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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0455

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89. Kirchen-Ordnung der christlichen Gemein zu Hall in Sachsen. 1573 (?).

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leute entweder trost oder vermahnung, auch wol
strafens bedörfen, ist es gut das dieselben dem
pfarherr des orts angezeigt werden, damit man
sich nach befindung der sachen gegen ihn erzeigen
könne, denn es nicht geringe sachen sind und oft
die gewissen bekümmern, und weil man dieses orts
die abortus zum begräbniss zu belauten pflegt,
soll die anzeigung billich zuvor geschehen und
mit den vätern geredt werden.
Von ordnung den h. ehe stand und spon-
salia belangende.
Diejenigen, so zum heiligen ehestand greifen
wollen, sollen in ihrer pfarr ihren pfarherrn mit
zweien personen beiderseits der nächsten freund-
schaft, so umb das verlöbniss wissen haben, den
tag zuvor, ehe sie sich wollen ausrufen lassen,
besuchen, und alda bericht thun auf des pfarhers
erkundigung, ob nicht hinderung sein möchte, von
wegen naher freundschaft, der eltern consens, oder
sonst unordnung, darüber man billig bedenken
hätte. Alda können nötige erinnerung geschehen
zur gottseligkeit dienstlich. Darauf sollen sie drei
sontage in ihrer pfarr, oder da sie in zweierlei
pfarr gehörig in denselben mit gebet proclamiret
werden, und ohne verrückung fest mit einem als
dem andern gehalten werden, aber frembde leute
sollen nicht eingelassen noch alhier copuliret
werden, sie bringen denn genugsam zeugniss, dass
ihrer ehe kein hinderung und sie ledig sein.
Zur hochzeitlichen ehren, in pompa nuptiali
soll man gewöhnlicher weise zur kirchen gehen,
jetzliche pfar kinder in ihrer pfarr. Mit gesang,
copulation, und fürlesung göttlichs worts und gebet
soll es nach anweisung des traubüchleins und
agenda gehalten werden. Wann aber jemand die
cantoren und organisten begehret und bestalt, so
hat es auch sein ordnung und mass, sich mit ihnen
zu vergleichen. Was auch von sponsalibus oder
auf bieten und andern bisher den pfarhern gebürt
hat, desgleichen den diaconis, ministris, cantoribus
und kirchendienern, soll man ihnen und jeglichen
in ihrer pfarr bleiben lassen. Ds soll keine
copulation in heusern geschehen, sondern die ehe
personen zu der1) kirchen gehen, wie man sagt
vom volzogenen ehestand, zur kirchen und strassen
gangen. Wo aber bewegende ursachen fürfielen in
heusern zu copuliren, die sollen dem superatten-
dendi und beiden pfarherrn S. Ulrich und S. Moritz
angezeuget werden, nach gelegenheit davon zu
deliberiren. Es sollen auch die bräutgam erinnert
werden, dass sie, nach ihrem stand die hochzeiten
anstellen, und nichts mit ihren schaden prachts
halben, dass ohne ergernuss nicht abgehet, für-
nehmen, auch wissendlich keine verruchte person,

1) C.: in die.
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II.

so gotteswort und die sacrament verachtet, zur
hochzeit bitten wollen.
Es soll auch gute ordnung der zeit halben
gehalten werden, dass diejenigen, so frue morgens
die copulation begeren, sollen in der metten oder
frue predigt in die kirchen sich finden, die aber
mittags hochzeiten oder kirchgang halten, sollen
für 10 uhr in die kirchen kommen, die aber auf
den abend wollen copulirt sein, sollen für 4 uhr
sich einstellen, und solches alles bei strafen drauf
gesetzt, damit ohne zerrüttung ordnung gehalten
werde.
Besuchung1) der kranken und com-
niunion in heusern.
In besuchung der kranken sol der super-
attendens selbst, auch iglicher pfarherr in seiner
pfarr, wo sie begert und erfordert2), sich gutwillig,
fleissig und christlich erzeugen. Die diaconi aber
und sonderlich die unterdiaconi sollen diejenigen,
so sie in leibesschwacheiten communicirt haben,
unerfordert in ihrer krankheit zu besuchen ver-
pflichtet sein. In zeit der sterbens leufte und tem-
pora pestis sollen die leute vermahnet werden,
das sie bei gesunden leibe beichten, mit dem
heiligen sacrament sich versehen, den kirchen-
diener mit gefahr in die inficirten heuser so viel
möglich zu verschonen. Wo aber darüber gleichwol
noch fürfiele, das leute beicht, sacrament, trost in
ihren nöthen begehren , sollen und wollen super-
attendens, die pfarherr und ihre diaconi und diener
des göttlichen worts ihren ampt nach sich mit
fleiss und christlichen beistand, trost und allen
treuen erzeugen.
Von der sepultura oder begrebnüssen.
Die christliche begräbnussen sollen zu ehren
und bekentnuss der seligen künftigen auferstehung
des fleisches (welches der gröste und herlichste
trost ist der christenheit) ehrlich und sollenniter
geschehen, mit beleitung der schulen, kirchen-
diener und gesängen, inmassen es im brauch ist.
Die gesäng sind im gesangbüchlein verzeugnet, Si
bona, scio quod redemtor, Durch Adams fall. Zur
solchen beleiten sollen die predicanten und schul-
diener, einer oder mehr, ganze schul oder ein
theil schüler, nach der person und freundschaft
gelegenheit, wie auch das geleit, ersucht und be-
stalt werden, und was für funeralia in den ort
und personen sich gebürt und bisher im brauch
gewesen, soll billich gegeben werden, sintemal es
pfarrrechte sind und von den alten auch wol
mehr zu aberglauben und missbrauch gegeben ist.
Doch kann man allezeit mit den armen dispensiren.

1) C.: Von besuchung.
2) C.: erfordert werden.

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