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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0371

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72. Wasungen. Kirchen-Ordnung. 1566.

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solche feirtag, die der gemein man lose feirtag
pflegt zu nennen, allerlei gemeine und eigene
arbeit fürgenomen, als gemeine weg machen,
in die landwer geen, bauholzfüren und dergleichen
mer und wirt hie fürgewandt, man feire zu Schleu-
singen und daselbst droben gar nit. Zu frue thut
man eine predigt. Darnach jage man oder erbeit
jederman was er will. Es ist aber damit so fern
komen, das man nit allein auf solche feirtag allerlei
erbeit fürgenomen, es bringt es die noth oder
nicht, sonder man hat in kurzen jaren angefangen
weiter zu greifen, das auch nit die wenigsten am
sontag handerbeit angefangen mit einernten, flachs-
einfüren, einlegen und dergleichen, welches alles
ohngestraft hingeit, und lest sich allgemach fein
an als wolle es alles zu werktagen werden, oder
das man aus den feirtagen werkeltag und aus den
werkeltagen feirtag macht, denn die wochen geet
man zum wein oder bringt solche tag sonsten mit
unnötigen dingen zu, darnach am feirtag will man
erbeiten und alle sachen ausrichten, wie man wol
handwerker unt als schumacher findet, die die
guten montag ein oder zween schwelgen, darnach
die sonnabend nacht und den morgen sitzen und
schumachen, laufen den sontag damit überfeld,
schlagen damit in den dörfen jarkmerk auf, darzu
sein sonsten im jar gar vil heiliger sontag und
festa dahin gerichtet, und wirrt täglich mer, das
man allenthalben in den stetten und flecken jar-
merkt oder kaufmerkt pflegt zu halten, eben als
were sonsten kein zeit, die man zu kaufen und
verkaufen brauchen könte, da lauft der gemeine
man den merkten der narung halben nach, ver-
seumet gottes wort und geet jemerlich zu, darnach
lest mans am saufen auch nit feilen, das also
heutiges tages bei uns evangelischen aus dem bet-
haus oder bettage ein kaufhaus und kauftag ge-
macht würt und keret sich alles um, darumb
auch kein wunder, das es mit gewitter und allem,
was man fürnimpt sich wendet, das hinterst das
förderst würt, wenn es sommer soll sein, will es
winterwetter geben, wenn es zuweilen winter sein
solle, so ists somer, welches aber wenig nutzes
bringet. —
Es klagt Hieremias der prophet cap. 17 über
dise unart gar heftig, setzet drauen und verheissung
gegeneinander, wenn man den sabbathtag helt
oder nit helt, und ist meines einfeltigen erachtens
kein geringe sünd und schand uns evangelischen,
das wir 6 tag zur erbeit und narung haben und
den einen den sibenden, sabath oder rutag neben
andern wenig festen unserm hergott nit gönnen
mögen, welche tag unser herrgott selber geboten
nicht allein um seines dienstes willen, sonder um
unsers grossen nutzens willen, das wir die feier
oder ru dem leib und das wort gottes zur labsal
und heil der armen seelen gebrauchen mögen.

Darumb mögen geistliche und weltliche guber-
natorn und oberste, die die gewalt von gott in der
hand hie auf erden haben, wol zusehen, wie sie
es am gestrengen gericht gottes verantworten
wollen, wenn sie allerlei unordnung und hinderung
des waren gottes dienstes nit abschaffen und ge-
pürlich einsehen haben, weil sie ampts und gewalts
halben solches thun können und sollen denn auch
die papisten hierinnen nach irer weis sich steifer
und emsiger erzeigen den wir evangelische.
Von den predigten auf die werktage.
Die zween tag in der wochen, als mitwoch
und freitag, die man von altersher betetag genant
pflegt man frue zu predigen. Die eine predigt
thut der pfarher, die ander der caplan, der caplan
predigt die sontägliche epistel, der pfarrer ein
stück aus dem neuen testament als ein evangelisten,
der apostelgeschicht oder einen psalmen und würt
gehalten mit diser predigt coerimonien wie folget:
Erstlich am anfang singt man die litanei, die-
weil nit allein dise tage betetage genent werden,
sonder auch das stetige beten in diesen fehrlichen
zeiten hoch von nöten ist. Auf die letanei das
kurz Veni sancte deutsch, darauf folget die pre-
digt und gemeine gepet.
Nach der predigt: Erhalt uns herr, oder:
Verleihe uns friden mit der collecten beschlossen.
Von den fruegebeten.
Die fruegebet werden, wie in andern stetten,
die andern werkeltag allzeit gehalten, zu morgens
wenn der tag anbricht mit disen ceremonien.
Erstlich singet man einen deutschen psalmen.
Darnach tritt der pfarrer oder caplan ein
wochen um die andere auf die canzel in der
capellen und liset ein capitel aus der biblien, die
man fornen anhebt und imer zu fortliset bis zum
ende, wenn sie ausgelesen, fehet man sie fornen
wider an.
Auf das capitel liset man die sumarien Viti
über ein jedes capitel.
Wen das geschehen, so werden die sechs
heuptstück des catechismi nacheinander erzelet.
Wenn die heuptstück erzelt und recitirt sein,
würt allwegen ein stückle als ein gebot, artikel
des glaubens, ein pitt im vater unser, oder ein
frag in den heiligen sacramenten mit der aus-
legung gehandelt, bis man hindurch kommet, als-
dann hebt man von fornen wider an.
Darauf das gemeine gepet und mit dem: Er-
helt uns herr und einer collecten beschlossen.
Die fruegebet halten der pfarrer und caplan
ein wochen um die andern, dabei auch zu er-
kennen, das ein pfarrer hie zu Wasungen in
solchen fellen mehr mue hat denn kein pfarrer in
 
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