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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0561

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111. Ausschreiben der Fürsten Wolfgang, Johann, Georg und Joachim. Vom 3. October 1541.

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vorfallen und sie zu vorbitterung geraten, brengt
es gros nachteil und schaden, das sie ubel mit-
einander dor nach der kirchen vorstehen, vor-
ursacht auch ergernis und allerlei unrat.
Darumb alsbald ein superattendent ader com-
missarius das vormerkt, soll er die jenigen, so irrig
stehn, vorfodern, die gebrechen vorhoren, sie durch
gotlich wort vorinnern, vormanen, und entlich
guticklich wider vorsünen, allen unwillen stillen,
hinlegen und vertragen, und die jenigen, die sich
do wolten lassen mit eignem harten sin ader ge-
mut ader halstarrikeit vermerken, bedrauen, und
so es not, auch ex autoritate commissionis gebur-
lich strafen.
Nachdem auch das jenige, was zu ordentlich
kirche bestellung gehort, durch doct. Mart. Luther
und durch d. Philip. Melanchton selb vleissig in ein
summa gefasset in buchlin, wilchs titel hat orde-
nung ader unterricht der visitator in der chur zu
Sachsen, soll der her pfarrer zu S. Niclas und
ministri huius ecclesiae das selbig buch mit vleis
lesen, dorneben der ordnung, so itzund zu Wittem-
berg im werk gehet, bericht nehemen und allen
vleis haben, wie auch apostel Paulus 1. Corinth. 14
befilet, das in der kirchen alles ordentlich mit aller
zucht, gottes furcht und ernst soll zugehen, dan
was wolt das zuletzt vor ein zuruttung brengen,
das in einer stadt, do nit mehr dan 2 oder 3 pfarre
sein, ungleicheit im gottsdienst, ofte zwispalt in
der lere, auch vorbitterung unter den kirchdinern
sein solte, ader das itzlicher nach seinem eigen
heupt die ceremonien wolt zuvorrucken und zu-
vorendern habe sein gefallens. Aber neben diesem
allen sollen beide seelsorger und pfarrer den fur-
nemsten hochsten vleis vorwenden, ire herde zu-
weiden mit der trostliche lere des heiligen evan-
gelii von Jesu Christo, das volk zu unterrichten
in den hochsten aller notigsten artikeln und mit
vleis einzubilden doctrinam fidei ader de justi-
ficatione, das ist die lere von erkentnis Christi
von vorgebung der sunde etc., item was gesetz,
was evangelium ist, item von rechten christlichen
werken, von der tauf, vom sacrament, von der
oberkeit, von dem ehestand, vom gebet, von
menschlichen satzungen etc. alles dermassen, wie
in der confession und apologei der fursten, do
Anhalt auch unterschriben, gefasset, item das volk
zu unterrichten von christlicher freiheit, worzu
eusserlich gut kirchnordnung nutz ist, item das
111. Ausschreiben der Fürsten Wolfgang, Johann,
[Aus Zerbst, Superintendentur-Archiv,
Von gottes gnaden wir Wolfgang, Johanns,
Georg dumbprobst zu Magdeburg etc. und
Joachim vetter und gebrüder, fürsten zu Anhalt,
grafen zu Ascanien und herrn zu Bernburg etc.

keine eusserlich ordenung ader ceremonien dorumb
gehalden werde, domit den himmel und vor-
gebung der sunde zuvordienen, sonder das dis
leben uf erden, umb der unerfarnen und jungen
leut willen, auch umb der einfeltigen gemeinen
leut willn, nit ane ceremonien sein mag, etliche,
anleitung haben muss, wie aller kirchen regiment
exempele und ecclesiarum formae et status von
der apostel zeit her anzeigen.
Entlich nachdem kirchen regiment nit so ein
geringe sach ist, (als sich itzund die weld dorzu
stellet), als solle sich die kirchen selb regiren,
selb in ordnung christlich zucht bauen und er-
halden, sonder ein hohe gottlich ampt ist, zu be-
wachen, zu weiden die scheflin und herde Christi,
wie der apostel Paulus in act. 20 anzeigt, und
wie auch gottfurchtige christliche lerer ein sprich-
wort gehabt, ars artium cura animarum, so ist nit
alles muglich in korz schrift zu fassen.
Der christlichen kirchen ligt die grossmacht
doran, das die lere rein und lauter gehe, das das
heilich predigampt und vera apostolica sedes ader
cathedra wol bestallt und erhalden werden, dor-
von des babsts decretales, wie weitleuftig sie sind,
nit vil meldung thuen, mit statuten ists doch nit
alles zu fassen, vleissige und gottfurchtige seel-
sorger, so sie das evangelium mit ernst meinen
und der seelen heil suchen, werden wol doruf
acht geben, das auch in eusserlichem gotts dienst
und geburlich kirchen reverenz und zucht kein
unordnung, kein wust zuruttung geliden werden,
wue aber etwa gebreche furfiele an der lere ader
ander, soll all zeit mit vorwissen der landsfursten
m. g. h. und durch den rath und oberpfarrer
rath bei berumbten universiteten und gelerte der
heiligen schrift gesucht werden. Gott gebe sein
gnade. Amen. Justus Joas doctor1).
[Darunter drei Abkürzungen, die ich als:
praepositus Wittenbergensis subscripsit entziffern zu
sollen glaube.]
Zusatz von Jonas’ Hand: 1. Vom hospital,
wilcher mir wol gefellet und ein christlich be-
stellung ist, ist weiter zu reden.
2. Item von einem treuen vleissigen medico,
stadtarzte, dorvon m. g. h. auch erwänung von getan,
ist weiter vor zu ratschlahen und zu reden.

1) Die Unterschrift mit den Abkürzungen rührt
von Jonas selbst her.
Georg und Joachim. Vom 3. October 1541.
XXVIII, Bl. 272b. Vgl. oben S. 497.]
entbieten allen und jeglichen pfarrherrn und unsern
unterthanen, wes standes sie sind, unsern gruss
und gnädigen willen zuvor.
Würdige, erbare und ersame, lieben, an-
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