Das Fürstenthum Anhalt.
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die vielfach so heftig angefeindet wurde, bei diesem seinem Bekenntniss von 1585 aus-
wärtigen Rathe das entscheidende Gewicht eingeräumt hatte; Amling hat später seine Unter-
schrift unter dieselbe auch, als irrthümlich abgegeben, zurückgenommen; es mochte seiner Eitel-
keit mehr entsprechen, seine eigenen Arbeiten als gleichwerthig neben die grossen Symbole der
Reformatoren und die Schriften Luther’s, Melanchthon’s und Georg’s zu stellen.
Mochte sich nun auch die anhaltische Theologie, unter Führung Amling’s vielfach eigene
Wege gehend, von derjenigen Kursachsens entfernt haben, so glaubte sie doch gewiss damit nur
die reine, überkommene Lehre zu vertreten. Im Jahre 1585 verwahrten sich die Anhalter aus-
drücklich dagegen, dass in ihren Lehren, speciell in der zu Cassel übergebenen Confessio und
der darauf erfolgten deutschen Apologie, eine Abweichung von der Augsburger Confession und
dem Katechismus Luther’s enthalten sei. (Duncker, Anhalts Bekenntnissstand, S. 25 ff.)
Zur officiellen sächsischen Theologie stand auch der Fürst im Gegensatz. Den neuen
Lehrmeinungen, die von der lutherischen Orthodoxie Sachsens ausgingen, insbesondere der Ubi-
quitätslehre gegenüber, hatte auch er sich ablehnend verhalten — alles aber nur in der festen
Uberzeugung, dass er damit seinem Lande die reine, lutherische Lehre seiner Ahnen bewahre.
Übrigens neigte auch er zur Versöhnung und war wie Georg mehr für die Betonung
des Gemeinsamen als für die Hervorkehrung der Gegensätze, ein Anhänger der Denkweise
Melanchthon’s. Verschiedene Convente unter seiner Regierung liefern hierfür Zeugniss, so der
Zerbster Convent von 1570 (vgl. Duncker, Anhalts Bekenntnissstand, S.6 ff.; Allihn, a. a. O.
S. 12 ff); die Concordienformel schien ihm diesen Zielen zuwiderzulaufen, die Gegensätze erst
recht zu verschärfen, er war daher zur Unterschrift derselben nicht zu bewegen.
Mancher wegen Verdachts des Kryptocalvinismus aus Sachsen vertriebene Geistliche
fand in Anhalt Unterkommen und Anstellung. Dass der Fürst und das Land durch alle diese
Vorgänge bei der damaligen gereizten Stimmung und übergrossen Empfindlichkeit in diesen
Dingen leicht in den Verdacht des Calvinismus gerathen konnte, ist klar. Hierzu kam, dass in
den heftigen literarischen Auseinandersetzungen, wie sie wegen des Concordienwerkes zwischen
den anhaltischen Theologen, deren Führer Amling war, und den Gegnern, vor Allem Hesshusius,
geführt wurden, den Anhaltinern, besonders Amling, der Vorwurf sacramentirerischer Lehre
gemacht worden war. Um jedoch jedem Verdacht und Vorwurf vorzubeugen und durch einen
landesherrlichen Akt die Übereinstimmung mit dem Bekenntnisse seiner Vorfahren klar zu be-
weisen, berief der Fürst fünf seiner angesehensten Theologen (Amling, Dragendorf, Haring, Brendel,
Streso) nach Dessau, liess ihnen durch seine Hofräthe eine Vorlage (propositio) machen und
forderte ihre deutliche Erklärung namentlich in Bezug auf die Abendmahlslehre. Diese Er-
klärung vom 18. Februar 1585 fiel zwar im Wesentlichen in einem dem Fürsten erwünschten
Sinne aus. Der Fürst holte jedoch noch die Gutachten auswärtiger unparteiischer, lutherischer
Theologen ein. So schrieb er nach Nürnberg und Magdeburg. Von Magdeburg wurden über
die Erklärung der anhaltischen Theologen mancherlei Bedenken geäussert. Diese Bedenken
wurden den Verfassern der ersten Erklärung mit der Aufforderung mitgetheilt, ihre Confession
so klar und unzweideutig abzufassen, dass daran nichts zu tadeln sei. Theologen und Politici
traten in erneute Verhandlungen ein und verfassten das „Kurze und wahrhaftige bekenntniss vom
heiligen abendmahl, wie man in den kirchen des fürstenthums Anhalt von anfang des evangelii
bis auf diese stunde aus gottes wort einträchtig davon gehalten, geglaubt und gelehret hat,
und dabei auch ferner in gottes namen einfältig und beständiglich zu lehren, zu glauben und
zu verharren gedenket“.
