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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0609

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139. Ordnung wie es mit dem gottes dinst in der kirchen gehalten wird zu Gerenrode.

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1570—1577, Sibilla von Anhalt 1579—1481, Agnes Hedwig von Anhalt 1581—1586, Dorothea
Maria von Anhalt 1586 —1593, Sophie Elisabeth von Anhalt 1593 —1614.] Bei Vermählung
dieser Äbtissin im Jahre 1614 wurde das Stift von Anhalt eingezogen.
139. Ordnung wie es mit dem gottesdinst in der kirchen gehalten wird zu Gerenrode.
[Aus Zerbst, Herzogl. Staatsarchiv, Vol. V, fol. 209 Nr. 9.]

Erstlich hat doctor Martinus ime nicht gefallen
lassen, das die freuchen alleine in vorschlossener
kirchen (wie vormals geschehen) lateinische psalmen
singen, sondern das sie viel meher mit dem ganzen
chor in gemein deudsche gesenge, die sie vor-
stehen, und litanias singen helfen sollen, darzu man
teglich für mittage eine stunde und darnach auch
eine stunde vorordenen möchte. Were es auch,
das man gelerte leute und prediger haben kont,
were es gut, das man teglich, oder ja uber den
andern tag, für mittage eine predige bestellete und
die freuchen gots wort hören und lernen liesse.
Dieweil man auch eine schule angerichtet und
schüler hette, das also lateinische geseng und
sonderlich psalmen zur vesper mit unter laufen
möchten, welche die freuchen nicht vorstünden, so
solt man sie unter des bei inen selbs im neuen
testament oder anderer götlichen schrift etwas
lesen lassen , domit die zeit nicht vorgeblich hin
ginge. Wen nun solchs geschehen und der gots
dinst in der kirchen volbracht, salt man die freuchen
in andern ubungen, so zur haushaltung und sonst
dienlich und von nöthen, auferziehen und sich
brauchen lassen. Hierauf ist die ordnung bestellet
und vorfasset wie volget.
An sontagen und feiertagen leutet man um
sieben, und, wo communicanten sein, wird eine messe,
wie euer lieb selbs in beisein geschen, bestellet
und gehalten. Nemlich das zum ersten die zehen
gebot gottes, in gesangs weise vorfasset, oder zu
etzlichen festen der introitus lateinisch, darnach
das kirieeleison mit dem gloria in excelsis und
wird gesungen, darauf ein collect und die epistel,
als den ein deudsch lied oder der sequens, und
volgend das evangelion fürm altar gelesen, darnach
das deudsche patrem und die predige. Nach der
predigen, wen das gemeine gebet und alles vol-
endet, singt man das sanctus, wie es aus dem
propheten Isaia gezogen und in ein deudschen ge-
sang bracht ist, darauf sein bisher die wort der
einsetzung des hochwirdigen sacraments furm altar
als bald gesungen (itz aber aus e. l. rat haben
wir anfahen lassen, für der consecration das vater
unser zu singen), darnach den leuten das sacra-
ment gereicht, und letzlich mit dem gesang: Got
sei gelobet, einer collecten und dem segen die
mess geendet. Wen aber keine communicanten
sein, das sich doch an sontagen sehr selten oder

fast kein mal zu tregt, singt man allein für und
nach der predigen geistliche lieder deudsch.
Nach essens umb zwelf wird wider zur pre-
digen und vespern geleutet, do singt man erstlich
mit dem ganzen chor die zehen gebot, wie die aufs
kurzest in dem gesang Mensch wiltu leben selig-
lich seind beschlossen, und das deutsche Te deum
laudamus mit zweien chören, als den wird der
catechismus recitirt und nach einander ordentlich
ausgelegt; wen die predige geschehen, singt man
ein deudsch lied und darauf die vesper lateinisch,
letzlich pro pace mit der collecten.
Die feier tage,so man helt, sein diese.
Aller aposteln fest.
Marien lichtmess, vorkundigung und heim-
suchung.
Des neuen jars tag.
Der heiligen drei könige tag.
Himelfart Christi.
Joannis des teufers tag.
Mariae Magdalenae.
Michaelis.
Doch werden die fest, so nicht aus dem evan-
gelio ergrundet, alleine fur mittage und nicht dar-
nach gefeiert.
Dinstags, mitwochs, donnerstags und
freitags
lesset man umb achten leuten, ob jemand sich zur
kirchen finden wolte. Alsden singet man mit dem
ganzen chor erstlich die zehen gebot oder ein
ander geistlich lied, wie am sontage, darnach die
deutsche litanias und wider ein geistlich lied. Als-
den wird ein predige [fehlt: gehalten] und nach
der predigen mit aber einem deudschen lied und
einer collecten beschlossen.
Nach mittage, wen der seiger zwei schlehet,
alle tage, ausgeschlossen den sontag und die feier-
tage, so leutet man zur vesper; die wird lateinisch
mit den schülern alleine gesungen, die freuchen
aber haben dieweil itzligs sein buch und lesen
etwas aus der heiligen schrift und wort gottes.
Wen die vesper vollendet, so singt man wider ein
geistlich lied mit ganzem chor, und darnach zwen
knaben für dem altar kniend pro pace, denen der
ganze chor antwortet, darauf also bald eine collect
pro pace gelesen und also den tag beschlossen.

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