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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0519

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Das Fürstenthum Anhalt.

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ergiebt sich zur Evidenz daraus, dass er überall in der Ordnung an die Stelle des Kurfürsten
von Sachsen die Fürsten von Anhalt gesetzt hat; so hat er im Gebet im Abschnitte „Ordnung der
Messe“ die Worte „und unsere herrschaft herzogen Moritzen, kurfürsten und seiner kurfürst-
lichen gnaden bruder, gnediglichen bewahren“ ersetzt durch „und unsere gnädige herrschaft
und ihrer gnaden vettern“ oder „und unsern gnädigen fürsten N. N. sampt dem löblichen ganzen
hause Anhalt“.
Als Ganzes wurde diese für Anhalt angepasste Interimsagende auch hier nicht publicirt.
Aber mit vollem Herzen hing Georg an seiner Schöpfung, und wo sich Gelegenheit bot, griff
er auf sie zurück. Als im Jahre 1551 ff. die Geistlichkeit die Einführung der öffentlichen
Busse begehrte (worüber unten näher gehandelt werden wird), schlug Georg die Bussform der
Interimsagende vor. Der Passus in dem Brief an die Hofräthe vom 3. Juli 1552 (oder 1553)
lautete: „Die forma publicae poenitentiae davon wir an die geistlichen meldung thun und inen
beineben zuschicken, werdet ir in der geschrieben grossen agenda, so wir unserm freundlichen
lieben bruder selig zugeschickt haben, befinden.“
Und in dem hier angezogenen Schreiben an die Geistlichen vom 2. Juli [beide Schreiben
im Concept im St.A. Zerbst, K. 55, Vol. V, fol. 206, Nr. 43] klagt der Fürst: „Haben wir neben
den andern herrn, so solches befehl gehapt, in gestalter kirchenordnung unter andern solchen
process, davon wir euch hiebei abschrift zuschicken, verfasset und wie wol dieselbe kirchen-
ordnung oder agenda in einer sonderlichen anzal erlicher gelerter doktoren, superattendenten
und pastoren in sechsischen landen gelesen, belibet und approbirt, so haben doch etliche (aus
was affect befelen wir got) dieses alles, wie wol sie es doch nicht gesehen zum ergesten aus-
gelegt und ausgeschrieben, dadurch es verhindert, das diese und andere besserliche ordnung also
stecken bliben und durchaus nicht in das werk gebracht.“
Dieser Passus ist sehrbemerkenswerth Man sieht, obwohl die Thaten des Kurfürsten
Moritz auch Anhalt von den Gefahren des Interims und von der Nothwendigkeit irgendwelcher
Rücksichtnahme auf die Wünsche des Kaisers befreit hatten, hielt Georg an der Interims-
agende fest. Er war von dem evangelischen Charakter und der Vortrefflichkeit seines Werkes
überzeugt und blieb es bis zu seinem Tode.
Die hässlichen Angriffe der Flacianer (vgl. Sehling, Kirchengesetzgebung, S. 115 ff.), denen
Georg allerdings völlige Unkenntniss der wahren Sachlage vorhalten konnte, hatten ihn in dieser
seiner Überzeugung nicht wankend machen können. Aber ihnen schrieb er es (und mit Recht)
zu, dass die Agende in Sachsen nicht in Kraft getreten war; und man kann es zwischen den
Zeilen lesen, dass diese Angriffe auch Georg von der beabsichtigten Einführung der Agende in
Anhalt abgehalten haben. Er beklagte es, aber den Muth, den Flacianern zu trotzen, hat er
doch nicht besessen. Ja, sogar von der Einführung der Form der öffentlichen Busse nach der
Agende, die er nach seinen eigenen Worten 1552 sehr gerne gesehen hätte, hat er in demselben
Schreiben als zur Zeit noch unthunlich abgerathen. Dafür waren aber andere Erwägungen be-
stimmend. (Vgl. unten.)
Ist somit die Interimsagende weder in Sachsen noch in Anhalt thatsächlich in Kraft
getreten, so ist sie doch ein höchst bemerkenswerthes Denkmal der evangelischen Kirchen-
geschichte und für Anhalt um so bemerkenswerther, als hier ihre Einführung von dem grossen
anhaltischen Gesetzgeber projektirt war und von diesem bis zu seinem Tode für wünschens-
werth gehalten wurde.
Ein Abdruck der vollständigen sächsischen Interimsagende mit den zum Theil sehr
bedeutsamen Abänderungen für Anhalt würde sich daher gerechtfertigt haben. Nur Rücksichten
auf den Umfang des Buches zwingen mich, davon an dieser Stelle Abstand zu nehmen.
Die forma publicae poenitentiae der Interimsagende, von welcher im Vorstehenden so
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II. 64
 
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