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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0197

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Brandenburg'.

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wurde verbessert. Vgl. auch die Anstellungs- und Besoldungsurkunde des Prädicanten, Michaelis
1538, bei Grupp, a. a. O. Nr. V.
In der Altstadt wurde das Beispiel der Neustädter befolgt, jedenfalls seit 1538.
Die beiden Städte standen aber noch isolirt in einer ganz katholischen Umgebung, als
endlich 1539 auch der Landesherr seinen Übertritt öffentlich verkündete. Zu der ersten Abend-
mahlsfeier des Fürsten waren Baytz und sein Caplan Kersten eingeladen und nahmen an
ihr theil.
1540 erschien die kurfürstliche Kirchenordnung. Der Widerstand, den die Mönche
leisteten, bestimmte den Kurfürsten schon vor der allgemeinen Visitation, für die beiden Städte
eine Visitation der Klöster durch den Geheimen Rath Andreas Stolp und die Magistrate an-
zuordnen. Die Instruktion vom 30. Nov. 1539 findet sich im St.-A. Berlin, Rep. 20 b, Landtags-
akten. Näheres s. bei Gebauer, a. a. O. S. 122.
Die grosse Visitation fand Reminiscere 1541 statt. Generalsuperintendent Jakob Stratner,
Georg Buchholzer, Probst zu Berlin, Canzler Johann Weinlöben und Andreas Stolp waren die
Visitatoren. Bischof Mathias reiste von Ziesar nach Brandenburg und nahm theil.
Das Visitations-Material für die Neustadt Brandenburg findet sich im St.-A. Berlin,
R. 47, B. 3. Dort liegt auch der Abschied von 1541 von Weinlöben’s Hand, ist aber ganz
speziellen, finanziellen Inhalts. Bei Riedel I, 9, S. 279 ff. sind nur einige kleine andere
Stücke aus dieser Zeit abgedruckt. Während der Abschied für die Neustadt Brandenburg nur
im Bruchstück vorhanden ist, ist der für die Altstadt Brandenburg von 1541 in einer Hand-
schrift des Pfarrers N. R. Schäffer von 1734 in dem Raths-Archiv zu Brandenburg erhalten;
ebendort finden sich auch die Abschiede für die Altstadt von 1600 und für die Neustadt von
1575 und 1600. Der Abschied für die Altstadt von 1541 ist ferner im Original erhalten im
Stadt-Archiv Brandenburg, Acta I, K. 60. Die Abschiede von 1575 für Altstadt und Neustadt
sind im Consist.-Archiv Berlin, Altstadt Brandenburg, Gen. 1, auf bewahrt. Der Visitations-
Abschied von 1600 für die Altstadt Brandenburg findet sich auch im Consist.-Archiv Berlin,
Sup. Altstadt Brandenburg, Spec. C.
Die Abschiede von 1541 und 1600 für die Neustadt fehlen.
Die Abschiede von 1541 für die Altstadt, von 1575 für Neustadt und Altstadt werden
hier erstmalig abgedruckt. (Nr. 16 und Nr. 17, 18.)
Die Zeit des Interims brachte auch für die Städte Brandenburg die Wiederherstellung
zahlreicher katholischer Ceremonien. Vergebens hatte sich die Brandenburger wie die Berliner
Geistlichkeit dagegen gesträubt. (Gebauer, a. a. O. S. 136 ff.) Immerhin ist das Interim in
den Städten Brandenburg noch mit einer gewissen Masshaltung eingeführt worden; die Städte
wussten sich die Geldnoth des Fürsten für gewisse Vorzüge in religiösen Dingen zu Nutzen
zu machen.
Überhaupt hatten sich die beiden Städte ihre Cultusordnung ziemlich frei nach der
Kirchenordnung von 1540 und der Interimsordnung zurecht gelegt. So war in der Altstadt das
Herumtragen der Hostie bald eingestellt worden, wie aus dem Vergleich zwischen Rath und
Pfarrer Lybius, Weihnachten 1558, im Simon Rother’schen Copialbuch (Raths-Archiv Nr. 215),
hervorgeht.
Die Visitation von 1551 schärfte die Beobachtung der Landesordnungen ein. Aber
man wusste in den beiden Städten, dass die Befehle des Landesherrn nicht so streng ausgeführt
wurden und lavirte; man berieth sich mit den Wittenbergern über die Kirchenordnung und
erreichte durch diesen passiven Widerstand, dass alles beim Alten blieb.
Weihnachten 1558 schloss die Stadt mit dem Anhänger des Flacius, Lybius, einen Ver-
trag, wonach er im Amte belassen werden solle, sogar wenn er ausdrücklich erkläre, dass er
den Forderungen des Kurfürsten nicht willfahren werde. Die Vorschläge des Lybius sind
Sehling, Kirchenordnungen. III. 23
 
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