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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0098

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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

bereite man erstlich, wo es albereit vor seiner
ankunft nicht geschehen, den tisch ehrlich zu mit
aufgelegtem tuche, und so es des kranken gelegen-
heit erlauben wolt, mag der priester in folgender
weiss berichten und trösten.
Lieber freund, weil euch unser herr gott mit
schwacheit euers leibs heimgesucht, damit ir es
gottes willen heimstellet, solt ir wissen: --
Zum ersten, das solche unsers leibs schwacheit
uns von gott, dem herrn, um keiner ander ur-
sachen , denn allein um der sunde willen zu-
geschickt wird und das die erbsunde, welche von
Adam auf uns geerbt, den tod und alles, was in
des tods reich gehört, als gebrechen, krankheit,
elend, jamer etc. mit sich bringet. Denn wo wir on
sund blieben, so hette auch der tod, viel weniger
anderlei krankheit, an uns nichts schaffen mögen.
Zum andern, damit wir aber in unsern sunden,
krankheit und allerlei anfechtung, auch des tods
angst und not, nicht verzweifeln müssen, so leret
uns das heilig evangelion, das uns Christus,
gottes son, der sunden los und selig machen wil,
so wir gleuben an seineverheissung, und solchs
geschicht auf zweierlei weise, erstlich, das er uns
hie auf erden durchs evangelion und die heiligen
sacrament unsere herzen und gewissen reiniget,
actorum 15.: Er hat ire herzen gereiniget durch
den glauben.
Zum dritten, wenn aber unsere gewissen,
dergestalt von sunden gereiniget und mit gott,
dem vater, durch den glauben versunet sind, mus
auch die sunde aus unser natur und wesen
ausgefeget. und vertilget und wir endlich von allen
sunden gereiniget und in göttlicher gerechtigkeit
und reinigkeit volkomen werden, damit wir mit
gott ewig leben sollen.
Zum vierten, damit nu solchs geschehe und
in uns volbracht werde, so schicket uns unser
lieber herre gott krankheit, ja auch den tod zu,
nicht der meinung, das er mit uns zörne und uns
verderben wolt, sondern aus grossen gnaden, das
er uns in diesem leben zu warer buse und glauben
treibe und endlich aus der sunden, darinnen wir
noch stecken und aus allem unglück, beide leib-
lich und geistlich frei machen wil, wie solchs die
heilig schrift reichlich zeuget, denn also sagt
Sant Paulus am ersten zun Corinthern am eilften
capitel: Wenn wir vom herrn gerichtet werden,
so werden wir gezüchtiget, auf das wir nicht mit
dieser welt verdampt werden.
Item zun Römern am achten capitel: Denen,
die gott lieben, müssen alle ding zum besten
dienen und kan sie von der liebe gottes in Christo
Jesu nichts abscheiden, es sei feur, schwerd,
hunger, tod oder leben.
Zum funften, weil nu dem also und du aus
dem heiligen evangelio, durch den mund des sons

gottes, unsers herrn Jesu Christi, gepredigt und
mit seinem tod und auferstehung bezeuget, des
aufs aller gewissest und sicherst bist, das alle
deine sunde von dir auf Christum, ja nu auch
von Christo ganz und gar hinweg gethan und ewig
vertilget sind und also gar fur gottes angesicht
kein ursach des zorns und verdamnis uber die
gleubigen furhanden, sondern eitel gnade, trost,
leben und seligkeit, sintemal unser lieber herre
gott dich nu in seinen augen hat, nicht als einen
bösen verdamten sünder von Adam geboren, son-
dern als ein ganz gerechtes heiligs liebes kind in
Christo, in welches gerechtigkeit und leben du so
gewislich leben und selig sein solt (so ferne du
es gleubest) ewiglich, als gewiss und warhaftig er
nicht in seinen einigen, sondern in deinen sunden
gottes zorn getragen und gestorben ist.
So sihe und tröste dich solcher gnaden und
wisse, das die sunde, gottes gericht, der tod und
helle gar nichts mehr mit dir zu schaffen haben,
sondern Christus, das einig lam gottes, tregt sie,
Joan. 1., der sie auf sich genomen und nicht
allein auf sich genomen, sondern auch durch sich
selbs uberwunden und ewig vertilget hat. Der-
halben du durch und in demselbigen deinem herrn
Jesu Christo aller gnaden, trosts, heils und selig-
keit zu gott, dem vater, dich versehen und in
solcher tröstlichen zuversicht in seinen gnedigen
vaterlichen willen ergeben solt und sagen: Der
herr ist mein licht, fur wem solt ich mich furchten,
mein vater im himel, dein wil geschehe, in deine
hende befehle ich meinen geist, amen.
Wenn solchs geschehen, sprech man im
einen feinen tröstlichen betpsalmen
fur, als den fünfundzwanzigsten:
Ad te domine levavi animam meam.
Nach dir, herr, verlanget mich, mein gott,
ich hoff auf dich, las mich nicht- zu schanden
werden, das sich meine feinde nicht freuen uber
mich etc. [folgt der weitere Text des Psalms].
Ob es die zeit und gelegenheit des
kranken erleiden wolt, mag man fol-
gende trostpsalmen und die tröstlichen
text aus dem evangelio und episteln
Pauli auch lesen.
Exaudiat te dominus in die tribulationis.
Der herr erhöre dich in der not, der name
des gottes Jacob schütze dich.
Er sende dir hülfe vom heiligthum und sterke
dich aus Zion etc.
Ein ander psalm.
Dominus regit me & nihil mihi deerit.
Der herr ist mein liirte, mir wird nichts
mangeln etc.
 
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