Die Grafschaft Henneberg.
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responso, dem nachmaligen oberaufseher Veit von Goldritt betreffende, beschreibt. Von dieser
consistorial-ordnung habe zwei manuscripte gesehen, eines de anno 1577 (da sie etwa vermehrt
worden), und das andere in der fürstlichen bibliotheque zu Gotha, wie auch schon oben an-
geführet ist, und weil ich aus dem letzteren exemplar ein und anderes notirt, so kan solches
dem leser zur nachricht dienen, wie folget,“ (Über diese Ordnung sogleich.)
Auf Grund des mir in liberalster Weise von Herrn Archivar Professor E. Koch zur
Benutzung eröffneten, zur Zeit noch in der Ordnung begriffenen Henneberger Archives ist
diese Frage folgendermassen zu lösen:
Die erste kirchliche Behörde ist wie in Kursachsen, so auch in Henneberg die Visitations-
commission gewesen. Die Visitatoren fungirten auch nach beendeter Visitation weiter; sie traten
zusammen, wenn etwas Besonderes zu berathschlagen oder zu entscheiden war, was der
Landesherr nicht in anderer Weise erledigt sehen wollte. So entschieden Montag nach Cantate
1547 die „Visitatoren“ zu Meiningen eine Ehesache (Henneberg. Gem.-Archiv IV, C. 1, Nr. 2).
Vom Jahre 1551 an fanden regelmässige Sessionen dieser Visitatoren statt. Die Re-
gistraturen sind vom Jahre 1551 an vollständig erhalten. Die Zusammensetzung der Behörde
ersehen wir aus den Erkenntnissen. Hier heisst es entweder: „vor uns, superintendens und ver-
ordnete“, „oder „visitatores und eherichter“, oder „wir verordnete superintendens und visitatores“,
oder „hennebergische verordente eherichter“, oder „hennebergische visitatores und rethe“; seit
1564 finden wir in den Protokollen den Ausdruck „consistorium und ehegericht“. 1571 heisst
es „eherichter und verordente des consistorii, des fürstlichen ehegerichts“, aber noch am 29. März
1571 unterschrieben sich die Richter als „superintendens und visitatores“ (Henneberg. Gem.-
Archiv IV, C. 1, Nr. 6 ff.).
Wir haben also um diese Zeit kein besonders formirtes Consistorium vor uns, sondern
die Funktionen eines solchen versieht der General-Superintendent, und ihm werden andere
Geistliche und Räthe, die zugleich als Visitatoren fungiren, nach Gelegenheit beigeordnet.
Die Sitzungen fanden in Schleusingen oder in Massfeld statt, also offenbar an dem
jeweiligen Aufenthaltsorte des Landesherrn, der oft persönlich angerufen wurde. In erster Linie
beschäftigte sich diese Behörde mit Ehestreitigkeiten, aber auch Disciplinarfälle, Zuchtfälle,
Injurien, Schwängerungsklagen, Vermögensangelegenheiten u. s. w. bildeten den Gegenstand ihrer
Berathung. Mit Montag nach Viti 1551 beginnt die Registratur des „ersten ehegerichts“; an-
fänglich ziemlich formlos, wird das Verfahren später immer formeller.
Die Entscheidungen bieten ein reiches Material für die Entwicklung des Kirchenrechts,
besonders des Eherechts. Ich behalte mir die Behandlung für eine andere Gelegenheit vor.
Aber dieses Organ genügte dem Bedürfniss bald nicht mehr. Zerwürfnisse mit dem
Generalsuperintendenten Fischer machten ein Zusammenarbeiten mit demselben unmöglich.
Was den Fürsten zur Errichtung eines ständigen Consistoriums oder, besser gesagt, zur Ver-
wandlung der bisher als Consistorium betrachteten Commission in eine wirkliche Behörde, mit
einer festen Organisation und einer genau umschriebenen Consistorial-Ordnung veranlasste, er-
sieht man am besten aus einem damals verfassten Ausschreiben.
Dasselbe befindet sich in zwei Exemplaren im Hennebergischen Gem.-ArchivIV, C. 2,
Nr. 1. Einmal mit der gleichzeitigen Aufschrift auf dem Umschlage: „Herr Abel neuen con-
sistorii halben.“ Der Hofprediger Abel Scherdinger ist also der Verfasser. Dieses Ausschreiben
wurde als Einleitung zur Visitations-und Consistorial-Ordnung von 1574 verwendet (vgl. unten),
also wohl nicht besonders herausgegeben. Bei Juncker, Ehre, findet sich eine Abschrift.
Im Jahre 1573 ging Georg Ernst energisch an die Einrichtung des Kirchenraths und
die Ausarbeitung einer Consistorial-Ordnung. Die rechte Hand des Fürsten war dabei Jacob
Andreae. Mit ihm hatte sich der Fürst bereits im Jahre 1572 im Wildbade mündlich berathen.
(Vgl. Brief Georg’s an Andreae vom 27. Januar 1573. Concept im Henneberg. Gem.-Archive.)
