Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0295

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Grafschaft Henneberg.

281

Gesetze. Deswegen seien in fast allen Herrschaften eigene Ordnungen entstanden. Deswegen
habe auch er — der Fürst — schon seit mehr als 20 Jahren an eine solche Ordnung gedacht,
viele Gutachten eingeholt, „das wir alsdan um so vil desto lieber unser leben mit gott im
friede beschlissen wollten“. Jetzt, nachdem so viele reine Lehrer sein Werk gebilligt hätten,
nachdem dasselbe allen Pfarrern zur Begutachtung vorgelegen hätte, nachdem zwei Synoden
deshalb stattgefunden hätten, müsse er den Verdacht des Calvinismi über sich ergehen lassen.
Derselbe sei ganz unbegründet (wie dann näher ausgeführt wird).
Der gewissenhafte Fürst holte aber noch von dem Oberconsistorium zu Dresden ein Gut-
achten ein über die Kernfrage des Streites, ob er das Recht habe, eine Ordnung zu erlassen. Er
hatte zuerst Kurfürst August um das Gutachten seiner Theologen ersucht. Die Antwort des
Kurfürsten datirt vom 27. Mai 1582 und das Gutachten des Oberconsistoriums vom 25. Mai 1582
(Henneberg. Gem.-Archiv IV, B. 2, Nr. 12).
Nachdem in der oben geschilderten Weise das Concept der Agende erneut revidirt und
fertiggestellt war, schickte der Fürst dasselbe nochmals an auswärtige Gutachter, nämlich an
Osiander und Andreae. Dieses Concept findet sich im Henneberg. Archiv IV, B. 2, Nr. 6. Die
Antwort fiel nicht besonders günstig aus (Original, datirt Stuttgart 7. Juni 1581, im Henneberg.
Archiv IV, B. 2, Nr. 7. Daselbst noch eine Copie). Das Gutachten tadelte namentlich, dass
sich die Ordnung zu sehr von den üblichen brandenburgischen, nürnbergischen, sächsischen,
württembergischen, pfälzischen, mecklenburgischen und anderen Kirchen-Ordnungen entferne,
zu originell sei; so seien die Gebete ganz eigenartig, mit Ausnahme der zwei Gebete nach
der Taufe, die übrigens auch erst durch eingelegte Zettel inserirt worden seien; überflüssig
sei in der Vorrede „allerlei Entschuldigung“, die Abhandlung über die Ceremonien, den
Exorcismus bei der Taufe hielten sie für unnöthig, der Artikel über die Nothtaufe sei zu lang,
die „Ohrenbeichte“ missverständlich, der besondere Abschnitt über den Ehestand des Adels solle
fallen u. s. w. [Der revidirte Entwurf enthielt nämlich ein besonderes Capitel über „Ordnung
und weis, wie fürstliche oder sonst adels personen zusammenzugeben“. Sie erhielten das Vor-
recht, Abends „vor dem Hochzeitentag in der Stuben zusammengegeben zu werden“. „Am anderen
Tage ist Gottesdienst, in welchem nur beim gemeinen Gebete ein besonderes Gebet für Bräutigam
und Braut gesprochen wird.“] —
Offenbar auf Grund dieses ausführlichen Gutachtens machte man sich an eine erneute
Revision. Man kürzte, liess Manches fort und passte die Ordnung mehr an die württem-
bergische an, wie z. B. gleich der Eingang nach der württembergischen gerichtet wurde,
(Es lässt sich vorstellen, dass zahlreiche Concepte von den verschiedenen Entwürfen an-
gefertigt wurden. Diese sind theils vollständig, theils unvollständig im Henneberger Archiv
erhalten. Ein Concept in der Osiander und Andreae 1581 vorgelegten Fassung ist in meinem
Besitz.) Endlich war die Agende fertig. Im Jahre 1582 erschien sie im Druck. Und am
8. April 1582 wurde sie zum ersten Male in der Residenz Schleusingen in Gebrauch genommen.
Zur Ordnung selbst vgl. Germann, a. a. O. S. 452; Sauer, a. a. O., der S. 190 eine Be-
schreibung der Ordnung giebt. Eine solche steht auch bei Juncker, Ehre. Vgl. auch Geb-
hardt, a. a. O. 2, 196 ff.
Druckexemplare sind mehrfach vorhanden, so z. B. in der herzoglichen Bibliothek zu Mei-
ningen, in der Kirchenbibliothek zu Nördlingen, den Universitätsbibliotheken Bonn, Jena, München.
Eine spätere Ausgabe von 1713 findet sich in den Universitätsbibliotheken Jena und Leipzig.
Richter 2, 460 giebt von der 173 Seiten starken Agende einen 1 Seite starken Aus-
zug. Wir drucken diese originelle Ordnung, welche das Ergebniss so gründlicher Berathungen
war, mit einigen Auslassungen ab. (Nr. 49.)
Mit Georg Ernst starb 1583 das gräfliche Haus Henneberg aus. Die weiteren Schick-
sale des Landes s. im Eingange.
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II.

36
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften