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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0218

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204 Die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein und Stift und Stadt Quedlinburg.

werden, welches unsere consistoriales jederzeit
nach gestalt der personen und sachen, werden zu
bedenken und zu thun wissen.
4. Was die parteien gegen einander ein-
bringen, soll mit beider theilen wissen und willen,
in ihrer beider gegenwart1), verpizschiret und
auf beider theilen unkosten verschicket werden.
5. Nach dem erlangeten urtheil, sollen sie
zu publicirunge von beiden theilen bescheiden,
und dasselbige in ihrer gegenwart auch eröffnet
verlesen werden.
6. Da auch sonst jemand sich unterstünde,
von unsern consistorio zu appelliren, soll ihme
solches an niemand anders, denn an uns, die grafen
zu Mansfeld sämptlichen, auch andergestalt nicht,
denn aus gnugsamen erheblichen ursachen, auch
auf form und maasse, wie sichs zu rechte ge-
bühret, zugelassen noch verstattet werden.
Es sollen auch die appellationes, so an unser
einen allein oder ezliche grafen in sonderheit er-
hoben, nicht angenommen, auch die inhibitiones
oder compulsoriales darauf von einen oder ezlichen
aus unsern mittel und nicht uns allen sämbtlichen
ausgebracht weren, dieselbigen vor nüchtig und
unkräftig gehalten, und von unserm consistorio
daran sich nicht gekehret werden, bei solcher
verordnung lassen wir es auch nochmals bleiben.
Das neunte capitel.
Von ehesachen, und wie damit soll ver-
fahren werden.
Dieweil ehesachen, wie Lutherus saget, weit-
leuftige und verwirrete sachen seind, und zugleich
das gewissen und ehre betreffen, so sollen unsere
consistoriales auch desto mehr fleiss anwenden,
dass niemand darinnen zur ungebühr weder be-
schweret noch verkürzt werden möge.
Es soll aber in den gemeinsten und vor-
nembsten fällen damit gehalten werden, wie folget.
I.
Von blutfreundschaft und schwägerschaft.
Mit den zugelassenen und verbotenen gradibus
in der blutfreundschaft und schwägerschaft soll
es gehalten werden nach dem gemeinen tafeln
und verzeichnüssen, maassen2) dieselbige3) auch
in unser grafschaft kirchen agenda verleibet sind,
in maassen oben gemeldet worden.
II.
Von ehe gelobten4).
Erstlich es sollen die leute allenthalben mit
fleiss berichtet werden, dass heimlich gelübnüss
1) E.: gegenwart eingemacht. 2) E.: in massen.
3) E.: dieselben. 4) E.: Von ehe und gelöbten.

aus vielen ursachen, so von d. Luthern und
andern erzehlet worden, unrecht und gar gefehr-
lich sind, dero wegen sollen eltern und freunde
mit ernst ermahnet werden, dass sie die jugend
dafür fleissig warnen und davon abhalten, also
sollen auch die jungen leute durch ihre pastores
oftmals erinnert werden, dass sie sich selbst dafür
auch hüten, und ihren eltern und freunden hier-
innen folgen sollen.
2. Die vorsezlich und wissentlich solcher ord-
nunge und verwarnunge zu wider handeln, sollen
noch gestalt der sachen und personen in die strafe
vertheilet werden.
3. Und damit man die leute desto besser und
leichter berichten könne, was heimliche gelübte
sind, so soll diese nachfolgende erklärunge Lutheri
behalden werden, da er also spricht: Das heisse
ich heimliche verlöbnüss, das da geschiehet hinter
wissen und willen der jenigen, so die überhand
haben1), als vater, mutter und wer an ihrer stat
sein möge, denn ob gleich tausent zeugen bei
einem heimlichen verlöbnüss sind, so es doch
hinter wissen und willen der eltern geschehen,
sollen2) sie alle tausent nur für einen mund ge-
rechnet sein, als die ohne zuthun ordentlicher und
öffentlicher macht solches mauchlings und in finstern
helfen anfahen, und nicht in lichte handeln;
hactenus Lutherus.
4. Wenn aber heimliche gelübnüss sich zu-
tragen, sollen sie bald doch nicht für nüchtig er-
kant und zurissen werden, sondern es soll zuvor
mit fleiss achtung darauf gegeben werden, ob die
kinder auch noch pure und simpliciter unter der
eltern gewalt sind oder nicht, item ob die ver-
lobten personen beiderseits ehrlich und einander
ebenbürtig sind, befindet sich nun, dass die kinder
nicht so gar mehr unter der väterlichen gewalt,
oder sonst beiderseits ehrlichen herkommens ge-
schlechtes und namens, und sonsten auch an ge-
burt und stande gleich sind, so soll für die ehe
gehandelt und fleiss angewendet werden, dass die
eltern darein verwilligen, sintemal es gleich gilt,
der eltern consens folge dem gelübnüss oder gehe
vorhero, und dass solche gelübnüss auch selten
ohne gefahr der gewissen verhindert und zerrissen
werden.
5. Heimliche verlöbnüss sollen den offentlichen
weichen, sonderlich wo es ohne hinterlist und be-
trug zugehet, und nicht das gesuchet wird, dass
man sich durch öffentliche verlöbnüss aus dem
heimlichen würken, und den andern theil zu spott
und schaden will sezen lassen, auf diesen fall
müste gleichwohl der unschuldige theil auch so
viel3) bedacht und in acht genommen werden,
1) E. hat weiter: und die ehe zu stiften recht und
macht haben. 2) E.: wann. 3) E.: viel
muglich.
 
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