Dieses Bekenntniss liess dann der Fürst von sämmtlichen Geistlichen des Landes unter-
schreiben. Vgl. das Nähere hierüber und über die älteren Abdrucke der Urkunde bei Duncker,
Anhalts Bekenntnissstand, S. 38 ff. Der Fürst ordnete weiter an, dass in Zukunft jeder Geistliche
sich durch Unterschrift zu dieser Confessio bekennen solle, und ertheilte seinen Räthen Sigmund
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II. 67
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die vielfach so heftig angefeindet wurde, bei diesem seinem Bekenntniss von 1585 aus-
wärtigen Rathe das entscheidende Gewicht eingeräumt hatte; Amling hat später seine Unter-
schrift unter dieselbe auch, als irrthümlich abgegeben, zurückgenommen; es mochte seiner Eitel-
keit mehr entsprechen, seine eigenen Arbeiten als gleichwerthig neben die grossen Symbole der
Reformatoren und die Schriften Luther’s, Melanchthon’s und Georg’s zu stellen.
Mochte sich nun auch die anhaltische Theologie, unter Führung Amling’s vielfach eigene
Wege gehend, von derjenigen Kursachsens entfernt haben, so glaubte sie doch gewiss damit nur
die reine, überkommene Lehre zu vertreten. Im Jahre 1585 verwahrten sich die Anhalter aus-
drücklich dagegen, dass in ihren Lehren, speciell in der zu Cassel übergebenen Confessio und
der darauf erfolgten deutschen Apologie, eine Abweichung von der Augsburger Confession und
dem Katechismus Luther’s enthalten sei. (Duncker, Anhalts Bekenntnissstand, S. 25 ff.)
Zur officiellen sächsischen Theologie stand auch der Fürst im Gegensatz. Den neuen
Lehrmeinungen, die von der lutherischen Orthodoxie Sachsens ausgingen, insbesondere der Ubi-
quitätslehre gegenüber, hatte auch er sich ablehnend verhalten — alles aber nur in der festen
Uberzeugung, dass er damit seinem Lande die reine, lutherische Lehre seiner Ahnen bewahre.
Übrigens neigte auch er zur Versöhnung und war wie Georg mehr für die Betonung
des Gemeinsamen als für die Hervorkehrung der Gegensätze, ein Anhänger der Denkweise
Melanchthon’s. Verschiedene Convente unter seiner Regierung liefern hierfür Zeugniss, so der
Zerbster Convent von 1570 (vgl. Duncker, Anhalts Bekenntnissstand, S.6 ff.; Allihn, a. a. O.
S. 12 ff); die Concordienformel schien ihm diesen Zielen zuwiderzulaufen, die Gegensätze erst
recht zu verschärfen, er war daher zur Unterschrift derselben nicht zu bewegen.
Mancher wegen Verdachts des Kryptocalvinismus aus Sachsen vertriebene Geistliche
fand in Anhalt Unterkommen und Anstellung. Dass der Fürst und das Land durch alle diese
Vorgänge bei der damaligen gereizten Stimmung und übergrossen Empfindlichkeit in diesen
Dingen leicht in den Verdacht des Calvinismus gerathen konnte, ist klar. Hierzu kam, dass in
den heftigen literarischen Auseinandersetzungen, wie sie wegen des Concordienwerkes zwischen
den anhaltischen Theologen, deren Führer Amling war, und den Gegnern, vor Allem Hesshusius,
geführt wurden, den Anhaltinern, besonders Amling, der Vorwurf sacramentirerischer Lehre
gemacht worden war. Um jedoch jedem Verdacht und Vorwurf vorzubeugen und durch einen
landesherrlichen Akt die Übereinstimmung mit dem Bekenntnisse seiner Vorfahren klar zu be-
weisen, berief der Fürst fünf seiner angesehensten Theologen (Amling, Dragendorf, Haring, Brendel,
Streso) nach Dessau, liess ihnen durch seine Hofräthe eine Vorlage (propositio) machen und
forderte ihre deutliche Erklärung namentlich in Bezug auf die Abendmahlslehre. Diese Er-
klärung vom 18. Februar 1585 fiel zwar im Wesentlichen in einem dem Fürsten erwünschten
Sinne aus. Der Fürst holte jedoch noch die Gutachten auswärtiger unparteiischer, lutherischer
Theologen ein. So schrieb er nach Nürnberg und Magdeburg. Von Magdeburg wurden über
die Erklärung der anhaltischen Theologen mancherlei Bedenken geäussert. Diese Bedenken
wurden den Verfassern der ersten Erklärung mit der Aufforderung mitgetheilt, ihre Confession
so klar und unzweideutig abzufassen, dass daran nichts zu tadeln sei. Theologen und Politici
traten in erneute Verhandlungen ein und verfassten das „Kurze und wahrhaftige bekenntniss vom
heiligen abendmahl, wie man in den kirchen des fürstenthums Anhalt von anfang des evangelii
bis auf diese stunde aus gottes wort einträchtig davon gehalten, geglaubt und gelehret hat,
und dabei auch ferner in gottes namen einfältig und beständiglich zu lehren, zu glauben und
zu verharren gedenket“.
Dieses Bekenntniss liess dann der Fürst von sämmtlichen Geistlichen des Landes unter-
schreiben. Vgl. das Nähere hierüber und über die älteren Abdrucke der Urkunde bei Duncker,
Anhalts Bekenntnissstand, S. 38 ff. Der Fürst ordnete weiter an, dass in Zukunft jeder Geistliche
sich durch Unterschrift zu dieser Confessio bekennen solle, und ertheilte seinen Räthen Sigmund
Sehling, Kirchenordnungen. Bd. II. 67