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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0523

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Das Fürstenthum Anhalt.

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und das gemeine volk und gesinde die hauptstück unserer christlichen religion desto öfter er-
innert und dieselben zu lernen angehalten würde.“ Ihre Besoldung sei ungenügend. „Belangend
den synodum können wir denselben wohl dulden, so er dahin gerichtet und angestellt, das under
uns sämtlichen einigkeit und gleichförmigkeit in den artikeln unserer christlichen lehr und reli-
gion, nach forma und weis locorum Philippi, der Augsburg, confession, und den schriften Lutheri
erhalten, und ergerlichem leben und gezenke gesteuert, auch dadurch die unvleissigen pastores
ufm land zum studiren gedrungen wurden.“
Sehr charakteristische Klagen werden über die Besoldung der Schullehrer vorgetragen.
Die Schullehrer taugten deshalb nichts. „Sie wissen, das gelerte, betagte und ernsthafte ge-
sellen zu dieser püffelarbeit mit solchem jemmerlichen lohne nicht zu vermogen sein. Darum
muss man mit eulen beizen, wenn man habicht nicht erhalten kan und für kupfern geld kupfern
seelmessen halten lassen, denn es will des heiligen grabes niemand umbsonst warten. Der
custos soll die feiertage zur fruepredigt in puncto quintae, umb 8 zur messe, umb 1 zur vesper,
und die wochentage um ½ 7 leuten.“.
In den Städten war, wie man aus dem Vorstehenden entnehmen kann, nicht mehr viel
Grundlegendes zu ordnen. Deshalb betrafen auch die Verhandlungen dort, ausser nebensäch-
lichen Dingen, zumeist nur finanzielle Angelegenheiten.
Anders stand es auf dem platten Lande. Hier mussten die Visitatoren Anordnungen
schwerwiegender Art treffen. In den Ceremonien fanden sie grosse Verschiedenheiten vor. Sie
ordneten an, dass sich alle Pfarrer bis zum Erlasse einer Landesagende nach der alten fürst-
lichen Kirchen-Ordnung, wie sie zu Zerbst im Gebrauch sei, richten sollten; der Katechismus-
unterricht wurde eingerichtet, die Ordnung der Predigten geregelt u. s. w. Alle ihre Anord-
nungen haben die Visitatoren in einer Ordnung vom 22. Juli 1562 vereinigt und den Geistlichen
zur Darnachachtung publicirt. Der Landesherr hat diese Ordnung bestätigt. Wir drucken die-
selbe nach dem von sämmtlichen Visitatoren unterzeichneten Exemplare, welches Fabricius seiner
Zusammenstellung einverleibt hat, erstmalig ab. (Zerbst, Superintendentur-Archiv XXIX,
Bl. 179 ff.) (Nr. 120.)
Die Visitation, welche Fabricius 1567/1568 vornahm, betraf vorwiegend finanzielle An-
gelegenheiten. Man vergleiche auch die sogleich zu nennende Visitation des Cöthen’schen An-
theils und weiter unten die parallel gehende Visitation in Dessau unter Fürst Bernhard. Die
Instruktion für diese Visitation war wörtlich einer Instruktion für den Superintendenturbezirk
Dessau entnommen, welche Fürst Joachim 1557 erlassen hatte, und welche wir unten S. 510,
Z. 31 ff. näher charakterisirt haben. Wenigstens stimmt die (im Superintendentur-Archiv Dessau,
I. Hauptabtheilung, 3. Unterabtheilung, Nr. 1 erhaltene) Instruktion Bernhard’sfür die Visi-
tation von 1567/1568 fast wörtlich mit ihr überein. [S. unten bei Bernhard.] Es ist wohl an-
zunehmen, dass Joachim Ernst für seinen Landestheil das Gleiche ungeordnet habe.
Bemerkenswerth sind die Vereinbarungen, die mit den Gemeinden zur Hebung des
Kirchenbesuches getroffen wurden. So findet sich bei der Gemeinde Steckby folgende „Wilkor
wegen der predigt“ (Zerbst, Superintendentur-Archiv XXIX, Bl. 187 ff.): „Es haben auch
schultheiss und die ganze gemeinde einmütiglich verwilliget anno domini 65 und 67 an dienstag
nach vocem jucunditatis, dass sie sampt iren weibern und sovil muglich mit iren kindern und
gesinde in der predigt des evangelii und catechismi kommen und bleiben wollen, und wer mut-
williglich ohne erlaubniss des pfarrhers und schultheissen ausbleibe, 5 dt. geben soll und sollen
diese 5 dt. ein halb zum bau der kirchen und ein halb in die nachbarschaft gegeben werden.
Der pfarrherr, kuster und schultheisse sollen sie anschneiden und die straf fordern, darzu inen
der superintendens behulflich sein soll.“ Ähnliche Abmachungen bezw. Anordnungen finden
sich in anderen Gemeinden. Die Beträge schwanken. In Bias: 20 dt., Eichholz: 14 dt.,
Nieder-Lepte: 10 dt., Hohen-Lepte: 20 dt., Steutz: 15 dt., Rietzmeck: 6 dt., Bone: 1 gr.,
 
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