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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0467

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Magdeburg. 94. Ordenung vom kirchengerichte, bann, auch beruf etc. der prediger. Vom 17. Januar 1569. 453
94. Ordenung vom kirchengerichte, bann, auch beruf und enturlaubung der prediger. Vom 17. Januar 1569.
[Nach dem Originaldrucke.]

Ordenung vom kirchengerichte, bann,
auch beruf und enturlaubung der pre-
diger, als sich ein erbar rath der alten-
stadt Magdeburg samt den alten herrn
und einem erbarn ausschosse mit dem
ehrwirdigen minister io daselbst, anno
1569 verglichen, lautet wie folget:
Erstlich, so ein mann oder weib aus den ein-
wohnenden bürgern und bürgerinnen, wes standes
sie sein mögen, mit einem laster verhaft, welchs
noch der zeit nicht mit ergernus der gemein offen-
bar, sonder heimlich und in vertrauen den kirchen-
dienern fürgebracht, sollen die pfarrer und kirchen-
diener solche personen nicht alsbalt auf dem
predigstuhl ausrufen, sondern für sich erfordern,
deshalben anreden und aus gottes wort der be-
gangenen sünde halben strafen und freundlich
ermahnen, von derselben abzustehen und das leben
zu bessern.
Da aber solche warnung und beschehene
freundliche ermahnung nichts ausrichten, die an-
gezeigte person in ihren sünden fortfahren, darzu
mit vorergernus der christlichen gemein offenbar
würde, soll gedachter pfarer oder kirchendiener
noch einen oder zween aus seinen brüdern zu sich
nehmen und die berüchtigte person für sich er-
fordern, derselben ir ergerlich sündlich leben vor-
halten, aus gottes worte mit ernst strafen und zur
vorbesserung desselben treulich vormahnen und auf
versprochene besserung noch ferner zusehen und
sie weder von der heiligen tauf noch dem hoch-
wirdigen sacrament des leibs und bluts Christi ab-
halten, sonder noch ein zeitlang derselben zu-
gesehen werden.
Da aber nachmals nicht besserung erfolgen,
sonder die berüchtigte person in ihrem sündlichen
lesterlichen ergerlichen leben über alle beschehene
vermanung und strafen vortfahren und also neben
ihrer seelen ewig verderben auch die gemein
gotts unaufhörlich vorergern würde, alsdenn soll
dergleichen person für das ganze ministerium er-
fordert, dazu allwegen neben den kirchvetern in
einer jeden pfarr nach gelegenheit derselben etz-
liche mann beides aus dem rathstuhl und sunst
fürnehmen erbarn leuten, so der reinen lehr des
heiligen evangelii verwandt, auch aller christlichen
zucht, erbarkeit des friedens und einickeit lieb-
habern, mit zeitigem rath vorordnet, gezogen, die
berüchtigte ergerliche person fürgefordert, alles
ihres ergerlichen lebens, welcher gestalt sie über
alle warnung und strafen in denselben fortgefahren,
erzehlet und mit ernst aus gottes wort gestraft
und davon abzustehen mit höchster bedräuung

ermahnet werden, da sie von solchen laster nicht
abstehen wolte, das sie in den öffentlichen bann
erkennet und von der ganzen christlichen gemein
ausgeschlossen werde, darnach sie sich hette zu
richten.
Im falle nun auch solche vermanung im namen
der kirchen beschehen, nichts ausrichten würde,
alsdenn erst, und ehe nicht, soll desselben orts
pfarer solche person von der canzel herab auf
form und weis, wie sich das ehrwirdig ministerium
samt den kirchvetern und zugeordenten personen
vergleichen und der gemein gottes auch der straf-
barn person zur besserung am allerdienstlichsten
sein würde und nicht ehe namhaft machen und
in bann thun.
So dann sich ermelte person bessern und von
ihrem sündlichen leben abstehen und begehren
würde, das sie wiederumb in die gemein gottes auf-
genommen werde, sollen sich das ministerium samt
den kirchvetern und verordenten mit einander be-
reden , ob die person, so in bann erkannt, der-
massen bus gethan, darbei abzunehmen, das ihr
besserung ein ernst, wann und welcher gestalt sie
wiederumb aufgenommen und mit der gemein gottes
versönet werden solle.
Damit auch ein pfarrer, beides in verkündung
des bannes oder aufnehmung der person nicht sein
eigen affectum wider den willen des ministerii und
der verordenten gebrauchen oder sonst aus un-
verstand etwas mit laufen lasse, dadurch die ge-
bannete person verbittert, oder die gemein gottes
verergert werden möcht, soll dem pfarherrn all-
wegen ein form, deren sich das ganz ministerium
samt den kirchvetern und verordenten verglichen,
schriftlich zugestellet und auferleget werden, nichts
darzu, noch darvon zu thun, sondern wie der buch-
stabe vermanet, mit gebührender bescheidenheit
von der canzel ab vorlesen.
Es sollen auch hinfüro die pfarer und kirchen-
diener, da ein person, so mit öffentlichen lastern
beschreiet und ungestraft blieben, ein erbarn rath
auf der canzel nicht ausrufen, dann solches ofter-
mals einen erbarn rath verborgen sein und bleiben
möcht, sonder da sich dergleichen fehl und mangel
zutragen würden, sollen sie einem erbarn rath
dessen ad partem berichten, welche alsdann un-
vormehret ihrer person gegen denselben gebürende
straf fürnehmen sol, darmit also beides die kirchen-
straf und ernstlich einsehen der obrigkeit einander
die hand bieten und nicht mit ergernus wider
einander laufen.
Solcher gestalt würden die laster nicht un-
gestraft bleiben, niemand unbedacht und nachtheilig
auf der canzel verrufet noch ungebürlich und ohne
 
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