Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0330

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
316

Die Grafschaft Henneberg.

Wollet ihr nun auf solchen aus heiliger gött-
licher schrift euch vorgelesenen unterricht eure
eheliche pflicht einander halten und bestetigen
lassen, so frage ich dich (zum breutgam sprechend)
N. wiltu hie zu gegen N. zum ehelichen weib
haben, sie lieben und ehren, dich in keiner not
und widerwertigkeit von ihr scheiden, wie gottes
ordnung und befehl ist, so sprich ja.
(Zur braut aber) N. ich frage dich gleichs-
falls, ob du hier zu gegen N. wollest zum ehe-
lichen manne haben, ihn lieben, ehren und
gehorsam sein, und dich von ihm in keiner wider-
wertigkeit scheiden, wie gottes ordnung und befehl
ist, so sprich ja.
Darauf lasse er sie einander die hende geben,
und spreche:
Die eheliche pflicht, die ihr da fur gott und
seiner gemeine einander gelobet habt, bestetige
ich und spreche euch aus dem befehl der heiligen
christlichen kirchen, als ein verordneter diener
derselben, hiermit ehelich zusammen, und thue
das im namen des vaters und des sons und des
heiligen geistes, amen. Was gott zusamen ge-
füget hat, das sol der mensch nicht scheiden.
Darnach spreche er weiter:
Auf das nu diese eheliche verpflichtung also
in gottes namen angefangen und zu seinem lob,
ehr und preis seliglich vollendet werden möge,
so wollen wir einmütiglich miteinander nider-
knien und ein jeder von grund seines herzens
gott den allmechtigen umb seine gnad anrufen
und das heilige vater unser beten.
Nach gesprochenem vater unser sol der
kirchendiener, wie oben am ende auf die sontage
verordnet, uber die neue ehepersonen und das
ganze volk den gemeinen segen (der herr segne
euch etc.) sprechen, und also darmit schliessen.
Wie man kranke leut besuchen und
trösten solle.
Wie man gefangene, so von missethat
wegen umb das leben gefangen ligen,
in ihrer verhaftung unterrichten sol.
Wann nu die gefangene fur gericht zum
tode verurteilet, können sie die mini-
stri nachfolgender massen trösten.
Ordnung des begrebnus.
Christen, die im herrn entschlafen, sol man
zum zeugnis der auferstehung von den todten,
desgleichen zu unterweisung der noch lebendigen,
mit ehrlichen ceremonien, nicht so bald sie ver-
scheiden, sondern auf wenigste nach 15 oder 16

oder nach gelegenheit mehr stunden, allerlei zu-
tragender unrichtigkeit vorzukomen, zur erden be-
statten, und also derhalben, auf das die leute
dessen erinnert und zusamen berufen werden, zur
stund des begrebnus ein zeichen mit der glocken
leuten. Sonsten aber sol der gebrauch, das man
an etlichen orten, so bald einer verstorben, bäbst-
licher gewonheit nach im ausleuten lassen, hier-
mit abgeschaffet sein.
So man als dann die leiche ferner beleiten
wil, sol gesungen werden: Mitten wir im leben
sind, oder: Mit fried und freud, oder: Aus tiefer
not, oder: Wir gleuben, etc. und was der christ-
lichen gesenge, die hieher dienen, mehr sind, auf
dem gottsacker aber, in dem man den cörper be-
bregebt: Nu last uns den leib begraben, bis auf
die letzten zweene vers: Nu lassen wir ihn hie
schlafen, singen.
Vor diesen zweien versen sol der kirchen-
diener mitler weile kurz und aufs lengst ein
halbe stunde von der sterbligkeit des menschen,
von dem ursprung des todes, item, wie man sich
seliglich darzu bereiten sol, wie die stunde des
todes so ungewis sei, das sich ein jeder teglich
auf seinen abschied gefast mache, wie weit man
umb die gefreunden trauren, und wie man die
nachgelassene freunde trösten, desgleichen von
der auferstehung der todten und ewigem leben,
und was dessen mehr sein mag, und also von der
stücke einem oder zweien predigen.
Und ob sichs zutrüge, das auch der todten
in solcher leichpredigt mit unter zu gedenken,
welches denn hiermit gar nicht aufgehoben, sol
man darumb nicht das mehrerteil darmit zubringen,
das andere nötigere oder erbaulichere aber da-
gegen verseumen, sondern dis allezeit, als das
vornemste und meiste, vorgehen lassen, darneben
auch gott von herzen bitten, das er uns andere,
die wir ubrig, und noch, so lang er wil, am leben,
auch bis an unser ende bestendig bei sich in
warem glauben und gutem gewissen erhalten, und
wenn uns unser stündlein auch kompt, ein seliges
ende bescheren, nachmals ein fröliche auferstehung
mit allen verstorbenen gleubigen christen am
jüngsten tage gnediglich verleihen wolle, etc.
demnach also das vater unser beten, als denn
mit den letzten zweien versen (Nu lassen wir ihn
hie schlafen, etc.) beschliessen.
Weil auch an etlichen orten bisanhero der
brauch gehalten, das man die kindlein, so das
abendmal Christi noch nicht empfangen, nicht mit
den schülern, wie die alten, zur erden bestattet,
so sol doch hinfort hierinnen kein unterscheid ge-
macht, sondern die kinder weniger nicht, als die
alten, mit vorgesetzten ceremonien zum begrebnus
gebracht werden.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften