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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0304

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Die Grafschaft Henneberg.

regierung, einem menschen alleine befohlen, bei
vielen auch ansehnlichen hohen leuten übels gethan
und noch thut. Es ist ein seltzamer vogel umb
einen general superintendenten zu pfarren, schulen
bestallungen. Gevatter, vettern, schwäger, eidame
und sonsten gute verdiente freunde, sie seien oft
wie sie wollen oder können, nicht mehr gelten,
als andere, wie tüglich und füglich auch sonst
dieselbigen zu gebrauchen. Do es doch warlich
in gottes wort heist: Person ansehen im gericht
ist nicht gut (Proverb. 24), item so ihr die person
ansehet thut ihr sünde, und werdet gestraft von
dem gesetze als die übertreter (Jac. 2).
Desgleichen sind auch die einzele generales
dünne gesehet, die ihnen die hände mit gift und
gaben nicht schmieren lassen. Ihrer viel thun
auch wohl in guten sachen kein gut, sie seien
denn erst mit gaben und schenken berennet. So
lässt man sich auch in bösen sachen gar oft be-
stechen, heisst also, wie Moses sagt, die geschenke
machen die weisen blind und verkehren die sachen
der gerechten. Hierüber werden die pfarren und
dienstbeförderung feil; wer schmirt, der fehrt, da-
durch erschreckliche simonei gestiftet und vielen
gewissen nicht ein geringer anstoss gegeben wird.
Ob nun schon nicht wenigers, das sie nicht alle
sambt eines schlagen, so bleibet doch gleichwohl
der schein, ansehen, vermutung und allerlei ärger-
liche rede oder mummelung unter den leuten.
Demselbem allem sowohl als der that selber
nottürftiglich vorzubauen, ist besser auf erden
nicht, denn das etliche leute zu einem gefasten
consistorio eidhaftig verordnet werden, die dennoch
nicht alle vettern, freund und verwandte sein oder
bestochen werden können.
Zum vierzehenden tragen sich allerhand
sachen zu, do der superintendens, oder sonst
andere pfarher an unser person oder regierung
mangels haben oder haben wollen. Derogleichen
geschiehet auch wohl hirgegen vom superinten-
denten oder sonst pfarhern darinnen wir uns be-
schwert finden. Wo nun dasselbige in sühnlicher
unterrede, die wir einem jeden pfarhern freistellen,
auch uns hinwieder dergleichen freigestelt haben
wollen, nicht hingelegt werden möchte (wie doch
hiermit zu jeder zeit allerlei gutes und unsern
kirchen erbaulichs gestiftet worden), da könten
wir selbst nicht richter sein, unser superintendens
auch nicht, so wolte sich niemand der unsern
zwischen uns brauchen lassen, der nicht zuvor
oder sonst ordentlichen bede zu diesen und
andern dergleichen sachen bestallt und geschworen.
Von aussen hero leute zu holen und zwischen uns
niederzusetzen oder was zwischen uns streitig an
auswärtige universiteten oder derogleichen ge-
langen zu lassen, ist ärgerlich, unrümlich, vor-
bitterlich und uns allerhand ursachen halben,

soviel als ordentlich zu verkommen mueglich, all-
wegen gar nicht zu dulden.
Derowegen wir aus den unsern von kirchen
und weltlichen raths-personen etliche gottfürchtige
fromme, getreue und verständige leute zusammen
zu ordnen bedacht, die auf ihre eide pflichte und
gewissen ohne ansehung der person hierinnen er-
kennen mögen, immassen wir uns auch unsers
theils durch dieselbigen gnädiglichen aller billig-
keit weisen lassen wollen, und zweifeln nicht,
unser superintendens oder sonsten ander pfarrer,
ja männiglich, der ihme guter sachen bewust, werde
sich dessen auch ungescheuet finden lassen.
Dargegen wir schlisslichen hiervon zu reden
nicht unterlassen können, was wir hierinnen ge-
meinet gemelten unsern superintendenten selbst
fürzuhalten und sein bedenken gnädig darnach
zu begehren. Wiewohl aber derselbige dis unser
vorhaben aus ursachen, die allesambt oder je
mehres theils anderst geschaffen, nicht rathen noch
widerrathen wollen, jedoch hat er auf anderer
pfarrer bedenken uns deren auch zu erholen ge-
rathen; als wir nun demnach etlichen vornehmen
theologen unserer herrschaft ermeltes unser vor-
haben eröffnet, auch jeden auf seine seel und ge-
wissen bezeugt, uns ohne ansehung einiger menschen
allein, wie sie es am jüngsten tage für gott ver-
antworten wolten, zu rathen, ob und wie solches
am christlichsten anzustellen, haben dieselben
unterschiedlich ein jeder sein bedenken, wie solche
bei handen, in schriften verfasset und uns ge-
antwortet. Aus solchen sind zwene, die an ihm
selbst ein consistorium oder kirchen rath anzu-
richten nicht widerrathen, alleine sie führen gleich-
wohl aus guten treuen gemüthe allerlei vorsorge
und gefährlichkeit ein, die die wege, ob gott will,
nicht haben werden, auch oberzehlte ander wichtige
ursachen billig denselben befahrungen vorzusetzen.
Die andern aber, derer an der zahl sieben, lassen
es ihnen allesambt aus vielen bewegenden ur-
sachen, die jeder nach seinen gewissen einführet,
herzlich treulich und wohlgefallen, dass uns dem-
nach hierinnen mit grund und billigkeit nicht zu
verweisen, als ob es aus einen gefassten privat-
affect unser getrieb allein , dieweil es auch diese
leute, die der herrschaft kirchen gelegenheit
wissen, denen zum theil nun lang gedienet, auch
hiebevor uns in geistlichen sachen neben den super-
intendenten mehres theils räthlich gewesen und
noch diejenigen sind, die es sowohl als andere
unsere kirchendiener am meisten betreffen wird,
inhalts göttliches worts und desselben bewehrter
exempel, auch allen christlichen und vernünftigen
umständen nach auf so hohe bezeugung und ihr
selbsteigen gewissen als für dem angesichte gottes
beständig rathen.
Begehren derohalben gnädig, ihr wollet als
 
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