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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0224

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210 Die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein und Stift und Stadt Quedlinburg.

5. Gleich wie aber der kleine bann die
suspensio oder separatio allen seelsorgern muss
frei und gemein sein, und bleiben, (weil sie nach
gottes wort keinen unbussfertigen sünder die ab-
solution noch das nachtmahl mittheilen, auch
weder ihnen selbst in schweren fällen noch andern
zu schaden rathen sollen) also soll kein pfarr
herr oder caplan sich die excommunicationem so-
lennem wieder jemand zugebrauchen für sich
selbst und aus eigener turst1) nicht unterstehen,
sondern sie soll durch das consistorium, wo und
wenn sie von nöthen ist, erkant und gebührlichen
angeordnet werden, inmaassen wir denn hiebevor2)
albereit auch anordnunge gethan haben.
6. Weil auch die3) major excommunicatio
die höchste strafe der kirchen ist, soll darzu ohne
sondere grosse noth nicht geeilet werden, wo man
die aber brauchen muss, und es nicht ümbgang
haben kann, soll ordentlicher weise wie oben er-
wehnet per gradus admonitionum darzu geschritten
werden.
7. Diejenigen, so also solenniter und ordent-
licher weise in bann gethan und erkläret werden,
oder sonst de facto sich selbst mit ihren sünden
und unbussfertigkeit in bann thun, wenn sie busse
thun, und sich bekehren, sollen anders nicht den
publica confessione et absolutione wieder an-
genommen werden.
8. Es soll auch allen pastoribus und kirchen
dienern mit ernst und fleiss eingebunden und
untersaget werden, dass sie auch den kleinen
bann, oder4) die suspensionem nicht anders, den
alleine im nothfall und zur besserunge und er-
bauunge mit aller bescheidenheit und sanften
muthe brauchen, und nicht aus übermuth, leicht-
fertigkeit, oder zu eigener rache missbrauchen
sollen.
9. Derowegen wenn die kirchen diener unter
ihren pfarr kindern jemand5) haben, von dem
sie wissen, dass sie die, wenn sie zur beichte
kämen, nicht unbesprochen zulassen könten, sollen
sie so viel müglich solche besprechung und unter-
rede nicht sparen, bis in den beichtstuel, sondern
zu vor nach selben personen schicken, ihnen die
sachen vorhalten, und hören, ob sie die beschul-
digung gestehen oder nicht, oder wie sie sich sonst
erklären möchten, da sie als denn mit solcher
ihrer erklärunge nicht zufrieden sein können,
können und sollen sie den herrn superattendenten
zu rathe nehmen, dass sie desto sicherer fahren
mügen, solches geschiehet den pastoribus zum
schuz und besten, und haben auch die pfarr kinder
desto weniger zu klagen, dass ihnen die absolution
und nachtmahl oder andere christliche freiheiten
zur ungebühr versaget werden.
1) E.: durst. 2) E.: hiebei denn.
3) E.: diese. 4) E.: denn. 5) E.: etliche.

10. Und sollen die pastores auch in diesen
auf die kirchen agenden auch etliche synodal-
decret, sonderlich aber anno 1562 und ferner
anno 1580 gestelt und gericht, mit fleiss gewiesen
werden, und sich selbst auch daraus weiter be-
richts erholen.
11. Als auch wohl zu zeiten widerspänstige
unchristliche leute befunden, welche sich an den
grossen bann, so wenig als an den kleinen kehren,
sondern einen weg wie den andern, darnach wie
zuvorn in öffentlichen unbussfertigen leben, sünden
und schanden fortfahren, auch von dem banne und
kirchen strafen leichtfertig reden, und den kirchen
dienern zu zeiten dreuen, fluchen und übel noch-
reden, so sezen ordnen und wollen wir, dass in
städten ämptern und dörfern in unserer grafschaft
Mansfeld darauf fleissig acht gehabt, und da solche
rohe1) unchristliche leute entweder auf der pastoren
und seelsorgern oder andern anzeige vorhanden
weren und befunden würde, so sollen dieselbige
vor jedes orts obrigkeit vorbeschieden, und der-
halben besprochen werden und zu christlicher
besserunge mit ernst angemahnet werden mit ver-
warnunge, da sie in solchen gottlosen wesen
verharren und fortfahren würden , dass sie in
unserer grafschaft nicht solten geliten werden.
Würden denn sie sich hieran nicht kehren,
so soll ihnen zuverkaufen und unsere grafschaft
innerhalb monats frist zu reumen auf erleget, und
da sie über solch gebot nicht reumen würden,
sollen sie gefänglich eingezogen, durch den scharf-
richter hinaus gewiesen2) und zu ewigen zeiten
nicht wieder eingenommen werden, ohne unser
aller sämbtlich vorwissen und ausdrückliche be-
willigunge.
Das eilfte capitel.
Von der inspection über die buch-
drückerei.
Nach dem auch besonders durch den druck,
wo derselbige nicht der gebühr nach bestellet, in
der kirchen gottes gross ärgernüss, zwietracht,
und uneinigkeit angericht, falsche lehre leichtlich
und mit grossen schaden der kirchen ausgebreitet
werden kan, in dem, dass auch die druckere zu-
weilen pasquillen und andere leicht fertige lieder
und gedichte zu drucken, und die edle kunst
mehr zu ihren nuz als gottes ehre zugebrauchen
pflegen, so sollen unsere consistoriales mit be-
sondern3) fleiss ein gut aufsehen haben, sonder-
liche gelehrte und verständige inspectores darzu
verordnen, die alle schriften, so gedruckt werden
sollen und wollen, mit fleiss durch lesen, wo es

1) E.: rohe und unchristliche. 2) E.: gefuhret,
verwiesen. 3) E.: allen.
 
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