Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0226

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
212 Die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein und Stift und Stadt Quedlinburg.

7. Wir sezen, ordnen und wollen auch, dass
in allen kirchspielen von den eingepfarten leuten
ziembliche wohnheuslein aufgebauet werden, dar-
innen der verstorbenen praedicanten witben, so
keine eigene wohnheuser hetten, auch so unver-
möglich weren, dass sie sich selbst mit wohnunge
nicht versorgen könten, nach verfliessunge des
halben gnaden jahres, die zeit ihres lebens, so
lang sie ihren witbenstuel nicht verrücket, freie
wohnunge haben und behalten könten, darneben
sollen sie die witbe auch gleich andern nachbarn
mit ihrem viehe, schafen und schweinen, da sie
deren hette, der gemeinen trift, hute, weide,
gräsereien, holzungen, fischereien und anderer ge-
meiner nuzungen, so lang sie darin wohnet, gleich
den andern zugebrauchen haben, und ihr daran
kein inhalt gethan werden.
Were aber keine witbe verhanden, oder am
leben, so solche wohnunge zugebrauchen hette, so
soll mit der zeit solch wohnhaus miethweise aus-
gethan, und das mieth geld in der kirchen nuz
und bestes gewendet, auch die wohnunge davon
in baulichen wesen erhalten werden, doch soll die
miethunge dergestalt angestellet werden, dass man
das wohnhaus jederzeit, auf den vorfallenden noth-
fall, zu dem ende darzu es angestellet, könne
mächtig sein, und dass die wohnunge durch miet-
leute nicht verwüstet werde.
8. Es pfleget sich auch ofte zubegeben, dass
prediger wegen hohen alters oder anderer zufelligen
gebrechen ihr ampt nicht mehr versorgen können,
da sich denn nicht leiden will, dass sie gar ver
stossen, und an den bettelstab vertrieben werden,
sondern es soll nach gelegenheit der person, der
zeit, nach dem sie lange in der grafschaft oder
an den orte gewesen sind und sich umb die graf-
schaft wol verdienet haben, auch nach gelegenheit
der einkommen dem alten oder gebrechlichen
pastor etwas ausgemachet und auf das andere
übrige ihme ein adjunctus zugeordnet werden,
damit die leute versorget, und nicht zu klagen,
der alte oder gebrechliche pastor aber gleichwohl
auch die zeit seines lebens oder gebrechens sein
bleiben habe.
9. Die adjuncten sollen aber dahin auch ge-
halten werden, dass sie den alten pastoribus ehre
erzeigen, dass ihre zu dank und rechter zeit
reichen, auch ihre verkleinerunge und unter-
druckunge bei den pfarr kindern und sonsten
bei verlust des pfarr ampts nicht suchen.
10. Die ordinaria successio der adjuncten
und substituten nach der pastoren todtlichen ab-
gange soll nicht verbündlich, sondern willkürlich
sein, und bei des consistorii rathsamen bedenken
stehen, nach dem sie sich gegen ihren senioribus
und sonsten allent halben gebührlichen erweisen
werden, sonderlich aber wofern sie auch sonsten

an lehre, leben und fleiss tüchtig erfunden
werden.
11. Es soll auch vermöge unsers consistorii
vereinigung, so den 3. octobris des nachstab-
gelaufenen1) 86. jahres aus erheblichen ursachen
beschlossen worden, hinfürder keiner zur probe-
predigt in der kirchen, dahin er zum pfarr ampt
gerne befördert sein wolte, zugelassen werden, er
sei denn zuvorn examiniret und darzu tüchtig be-
funden worden, als denn mag er die probepredigt
thun, und was ihme von gott des ordentlichen
berufs halber bescheret, ferner gewertig sein.
Das dreizehende capitel.
Von der jurisdiction des consistorii,
undwer demselben unterworfen sein soll.
Alle und jede, wes würden oder standes die
sind, so in unserer grafschaft sizen, und sich auf-
halten, sollen diesen unsern consistorio in den
hieroben aufgedruckten und dergleichen fällen und
consistorial sachen unterworfen, und auf vorgehende
gebührliche citationes und ladunge zu erscheinen,
klägers und beklagten stat zuhalten, und daselbsten
christliches rechtmessiges erkäntnüss und abscheids
zugewarten schuldig sein, bei strafe, welche von
dem consistorio den verbrechenden und ungehor-
samen theile, zuerkant, und unnachlässiglich soll
volnstrecket und exequiret werden.
Das vierzehende capitel.
Von besserunge der pfarr gebeude.
Die hauptgebeude in pfarren sollen die vor-
steher in kirchspielen zu2) erhalten, und darzu
die einwohner der kirchspielen und filialen pro
rata mit zu contribuiren schuldig sein, und soll
zu haupt gebeuden gehören, alles was in tach und
fach ohne verwarlosunge des einwohners und seiner
kinder oder gesindes wandelbar wird, und besserens
bedarf, was aber an fenster thüren und öfen
wandelbar würd, so unter einen orts thaler kann
wieder fertig gemachet werden, soll der einwohner
selbst bezahlen.
Das funfzehende capitel.
Von den strafen, so das consistorium
dem ungehorsamen oder schuldigen theil
soll auf zu legen und zuerkennen macht
haben.
1. Wann priester, kirchen und schuldiener
und andere personen, so im consistorio zuhandeln,

1) E.: abgewichenen. 2) E.: „zu er-
halten— der kirchspielen“ fehlt, offenbar durch Nach-
lässigkeit des Abschreibers.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften