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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0444

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Das Erzbisthum Magdeburg.

bei eintritt seines ambts, sich darnach habende zu richten, von wohlgemeldten rathe uber-
antwortet worden seie.“ Diese Nachricht ist irrig. Die Magdeburger Abschrift betrifft die an
zweiter Stelle zu nennende Kirchen-Ordnung Halles, bei welcher allerdings die Ordnung von
Jonas zu Grunde liegt. (S. auch unten S. 432.)
Im Rathsarchiv Halle befindet sich ein Aktenstück, welches die Aufschrift führt:
„Kirchenordnung der stadt Halle, 1541, 1552, 16. ., 1640, 1660.“ Das erste Stück in diesem
Bande trägt den Titel „Kirchenordnung der christlichen gemeine zu Halle.“ Darunter steht
von einer anderen Hand: „Temp. d. J. Jonae, qui advenit anno 1541, abiit anno 1552 concipiret,
aber nicht vollendet.“
Wir haben hier in der That die erste Kirchen-Ordnung von Halle vor uns.
Einleitung und Inhalt lassen darüber auch nicht den mindesten Zweifel. Es werden
von Jonas die ersten kirchlichen Verhältnisse, die Vertheilung der Amtsgeschäfte unter die (mit
Namen genannten) Pfarrer geregelt u. s. w. Nur Eines ist fraglich. Ist das, was wir in Halle
vor uns sehen, wirklich die definitive Ordnung des Jonas, oder nur eine Vorarbeit für dieselbe,
ein Entwurf? Denn die Handschrift hört im Abschnitt „Einzelner personen communion“ auf;
Franke, a. a. O. S. 295 ff. spricht daher von einem „Entwurf“. Seine Ansicht erhellt aller-
dings nicht deutlich. S. 152 spricht er von einer „vorläufigen kirchenordnung“, und auch
S. 296 hat er wohl mehr eine solche im Auge, als einen blossen Entwurf. Und das dürfte
auch wohl das Richtigere sein.
Die Namensnennung der Prediger ist unmöglich ein Grund dafür, einen blossen Entwurf
anzunehmen. Ebensowenig die geringe Ordnung in den Artikeln; sie erklärt sich aus der Natur
der Dinge, und kann Niemanden überraschen, der die sonstigen zeitgenössischen Kirchen-Ord-
nungen kennt. Allerdings bricht die besprochene Abschrift mitten im Artikel über „Einzelner
personen communion“ ab. Deshalb aber einen „unvollendeten Entwurf“ zu vermuthen , hiesse
doch zu weit gehen. Kann man nicht an ein Versehen des Abschreibers denken? (denn das
Halle’sche Exemplar ist nicht von Jonas’ Hand geschrieben, sondern von einer Copisten-Hand;
vgl. auch Franke gegen Wagnitz), oder kann nicht auch Jonas selbst diesen letzten Abschnitt
unvollendet gelassen haben? Die Handschrift sagt ja ausdrücklich, dass sie die Dinge nur regeln
wolle „bis .... vollkomenliche kirchenordnung daraus konnte gemacht werden“.
Dass Jonas nicht bloss einen „Entwurf“ gestellt, sondern eine wirkliche Ordnung ver-
fasst hat, steht fest. Wendet sich doch 1547 der Rath zu Querfurt mit dem Ersuchen an Jonas,
„die hallische kirchenordnung, wie es allhier in kirchen mit ceremonien zu halten, schriftlich
mitzuschicken, dass den predigern diese, sich darnach zu richten, möge vorgelegt werden“, und
bis zum Brande von 1678 war die von Jonas gesandte Abschrift in Querfurt vorhanden
(Franke, S. 296).
Aus dem Umstande nun, dass diese hallische Handschrift nach Einleitung und Inhalt
eine von Jonas herrührende erste Ordnung für Halle darstellt, dass kein zwingender Grund vor-
liegt, anzunehmen, dass Jonas auf der Grundlage dieses Schriftstückes als eines Entwurfes erst
eine eigentliche Kirchen-Ordnung verfasst habe, hiergegen vielmehr spricht die Vereinigung der
Handschrift in einem Fascikel mit den sämmtlichen Kirchen-Ordnungen zu Halle 1552, 16. .,
1640, 1660, sowie die Thatsache, dass der Ordnung von 1552 „unverkennbar der frühere Ent-
wurf [d. i. unsere Handschrift] zu Grunde liegt“ (Franke 297), eine weitere Kirchen-Ordnung
des Jonas aber zur Zeit nicht bekannt geworden ist, schliesse ich, dass wir es mit der ersten
Kirchen-Ordnung des Jonas in einer (leider nicht vollständigen) Abschrift zu thun haben. —
Sollte dies aber doch ein Irrthum sein und wir in der Halle’schen Handschrift wirklich
nur ein Concept für die Kirchen-Ordnung vor uns haben, so wäre dieses in Ermangelung der
eigentlichen Ordnung doch für das Verständniss der ersten Regelung der kirchlichen Dinge in
Halle so wichtig, dass wir es abdrucken würden.
 
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