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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0191

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Visitations-Abschied für Berlin von 1574.

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dröschen, item wie viel sie mit den beuteln und
büchsen vor die armen sammlen, auch alles,
was sie sonsten annehmen und zu welcher zeit
sie es bekommen, in sonderliche capita stück -
weise dirigiren und bringen, und desgleichen
mit der ausgabe, wie viel an gelde und korn
ausgegeben und verbacken oder sonst aufgangen,
also halten, damit keine verdächtige unterschleife
darinnen zu vermuthen und inhalts der visitation-
ordnung dem probst, e. e. rath neben zweien aus
den vier gewerken und zwei von der gemeine
richtige und beständige rechnung thun mögen.
Sie sollen auch ohne unterlass die armen leute
besuchen, ihre mängel in acht haben und bessern,
und sich in ihrem amte also erzeigen als christ-
lich getreuen und fleissigen vorstehern eigendt
und gebühret.
Was e. e. rath obrigkeit halben hiezu
zu thun gebühret.
Es zweifeln die visitatores mit nichten, e. e.
rath alhier werde sich dieser händel inhalts
hochgedachtes unsers gnädigsten herrn visitation-
ordnung und wie ihnen ihres tragendes amts als |
christen gebühret lassen befohlen sein, und über
seiner churfürstliche gnaden visitationordnung und
abschiede festiglich halten, desgleichen nicht allein
die censiten der kirchen, gemeinen kasten und
hospitäle durch ihre diener mit pfändung und
sonst zu schleuniger erlegung der zinse und pächte
halten und bringen lassen, sondern auch, weil
e. e. rath selbst darin zimlich viele schuldig, davor
sein und trachten, dass die vorsteher der kasten
und hospitäle die zinsen und pächte zu rechter
zeit bekommen, und zur nothdurft der kirchen,
schuldiener und armen gebrauchen und anwenden,
auch keine unrichtigkeit daraus erfolgen möge.
Alsdann auch e. e. rath zu foderung des mini-
sterii und armen vorgeschlagen und gesucht, weil
das dorf Heinersdorff dem hospital zum heiligen
geiste und zwei theile am dorfe Lichtenberg ihnen
dem rathe, der dritte theil aber ausserhalb der
dienste dem rathe zu Cölln an der Spree, des-
gleichen Rosenfelde ihnen dem rathe allhie die
helfte und die andere helfte den Reichen zu-
ständig und von den caplanen oder priestern aus
dieser stadt curiret worden, dass man dieselben
dörfer wiederum hereingeleget, und noch einen
caplan neben obgemeldeten fünfen, die albereit
alhie sein, angenommen und durch dieselben mit
bestellen zu lassen, damit die einkommen ob-
berührter dörfer zur besoldung der kirchen und
schuldiener gebrauchet werden möchten.
Und weil die visitatores befunden, dass dieser
vorschlag vom ehrbaren rathe wohlmeinlich und
also beschehen, lassen sie sich dasselbe, dass es

zum förderlichsten immer möglich also ins werk
gesetzt werde, wohl gefallen, immassen darin die
Reichen, so antheil am Rosenfelde haben, solches
auf ihr der visitatorn und e. e. raths unter-
handelung bewilliget und die visitatores dem
secretario, Joachim Steinbrechern, hiermit auf-
legen, solches neben dem e. e. rathe ferner mit
fleisse zu befodern. Da aber solches so balde
nicht vollzogen werden möchte, zweifeln die visi-
tatores nicht, weiln dennoch der rath zu Cölln
100 fl. zur erhaltung ihrer kirchendiener von
ihrem rathhause gutwillig legen, e. e. rath alhier
werden sich auch nicht beschweren und 100 fl.
jährlich dazu contribuiren, dass man damit eines
künftigen probsts besoldung wegen der schulen
gebessert, auch sonst zu anderer der schuldiener
nothdurft, gebraucht hätte, bis die obgesetzte
dörfer, wie obstehet, alhie eingepfarret und die
4000 thlr. zinsbar gemacht werden möchten. Und
nachdem auch den visitatorn mit beschwer für-
bracht, dass alhier in beiden städten sich viele
fremde bettler, lose buben und lediggänger ent-
halten, auch etzliche budenleute und einwohner,
die wohl arbeiten und was verdienen könten, ihre
kinder zum betteln ziehen und halten, und da-
durch den rechten armen der allmosen berauben,
auch sich darneben der hurerei, unzucht und
dieberei gebrauchen. Dero wegen auch e. e. rath
zu Berlin eine bettelordnung den visitatorn über-
reichet und aber dieselbe nicht allein auf er-
kundigung der bettler, sondern auch auf mörder,
diebe und andere unthaten, dahin sich der visi-
tatorn amt nicht erstrecket, gerichtet, die visi-
tatores gleichwohl dieselbe zu erhaltung guter
policei vor nützlich erachtet, sehen sie für gut
an, dass sich beide städte derselben ordnung ein-
trächtig vergleichen und die zwischen dies und
Johannis Baptistae ins werk setzen.
Wie ihnen dann in hochgedachtes unsers
gnädigsten herrn itzo ausgegangenen mandat ohne
das ernstlich auferleget wird.
Es werdenauch die visitatores berichten, dass
die begräbnissen auf denen kirchhöfen allhier,
wegen böser luft, so in sterblichen läuften sich
zu erregen pfleget, sehr gefährlich. Da aber zu
St. Gürgen bereit ein begräbniss angefangen,
sehen die visitatores vor gut an, dass es dazu
vollendet, bestättiget und e. e. rath befordere,
dass dasselbe also weiter erbauet und darzu zum
förderlichsten zugerichtet werden möge. Als auch
die visitatorn beschwerlich fürbracht, dass die
todtengräber die armen leute über ihr vermögen
beschweren sollen; damit aber solches hinfüro
verbleiben und ein jeder wissen möge, was er
ihnen zu geben schuldig, soll e. ehrbarer rath
ihnen ihre ordentliche besoldung machen und
ihnen bei verlust des dienstes und andere leibes-
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