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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0217

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40. Gräflich mansfeldische geistliche consistorial ordnung. Anno 1586.

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sich gebühret, sintemal wenig leute für sich selbst
solche wichtige sachen verstehen, und der wegen
balde auf ungewissheit1) und unversichtigkeit
ihre gewissen beschweren können.
13. Diejenigen, so sich selbst freiwillig zum
eide erbieten, sollen gar nicht, oder ja nicht leicht-
lich darmit zugelassen werden, sintemal solch er-
bieten einen grossen verdacht der leichtfertigkeit
in sich hat, daraus beschwerung der gewissen
und ander unrath erfolgen könte, derwegen soll
auch der2) parteien die freiheit nicht gelassen
noch eingereumet werden, sich selbst ihres ge-
fallens von einander zu schweren, ohne ordentliche
erkäntnuss, processanordnunge des consistorii.
14. Man soll auch nicht beider theil (ausserhalb
der fälle, darinnen beiden theilen zu schweren die
rechte verordnen, als da seind die eid vorgefehrde,
juramentum calumnie item juramentum de dicenda
veritate) schweren lassen, welches gefehrlich ist
und ohne schaden nicht abgehet, sondern dem theil
allein, der solches von rechts wegen zu thun schul-
dig ist.
15. Wann jemand auf eine ehe beklaget,
und das ehegelöbnüss nicht gestendig sein würde,
aber dem kläger solches mit seinem eide zu be-
kreftigen heimscheibet, würde denn der clagende
theil solchen eid auf sich nehmen und leisten, so
soll es vor eine ehe gehalten und beclagtes theil
zu vollziehung der ehe mit ernst gewiesen und
angehalten werden, doch soll auf klägers erfordern
von3) beclagten der eid malitiae genannt, dass er
klägern nicht zu solchen eide gefährlicher weise
nötige, zuvor erstattet werden.
Würde darauf klägere solchen eid zu leisten
sich weigern, und seiner weigerung keine recht-
messige ursach vorzuwenden haben, so soll der
beklagte absolviret und klägern ein ewig still
schweigen mit erstattunge der gerichts kosten auf
vorgehende moderation auferleget werden; aber
beklagten theile soll solchen heimgeschobenen eid
zu schweren, noch sich dadurch des beschuldigten
ehegelöbnüss zuentbrechen nicht gestattet werden.
Also soll auch juramentum necessarium in
supplementum probationis in ehesachen nicht stat
haben, es habe den klagenden theil über einen
halben beweis eine gute starke vormuthung vor
sich, und soll solches bei ermessung des consistorii,
als der eherichter stehen.
16. Wie denn auch zu derselbigen ermessen -
heit gestellet wird, ob das beklagte theil mit dem
juramento purgationis zubelegen oder nicht sei,
den wo kläger gar nichts4) erweisen, auch keine
sonderliche vermuthunge versprochener ehe vor

1) E.: unwissenheit. 2) E.: derowegen
sollen auch den. 3) E.: und. 4) E.: es.

sich hette, so soll beklagtes theil mit solchem eide
nicht beleget werden.
171). Dispensationes sollen durch aus in gra-
dibus prohibitis2) aufgehaben sein, und es bei der
in der kirchen agenda angestelten sazung bleiben,
und keine so darwider contrahiren getrauet3),
sondern stracks unserer grafschaft und gebieten
verwiesen, und darin zu wohnen nicht gelitten
werden.
Das achte capitel.
Wann die parteien das consistorium
verdächtig halten, von ihme an das
recht sich berufen, oder sonst appelliren
wollen, wie es als dann solle gehalten
werden.
1. Nach deme sichs auch ofte pfleget zu be-
geben, wen man im consistorio nicht einen jeden
ein urtheil spricht, wie ers gerne haben wolte,
dass solche parteien über gewalt schreien, und
dasselbige gern einer parteiligkeit verdächtig
machen wolten, soll solches niemand andergestalt
zugelassen und verstattet werden, er zeige denn
dessen zuvor klare, richtige und genugsame ur-
sachen an, thut es aber jemand aus frevel und
übermuth, der soll in gebührliche strafe genommen
werden.
2. Wenn die parteien einer oder beide sich
zu rechte erbieten und darümb4) anhalten und
bitten thun, soll dem theil, so darumb bittet, dero-
wegen dasselbige sofern und dergestalt eröffnet
werden, dass er darzu gnugsame und erhebliche
ursachen habe, und nicht darunter gesuchet werde,
den andern theil mit unkosten, schaden und ver-
seumnüss auszumatten und müde zu machen und
zu seiner fristunge die sache auf die lange bank
zu spielen, den solches heisset nicht das recht zu
rettunge seiner unschuld und gerechten brauchen,
sondern zu seinen muthwillen und des nechsten
schaden, wider die liebe des nechsten miss-
brauchen, die also arglistiger weise sich aufs recht
berufen, die sollen darzu keinesweges gelassen
werden, sondern ihnen an unserer consistoriale
erörterunge und ausspruch, wo der nicht den
rechten und gebrauchen anderer ansehenlicher
consistorien zu widerleuft gnügen lasse.
3. Wann aber gnugsame ursachen des rechten
sich zugebrauchen verhanden sind und erscheinen,
und denen parteien rechtlich erkäntnüss nicht kan
versaget werden, sollen doch alle unnötige dila-
tiones gänzlich abgeschnitten5), und die parteien
zum schleinigen recht, und summarie aufs kürzeste,
als es müglich sein und6) geschehen kan, verfasset

1) E.: „17.“ fehlt. 2) E.: „prohibitis“ fehlt.
3) E.: getrennt. 4) E.: da viel. 5) E.: ab-
geschafft. 6) E.: oder.

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