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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0419

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Das Erzbisthum Magdeburg.

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In dem „Verzeichniss etlicher vornehmer mengel“ des Administrators von 1564 wird in
Punkt 10 darüber geklagt, dass die „vorige gestalte ordnung der disciplina“ an vielen Orten
„wiederumb in unordnung gerathen“.
Man wird es also wohl bei einer neuen Einschärfung haben bewenden lassen.
III. Dagegen bedurfte der dritte Punkt eingehender Berathungen, denn er betraf einen
Kernpunkt des Kirchenwesens. Wir finden daher eine ganze Reihe interessanter Gutachten im
Magdeburger St.A., M. II, Nr. 510, so Bl. 17 ff. über die Stellung der Obrigkeit, über Kirchen-
disciplin, über Errichtung eines Consistoriums, Reformation der Klöster. (Aus letzterem Gutachten,
welches nur wenige Jahre nach der Visitation Sigismund’s liegen kann, ersehen wir ferner,
dass auf die Visitation in Folge des am 13. September 1566 eingetretenen Todes des Erzbischofs
keine „Exekution“ gefolgt war.) Ebenda Bl. 65 ff. lesen wir ein Bedenken, welches sich der
Erzbischof „der Synoden, partikular-visitation und der ordination halben“ erstatten liess. Hier
wird das Verfahren Georg’s von Anhalt als Vorbild empfohlen. Dieser habe zwei Arten von
Visitationen eingeführt: generales und particulares. Die ersteren habe er in der Weise gehalten,
dass er alle Superintendenten zusammen kommen liess und sie examinirte, die zweiten so, dass
er alle Pfarrer seines Stifts einmal im Jahre zusammen kommen liess und jeden einzelnen
examinirte; darauf seien dann die Lokal-Visitationen der einzelnen Superintendenten gefolgt.
[Vgl. hierzu auch Bd. I S. 70 ff., Bd. II S. 4 ff. und Sehling, Kirchengesetzgebung unter
Moritz von Sachsen und Georg von Anhalt. Leipzig 1899. S. 81 ff.]
Das Gutachten äussert sich auch über materielles Eherecht. Es bemerkt , dass die
Cellische Ordnung, nach der man sich bisher gehalten habe, zwar für den Anfang gut gemeint
gewesen sei, jetzt aber nicht mehr ausreiche, und macht dann interessante Verbesserungs-
vorschläge. [Zu der Cellischen Ordnung vgl. Bd. I S. 97 ff.]
Die Berathungen über diese wichtige Angelegenheit führten nicht so rasch zum Ziele.
Der Nachfolger Sigismund’s († 15. September 1566), Joachim Friedrich von Branden-
burg, verfolgte den Plan weiter. In seine Regierungszeit fällt der umfangreiche Entwurf einer
Consistorial-Ordnung für das Erzstift, welcher sich im Staatsarchive Magdeburg (Erzstift M. II,
XXIII, Religion pp. 19; andere Bezeichnung: II, Nr. 517) in einer Handschrift des 16. Jahr-
hunderts auf 38 Blättern vorfindet.
Diese umfangreiche Ordnung ist ein Entwurf, welcher etwa 1580 verfasst ist. Derselbe
bedeutet einen gewissen Abschluss langjähriger Verhandlungen und bietet so viel Interesse an
sich, dass ein kurzer Bericht über die für das Erzstift vorgeschlagene Ordnung gewiss am Platze
ist. So wie er uns vorliegt, ist er eine Vorlage an den Fürsten. Im Auftrage desselben ist der
Entwurf übersehen und verbessert worden; auch sind einige Punkte, z. B. zu Punkt IV, im
Namen des Fürsten entschieden werden. Anderes dagegen hat auch diese Correctur dem
Fürsten selbst (so zu Punkt IV i. pr.) bezw., wo es sich um Geldfragen handelt, der Landschaft
anheimgestellt.
Ob der Entwurf ganz oder theilweise Gesetz geworden ist, vermag ich nicht zu sagen.
Er ist aber auch ohnedies so bemerkenswerth, dass er ausnahmsweise mitgetheilt werden soll,
und zwar auszugsweise. (Nr. 84.)
Ich spreche die Vermuthung aus, dass diese Consistorial-Ordnung oder der unten zu
nennende Entwurf von 1585 die dritte Quelle ist, welche bei der Ausarbeitung der Kirchen-
Ordnung des Schwedenkönigs Gustav Adolf für die Fürstenthümer Magdeburg-Halberstadt vom
Jahre 1634 zu Grunde gelegt wurde, und dass diese Consistorial-Ordnung oder dieser Entwurf
von 1585 mit der „Magdeburgischen Handschrift“ gemeint ist, welche nach dem Befehl des Königs
neben der kursächsischen Kirchen-Ordnung von 1580 und der coburgischen Kirchen-Ordnung
von 1626 (der sogen. Casimiriana) als Quellen dienen sollten. Zur Entstehungsgeschichte der
Kirchen-Ordnung Gustav Adolf's vgl. Arndt, in Deutsche Zeitschrift für Kirchenrecht 11, 254 ff.
 
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