Sehling, Kirchenordnungen- Bd. II. 35
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responso, dem nachmaligen oberaufseher Veit von Goldritt betreffende, beschreibt. Von dieser
consistorial-ordnung habe zwei manuscripte gesehen, eines de anno 1577 (da sie etwa vermehrt
worden), und das andere in der fürstlichen bibliotheque zu Gotha, wie auch schon oben an-
geführet ist, und weil ich aus dem letzteren exemplar ein und anderes notirt, so kan solches
dem leser zur nachricht dienen, wie folget,“ (Über diese Ordnung sogleich.)
Auf Grund des mir in liberalster Weise von Herrn Archivar Professor E. Koch zur
Benutzung eröffneten, zur Zeit noch in der Ordnung begriffenen Henneberger Archives ist
diese Frage folgendermassen zu lösen:
Die erste kirchliche Behörde ist wie in Kursachsen, so auch in Henneberg die Visitations-
commission gewesen. Die Visitatoren fungirten auch nach beendeter Visitation weiter; sie traten
zusammen, wenn etwas Besonderes zu berathschlagen oder zu entscheiden war, was der
Landesherr nicht in anderer Weise erledigt sehen wollte. So entschieden Montag nach Cantate
1547 die „Visitatoren“ zu Meiningen eine Ehesache (Henneberg. Gem.-Archiv IV, C. 1, Nr. 2).
Vom Jahre 1551 an fanden regelmässige Sessionen dieser Visitatoren statt. Die Re-
gistraturen sind vom Jahre 1551 an vollständig erhalten. Die Zusammensetzung der Behörde
ersehen wir aus den Erkenntnissen. Hier heisst es entweder: „vor uns, superintendens und ver-
ordnete“, „oder „visitatores und eherichter“, oder „wir verordnete superintendens und visitatores“,
oder „hennebergische verordente eherichter“, oder „hennebergische visitatores und rethe“; seit
1564 finden wir in den Protokollen den Ausdruck „consistorium und ehegericht“. 1571 heisst
es „eherichter und verordente des consistorii, des fürstlichen ehegerichts“, aber noch am 29. März
1571 unterschrieben sich die Richter als „superintendens und visitatores“ (Henneberg. Gem.-
Archiv IV, C. 1, Nr. 6 ff.).
Wir haben also um diese Zeit kein besonders formirtes Consistorium vor uns, sondern
die Funktionen eines solchen versieht der General-Superintendent, und ihm werden andere
Geistliche und Räthe, die zugleich als Visitatoren fungiren, nach Gelegenheit beigeordnet.
Die Sitzungen fanden in Schleusingen oder in Massfeld statt, also offenbar an dem
jeweiligen Aufenthaltsorte des Landesherrn, der oft persönlich angerufen wurde. In erster Linie
beschäftigte sich diese Behörde mit Ehestreitigkeiten, aber auch Disciplinarfälle, Zuchtfälle,
Injurien, Schwängerungsklagen, Vermögensangelegenheiten u. s. w. bildeten den Gegenstand ihrer
Berathung. Mit Montag nach Viti 1551 beginnt die Registratur des „ersten ehegerichts“; an-
fänglich ziemlich formlos, wird das Verfahren später immer formeller.
Die Entscheidungen bieten ein reiches Material für die Entwicklung des Kirchenrechts,
besonders des Eherechts. Ich behalte mir die Behandlung für eine andere Gelegenheit vor.
Aber dieses Organ genügte dem Bedürfniss bald nicht mehr. Zerwürfnisse mit dem
Generalsuperintendenten Fischer machten ein Zusammenarbeiten mit demselben unmöglich.
Was den Fürsten zur Errichtung eines ständigen Consistoriums oder, besser gesagt, zur Ver-
wandlung der bisher als Consistorium betrachteten Commission in eine wirkliche Behörde, mit
einer festen Organisation und einer genau umschriebenen Consistorial-Ordnung veranlasste, er-
sieht man am besten aus einem damals verfassten Ausschreiben.
Dasselbe befindet sich in zwei Exemplaren im Hennebergischen Gem.-ArchivIV, C. 2,
Nr. 1. Einmal mit der gleichzeitigen Aufschrift auf dem Umschlage: „Herr Abel neuen con-
sistorii halben.“ Der Hofprediger Abel Scherdinger ist also der Verfasser. Dieses Ausschreiben
wurde als Einleitung zur Visitations-und Consistorial-Ordnung von 1574 verwendet (vgl. unten),
also wohl nicht besonders herausgegeben. Bei Juncker, Ehre, findet sich eine Abschrift.
Im Jahre 1573 ging Georg Ernst energisch an die Einrichtung des Kirchenraths und
die Ausarbeitung einer Consistorial-Ordnung. Die rechte Hand des Fürsten war dabei Jacob
Andreae. Mit ihm hatte sich der Fürst bereits im Jahre 1572 im Wildbade mündlich berathen.
(Vgl. Brief Georg’s an Andreae vom 27. Januar 1573. Concept im Henneberg. Gem.-Archive.)
Sehling, Kirchenordnungen- Bd. II. 35