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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0220

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206 Die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein und Stift und Stadt Quedlinburg.

wollen, auf diesen fall sollen sie mit ihren nicht-
wollen andergestalt und ferner nicht gehöret
werden, denn sofern1) sie dessen gnugsame und
erhebliche ursachen anziehen, sonsten ausser dem
soll es bei d. Luthers rath und ausspruch wenden
und bleiben, da er also spricht2):
Bekennet der geselle, dass er der magd die
ehe zugesaget und gelobet hat, so soll man mit
des gesellen vater dieser gestalt handeln und reden,
dass sein sohn, wie die rede gehet, habe die magd
an einer andern ehe gehindert, denn sie hette
sonsten einen andern zur ehe genommen, würde
nun der seine väterliche ehre und gewalt für-
wenden, so hat man ihme anzuzeihen, dass ihme
hette gebühret, dieselbige väterliche macht zu be-
weisen, seinen sohn also zu regiren, halten und
ziehen, dass er einen andern keinen schaden zu-
gewendet, als nemblich hindernüss eines heiraths,
darümb sei er schuldig, der magd wandel und
wiederstattunge3) zu thun, denn die väterliche
macht soll nicht wieder sondern für die christl.
liebe statt und kraft haben, weil denn der vater
in einem stücke das nicht gethan hat, das ihme
als einen vater zugestanden, dardurch auch der
nechste beleidiget ist worden, so soll auch der
vater im ondern stücke weichen, und seiner väter-
lichen macht beraubt werden.
Es were ein fein ding, väterliche obrigkeit
meines gefallens zugebrauchen und lassen gehen4),
denn väterliche obrigkeit soll man allein verstehen,
da es alles recht zugehet, als nemblich, da die
dritte person mit dem dinge nicht beleidiget wird,
darümb soll man den vater dieser meinunge dringen,
denn warumb hat er5) seinen sohn nicht also ge-
zogen, dass er der magd nicht zu schaden und
nachtheil handelt.
5. Würden aber unsere consistoriales be-
finden, dass die eltern gar nicht folgen und ihres
väterlichen gewalts nur missbrauchen wollen, sollen
sie uns solches berichten, damit wir von obrigkeit
wegen die eltern dahin zuweisen und zudringen.
6. Denen eltern soll nicht verstattet werden,
ümb einigen nuzes oder ander willen ihre kinder
über die zeit mit dem ehestande aufzuhalten,
sondern sie vielmehr mit besten fleiss darzu be-
fördern, darmit sie nicht dardurch in gefahr ihrer
ehren und gewissens gerathen mögen.
7. Also sollen sie auch nicht macht haben, ihre
kinder zu denen personen mit gewalt zu zwingen,
zu welchen sie weder lust noch willen haben,
sintemal in anfahunge des ehestandes allezeit mehr
auf den consens und willen der jenigen, so ehe-
lich werden wollen, als der eltern zu sehen ist,

1) E.: sofern dass. 2) E.: schreibet.
3) E.: widerstand. 4) E.: und lassen gehen,
meinen nechsten zu vertreiben. 5) E.: der vater.

denn beides ist es ein schändlicher und gefähr-
licher missbrauch der väterlichen gewalt und
rechten.
8. Es soll die väterliche gewalt auch allezeit
mehr statthaben und angesehen werden, für das
weibliche (beide jungfrauen und jungwitben)1)
als für das mänliche geschlechte, die weil weibes
bilder schwache werkzeuge seind und leichtlich
können hintergangen und betrogen werden.
9. Wiewohl auch mann und weib gegen ihren
kindern vermöge des vierten gebots in gleicher
ehre und gewalt sind und geachtet werden sollen,
so soll doch bei des mannes leben des weibes
willen in diesen, so viel als sonst in andern, des
mannes willen unterworfen sein, nach seinem tode
aber der vaterlichen gewalt auch nicht aller dinge
gleich geachtet werden, sondern (wie etliche vor-
nehme rechts verständige sagen) quando mater
dissentit judex magis suum judicium interponere
debet, propter inconstantiam mulierum et matrum,
quia varium et mutabile semper testimonium foe-
minae producit, ut dicitur in C. forus extra de
verb. signifi. [c. 10 X. 5, 40].
IV.
Von gewalt und consens der nechsten freunde
und vormunden zum ehe stande ihrer jungen
freunde und mündlin.
Ob wohl sich gebühret und wol anstehet,
dass junge leute ihre eltern, freunde und ver-
wanden2) ehren, desgleichen auch pflegsöhne und
pflegtöchter, ihre vormunden und ihres raths im
anfange des3) ehestandes, so wol als in andern
sachen gebrauchen, so ist doch wie die recht ver-
stendigen berichten, ihre gewalt in diesen dem
väterlichen gewalt nicht gleich: quia non est
omnino similis ratio, inter patrem et tutorem se-
cundum gloss. final, in L. si puellae ff. de spon-
salibus praesertim4) [1. 6 D. 23, 1], quia illa
prohibitio est odiosa, ergo a patre ad tutorem
nutiquam extentenda, licet in aliis contractibus
pupillus et minor regulariter efficaciter non obli-
gentur sine autoritate tutorum, in copulandis tamen
nuptiis nec curatoris, quia solam rei familiaris
sustinet administrationem, nec cognatorum nec
affinium ulla autoritas intervenire potest. Sed
pectanda eius voluntas de cuius coniunctione trac-
tatur, ut sunt verba formalia text. in L. in copu-
landis C.5) eodem [1. 8 C. 5, 4] et L. sciendum D.
eodem [1. 20 D. 23, 2] ubi dicitur, ad officium
curatoris non pertinet pupilla nubat, annon, et suo
arbitrio pupilla nubere potest.
Derwegen wenn sich freunde und vormunden
diesen zuwider etwan mehr anmaassen wolten, den
1) E.: jung weibern. 2) E.: vormünde.
3) E.: in anfahung ihres. 4) E.: D. de
sponsal. 6) E.: C.
 
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