, es sei zu tag
oder nacht, es sei gleich arm oder reich, so gehen
sie unbeschwerlich zum kranken in sein haus, er-
kunden sich aller gelegenheit, wie sein herz und
seele mit gott, seinem herrn stehe, und wenn sie
befinden, das lehre, strafe, vermanung oder trost
von noth, so wissen sie solches aus gottes wort
und heiliger schrift zu des kranken besten, nutzs
 
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