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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0336

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Die Grafschaft Henneberg.

vacanz erhalten thut, zur probpredigt ordentlich
vorzustellen haben, Wann solches geschehen,
sollen ermelte gemeine unsern kirchenrat wider-
umb schriftlich berichten, wess sie der vorgestellten
person halben gefallens oder aus seinen gewisen
namhaftigen und erheblichen ursachen missfallens
tragen.
Wann also dann eine solche gehörte person
von einer gemeine durch schrift, wie jetzt ge-
meldet ist, approbiret, oder umb sie gebeten, als
denn sollen unsere kirchenräte solche fürderlich
und zum ehesten vorbescheiden, fur ihnen auch
predigen lassen und dann mit einem solchen
ordinanden von allen artikeln heiliger christlicher
lehre aus göttlicher schrift und den daraus ge-
gründten andern stücken unserer waren christlichen
norma brüderlich, treulich und fleissig conferiren,
auf das sie ihren inhabenden pflichten nach wissen
mögen, wie künftig seine gemeine mit ihm ver-
sorget.
Do solches geschehen, und er der christlichen
lehre notdürftig und gnugsam bericht erfunden,
sol von im unterschrift unserer christlichen norma,
so wol als numehr des gemeinen concordien werks
erfordert, auch pflicht von ihm, das er darbei be-
harren, fleissig studieren, in seinem ampt treu sein,
auch ein christliches, erbares, gottseliges und er-
bauliches leben füren wolle, genomen werden.
Darauf wird ihm die condition oder verledigte
dienst privatim zugesagt und versprochen.
Des volgenden morgends, do sonsten das ampt
fur einer ganzen gemeine mit gottes wort und dem
abendmal Christi gehalten wird, thut der ordinandus
einem diener des worts seine christliche confession
oder beicht und empfehet die heilige absolution
oder vergebung seiner sünden.
Als denn wird ferner das ampt angefangen,
und an stat der lection aus dem 20. capitel der
apostel geschichte der text gelesen, der anfehet:
Aber von Mileto sandte er (Paulus) gen Ephe-
sum, etc. bis zum ende desselben.
Hierauf singet man das credo. Dann wird
die predigt gehalten und in dem nachgebete die
kirche fur diesen ordinandum zu bitten und vol-
gendem actui betens und zeugnus halben beizu-
wonen, vermanet, auch nach des pfarrherrn ab-
steigen das Veni sancte gesungen. Darauf gehet
der ordinandus fur den altar, und welchen in
unserm consistorio oder kirchenrat die ordnung
betrifft, fehet an, uf nachfolgende dieses orts also
hergebrachte breuchliche weise zu erinnern und
zuvermanen.
Vermanung vor der ordination.
Geliebten in Christo, wiewol es nicht ohn,
das die böse verkerte welt, aus anstiftung und

eingebung ihres fürsten, des leidigen teufels, zu-
mal spötlich und schmehlich vom heiligen predig-
ampt zu halten pfleget, jedoch sollen alle recht-
schaffene frome christen bedenken, das der
allmechtige ewige gott dieses ampts selbst ein an-
fenger und stifter sei, der bald von anbegin solches
selbst verwaltet und furter beide durch seine engel
und auserwelte menschen, die heiligen patriarchen
und propheten, bestalt, ja endlich seinen einigen
allerliebsten son, unsern erlöser und seligmacher,
Jesum Christum, gesandt, das er ermeltes ampts
unter dem armen menschlichen geschlecht pflegen
sollen, dem es dann auch ein solcher hochwichtiger
theurer ernst gewest, das, ehe er in dasselbe ge-
treten, durch manchfeltige grosse versuchung eine
lange zeit in der wüsten mit beten und kempfen
wider den satan zugebracht, auch ehe denn er
seine jünger zu solchem ampte berufen wollen,
zuvor eine ganze nacht in der einöde mit seinem
herzlichen innerlichem gebet fur gott seinem vater
gelegen und in mit brennenden seufzen ersucht
und angelanget hat, das er zu der erforderung
und aussendung seiner lieben apostel und pre-
diger seinen heiligen geist und gnedigen segen
geben wolle.
Dieweil auch neben und nach ihnen weiter
heilsamer lehrer von nöten, damit seine geliebte
kirche bis ans ende der welt fruchtbarlich und ge-
deilich erbauet werde, befihlet er ferner seinen
domals berufenen jüngern, es sei die ernde gros
und der arbeiter wenig sie sollen derhalben den
herrn der ernden bitten, das er selbst treue
arbeiter in dieselbige senden wolle. Ja da er
mit seinem eusserlichen wandel schon jetzt aus
dieser welt gehen und seine geliebte kirche dem
vater gleich testaments weise bescheiden wil,
bittet er herzlich, beide fur lehrer und zuhörer,
wie seine worte lauten: Heilige sie vater in deiner
warheit, dein wort ist die warheit. Gleich wie
du mich gesandt hast in die welt, so sende ich
sie auch in die welt. Ich heilige mich selbst fur
sie, auf das auch sie heilig seien in der warheit.
Ich bitte aber nicht allein fur sie, sondern auch
fur die, so durch ihr wort an mich gleuben
werden.
Welches uns alles darzu nützlich und not-
wendig zu bedenken, das wir nicht allein christ-
lich und ehrlich von diesem ampt halten, sondern
auch gott den allmechtigen, wo er uns treue
lehrer bescheret hat, herzlich und inniglich danken,
ja ferner bitten sollen, das er an diesen und
andern enden seiner geliebten kirchen und
unsern mitgliedern in Christo weiter rechtschaffene
treue diener, lehrer und prediger geben, segnen
und erhalten wolle.
Sonderlich aber, weil diese person, der gott-
fürchtige und wolgelarte N. N. von der weltlichen
 
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