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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0081

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Kirchenordnung Joachim’s II. von 1540.

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geeignet wird, zu suchen nicht unterlassen, solchs
dienet auch darzu, das mancher desterbas nach
seiner notturft unterrichtet, mit sterkerm glauben
das hochwirdig sacrament empfahet. Es mocht
auch bei manchem soviel gelegenheit befunden
werden, das im mehr zu rathen, vom sacrament
zu bleiben, so er anders das zum gericht nicht
nemen wolt; ja, es mochten auch die ursachen fur-
komen, das es derhalben keinswegs zureichen were.
Ob aber etliche widerspenstige geister wurden
sprechen, man wolte die erzwungen beicht wider
aufrichten, den sol man sagen, nein, denn nie-
mand sol gezwungen sein, das er muste sein sund
dem priester erzelen und alle nach einander her-
sagen. Man sol aber darum den gewalt und be-
felch Christi: wem ir sein sund vergebt, dem sein
sie vergeben, keinswegs verachten, denn es gar
ein theurer und edler schatz ist, den betrübten
angefochten gewissen, wenn der satan uns unser
sunde furhelt, als seien sie so gros, das sie uns
nicht mögen vergeben werden, wie er denn das
meisterlich kann und zu thun pflegt, wenn er uns
in grossen anfechtungen und unglücken oder in
schneller todsforcht oder in den rechten todsnöten
ergreift. Darum sol man das volk unterrichten,
das sie solche verzeihung, entpindung oder ab-
solution bei iren kirchendienern suchen, denn
Christus hat den gewalt und befelch selbs geben,
darum wird derselbig warlich kraft haben, so
dorfen sie auch darum nicht beichten, das von
wegen erzelung der sunden dieselben vergeben,
denn ein priester kann ein sunde, die im ver-
decket ist, gleich so wol an gottes stad vergeben,
die im geoffenbaret wird, wenn der sünder nur
seine sunde fur gott bekennet und bereuet, be-
geret verzeihung und glaubt festiglich, er hab
solchen gewalt hieniden auf erden gelassen der
christlichen kirchen und iren dienern, das wem
sie die sunde vergeben, dem sind sie vergeben,
er sage nur dem priester sein anfechtung, feil
und begeren, als ferr er selber wil und wie in
sein gewissen leret, und begere, das er in mit
gottes wort wolle trösten und in kraft des be-
fohlnen amts und gewalts, den Christus darzu
geben hat, von seinen sunden entbinden und ledig
sprechen, und sol gar nicht zweifeln, im sind sein
sunde als gewislich vergeben, als wenn Christus
die wort selbs in eigner person gesagt hette,
denn Christus, der uns das zugesagt hat, der kan
je weder liegen noch triegen. Darum sol man
sich solchs theuren schatzs gebrauchen und sich
damit wider die grossen sturmwinde des satans
rüsten und sterken und sich nicht zuviel trösten,
das uns bedunkt, wir dürfen sein itzt nicht, denn
wenn die rechten ernstlichen und höchsten an-
fechtung des teufels daher fallen, geschicht uns
dieses und anders mehr not, denn wir itzt meinen.

Es sein auch wol etliche rohe leute, die sich
dieser freiheit inen selbs zu schaden misbrauchen
und sagen sich wol fur den pfarrern in der ge-
mein fur sünder an, aber die gebrechen, darinnen
sie wol raths bedurften, schweigen sie, daher
denn inen nicht mag nottürftiger rath mitgeteilt
werden. Die sind zu vermanen, das sie sich nicht
schemen, solche ire nottürftige gebrechen und feil
im gewissen inen zu eroffnen, nach dem exempel
der heiligen, als Danielis, Pauli und anderer, die
auch in sonderheit ire feil und sunde namhaftig
offentlich bekennen und beichten, denn solch ge-
brechen bis aufs letzt zu sparen ist gar ferlich,
nachdem der teufel solche verhaltene sunde am
ende auf zu mutzen pflegt und so man denn mit
gutem unterricht und trost nicht gefasset, füret er
die leut in verzweiflung, den der ewig tod folget,
wie viel exempel der alten veter das anzeigen.
Und sollen die pfarrer alhie fleissig gewarnet
sein, das sie niemand kein buss auflegen fur die
sunde, damit genug zu thun, denn das were wider
den glauben und das leiden Christi damit ge-
schmeckt, sie sollen aber ein jede person nach
irer gelegenheit unterrichten, wie sie furhin an ir
leben zur besserung mit beten lernen und anderm
irem thun und lassen ungeverlich anrichten mögen
mit dem anzeigen, wo sie sich nicht vor sunden
hüten und teglich bessern würden, das das letzte
(wie Christus sagt Matthei am 12.) erger würde
denn das erste, und Johan am funften spricht er
auch zu dem, den er gesund gemacht hette: sihe
zu, du bist gesund worden, sundige fort nicht
mehr, das dir nicht etwas ergeres widerfare, denn
solchs alles soll geschehen um des künftigen
lebens willen und nicht der meinung, das es ein
gnugthuung sein sol vor die vergangen sunde,
denn dieselbig ist vergeben durch die erlösung,
so von Christo geschehen ist, welchen gott hat
furgestelt zu einem gnadenstul, durch den glauben
in seinem blut, damit er die gerechtigkeit, die vor
im gilt, beweise, indem das er vergibt die sunde,
die zuvor sind geschehen unter göttlicher gedult,
die er trug, das er zu diesen zeiten beweise die
gerechtigkeit, die vor im gilt, auf das er allein
gerecht sei und rechtfertige den, der da ist des
glaubens an Jesum, Koma. 3.
Und mögen die pfarherrn oder
beichtveter (so es nicht besser wissen)
die leut oder beichtkinder ungeferlich
in nachfolgender weis befragen und
unterrichten.
Wenn einer komt und sagt also: wirdiger
lieber herr, ich kome und wolt mich auch gerne,
als einem gottforchtigen fromen christenmenschen
gebüret, erzeigen, so weis ich nicht, wie ich im
tun und mich dazu schicken sol, darum bitte ich,
ir wollet mich das beste unterrichten.
 
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