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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0174

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Die Reussischen Herrschaften.

papistische ceremonien celebrirt und denjenigen,
so zuvorhin gebeichtet und absolution empfangen,
nach der einsetzung Christi unter brot und wein
mitgeteilt werden. Aber alle diejenigen, so es
lange zeit mutwillig verachten und nit järlich ein-
mal oder etzlichs empfahen, oder auch sonsten in
öffentlichen ärgerlichen lastern liegen, die sollen
weder bei dem nachtmal Christi noch bei der tauf
gelitten und zur gevatterschaft keins weges zu-
gelassen, sondern ob der canzel und so oft es die
gelegenheit gibt, zur besserung erinnert und ver-
manet werden. Und do die nicht zeitlich und
ernstlich volget, soll man inen am siechpette das
hochwirdige sacrament, es sei denn das sie ernst-
liche augenscheinliche anzeigung rechtschaffener
herzlicher buss von sich geben, auch nicht reichen,
und ob sie also versterben, neben andern christen
nit begraben.
VIII. Begrebnis derleichen.
Ane priester und kirchendiener (oder schüler,
wo die vorhanden) soll man nicht gestatten, einen
getauften christen zu begraben, und sollen die
leichen der verstorbenen mit feinen christlichen
ceremonien uf den kirchhof oder gotsacker de-
ducirt und beleitet, dazu geleutet und gesungen
werden, derhalben man auch, soviel müglich, uf
den dörfern geleute kirchner oder custor haben
und solch ampt nicht den seu oder kuehirten be-
velen soll. Dieselben sollen mit willen und wissen
eines pfarers an einem jeden ort angenomen und
dazu gebraucht werden, das sie nicht allein mit
leuten und singen, sondern auch mit der lere des
catechismi unter der jugent bei den umbliegenden
eingepfarten dorfern ihre gehülfen sein, auch wo
sichs leiden wil, schuel halten, und die knaben
im lesen und schreiben instituiren und unter-
weisen, und sonst in ihrem dienst allenthalben
gegen ihren pfarhern sich gehorsamlich und fried-
fertig verhalten.
IX. Kirchenrechnung.
Es soll ein jeder pfarher mit ernst drob sten,
das müglich umb lichtmess in seiner bevolenen
pfarre und zugehörigen filialen ordentliche kirch-
rechnung mit den gotshausvetern in beisein der
gemeine gehalten werde. Darüber soll er die re-
gister stellen, und darinne alles einkomen und
ausgaben der kirchen fein unterschidlich nach
einander verzeichnen, und dann uf einen be-
stimpten tag neben den eltisten oder kirchvetern
damit vor dem superattendenten und schosser im
ampt erscheinen und denselben solcher rechnung
alle jahre ein glaubwirdige copei oder abschrift
zu henden stellen, die es bei sich behalten sollen,
damit sie wissenschaft haben, wie mit den kirchen-

gütern umbgangen werde und do unrichtigkeit be-
funden dieselbe abwenden helfen. Alda soll all-
wege auch der baufelligen kirchen und pfarr-
heuser gedacht und so viel thunlich dieselben in
besserung gerichtet werden, alles vermuge der
alten churfürstlichen sächsischen visitationord-
nunge, darauf sich diese unsere gestalte artikel
allesambt referiren thuen.
Beschliesslich.
Dieweil in dieser superattendenz Gerau kein
widembuch der pfarren befunden, so soll ein jeder
pfarher darin gehörig, förderlich seines ganzen
järlichen einkomens ein unterschidlich und speci-
ficirt verzeichnis oder register machen, darinne
erstlich vermeldet, wem das jus patronatus oder
lehen zustendig, zum andern, was vor zinse und
opfergelt, zum dritten, wieviel decem und zehenten
järlich gefalle, zum vierten zu wiviel scheffel
felds, zum fünften wieviel fuder heu, wieswachs,
und zum sechsten was vor holz eigentlich zur
pfarre gehöre, als namhaftig und ausdrücklich
anzeigen und dem superattendenten doselbst un-
verzüglich uberantworten, damit solchs in ein ge-
wiss und richtig widembuch gebracht und fortan
der hap und wirderung einer jeden pfarren bei
ime zu befinden sei.
Sonsten sollen die pfarher auch uf raine und
steine der pfarrgueter vleissig achtung geben,
denselben nichts entziehen noch entfrembden
lassen, auch nicht macht haben, vor sich und one
vorwissen des superattendenten etwas davon zu
versetzen, zu verleuten, zu verschenken, zu ver-
kaufen oder mancherlei weise dieselben zu
schwechen, zu geringern oder zu verwüsten, son-
dern vielmehr solche zu besser und in allwege in
ihrem esse zu erhalten schuldig sein. Urkundlich
mit meinem des superattendenten hand, namen
und petschaft vermarkt. Actum Gerau mitwochn
nach Cantate, welcher war der 6. tag des monats
mai anno 1556.
Wolfgang Grabus,
pfarher und superattendent zu Gerau.
Zugedenken.
Nachdeme das fest Matthiä apostoli in der
fasten wenn annus bisextilis eintritt von etzlichen
madematicis uf den 24., von etzlichen aber uf
den 25. februarii und also ungleich im calender
oder almanach gesagt wirt, so soll hinfuro das-
selbe fest in den kirchen dieser superattendenz
allwege uf den 24. des monats und alsbald den
3. tag nach cathedre Petri wie es gemeiniglich in
den lestafeln zu Erfurt gedruckt befunden, ein-
trechtig gehalten werden.
 
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