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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0270

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250

Die Mark Brandenburg.

bis „der gemeine ordentlich volgen“ gleicht wört-
lich dem Havelberger Abschiede von 1558 (S. 232,
Sp. 2, Z. 18—24).
Vom pfarrer.
Wann ein pfarrer vormuge des abscheids der
ersten visitation die presentation und di institution,
wie obstehet, erlangt, und also ordentlich in
seinem amt getreten, soll seine wohnung sein, der
pfarrhof alhie mit allen und jeden zugehorungen,
wie derselbige von den vorigen und jetzigen
pfarrer vor alters und bishero gebraucht worden.
Und nachdeme sich der rath erboten, die
klosterscheune zu bauen und der pfarrer einer
scheunen zu seinen korn nicht entrathen kan,
bedenke di visitatores, das ihme ein sonderer ort
in derselben scheune zu seinem korne gelassen
und abgehegt, auch das alte haus hinter der
pfarren nicht vorfallen, und ime in demselben
oder in dem pfarrhause, do es ime am gelegen-
sten, ein studorium, weil er nur eine staube hat,
zugericht und erbauet werden, auch der pfarrer
etwas dazu zu hulfe kommen moge.
Und weil eins pfarrers einkommen, besoldung
und accidentalia in dem vorigen abschiede ordent-
lich und ausdrucklich gesatzt, lassen die visita-
tores es nachmalen dabei pleiben, und wollen,
das solchs alles dem itzigen und volgenden pfarrern
inhalts desselbigen abschieds unweigerlich volgen
und vorreicht werden solle.
Da auch angezogen wurden, das die leute
dem pfarrer alhie denn vierzeitenpfennig ent-
ziehen oder schwerlich aufgeben, soll derwegen
der rath neben dem pfarrer ein vorzeichnus, wie
viel personen in eins jedes burgers oder ein-
wohners behausung, so bequeme das hochwirdige
sacrament zu entpfahen sein, machen und dan
durch einen bescheiden stadtdiener und den kuster
vormug derselbigen vorzeichnus den vierzeiten-
pfennig alle quartal nachbarlang mit fleisse ein-
fordern und dem pfarrer uberantworten lassen,
doch das sie auch dijenigen, so denselben nicht
aufgeben, darum pfanden, wie dan die visitatores
menniglichen hiemit aufs treulichste wollen vor-
mahnet haben, ihrem sehelsorger disfals nichts zu
entziehen, noch ihne in deme zu betrugen, dan
do es hieruber geschehe, wurden dijenigen den
greulichen sunden und strafen, davon Malachias
weissaget, nicht entpfliehen , auch hochgedachten
unsern gnedigsten herrn, zu sondern einsehen
ursach geben, und nachdeme auch Arndt Heinze
der elter burgermeister allhie seliger, aus christ-
lichen gutherzigen gemuete 200 gulden heupt-
summa zu forderung gottlichs worts bescheiden,
also das von der rente derselbigen zweihundert
gulden alle woche eine predigte in der pfarr-
kirchen alhie geschehen solle. So ordenen dem-

nach die visitatores, das der pfarrer und der
oberster caplan dieselbige predigte eine woche
um die ander alwege aufm freitag halten, und
dazu ein jeder noch eine predigte in der wochen
thun sollen, so soll der pfarrer auch die predigte
des sontags vormittage und die caplene nach-
mittage bestellen, doch das sie auch dafur sein,
das von ihnen oder dem andern caplane des
sontags nach der vesper oder auf einen werkeltag,
wie obstehet, im cathechismo gepredigt und der-
selbe dem gemeinen volke mit fleisse eingebildet
werde; desgleichen sollen sie di armen kranken
und betrubte gewissen in heusern, hospitaln und
kloster alhie dester mehr und sonderlich die woche
einmal besuchen, aldo predigen, sie mit gotts
wort trosten und unterrichten und dem hoch-
wirdigen sacrament versehen, auch di laster den
unbussfertigen, wie obstehet, vormelden, und also
ires amts treulich abwarten, dann wurden sie
solchs nicht thun und in ihrem amte lessig sein,
wurde gott das blut, wie Ezechiel am 33. capittel
geschrieben stehet, von iren henden, als von den
hirten fordern.
Und weil unter den caplanen die meiste
erbeiten auf dem obersten caplan leig, sol seine
besoldung jerlich 60 gulden, 4 winspel rogken und
4 gulden zu holze sein.
Und den andern caplan 38 gulden, ein
winspel und sechs scheffel und ein gulden zu
holze vorreicht werden.
Aber dem dritten caplan, so die dorfer curirt,
sollen aus dem gemeinen kasten jerlich sechzehen
gulden und ein winspel korne volgen.
Und weil der eine caplan sich mit dem
gehen nicht wol behelfen undsein amt, wie sich amt, wie sich
gebueret, schwachheit halben schwerlich bestellen
kann, sol mit ihme wegen seines alters nachmals
ein zeit lang gedult getragen, aber gleichwol
mitlerweile getrachtet, das ein anderer an seine
stadt gefordert und er gleichwol mit zimlicher
unterhaltung nach des kastens gelegenheit vor-
sehen werden moge.
Dann der gemeine ungelegen sein wollte,
wann sterbliche leufte einfielen, das sie in ihrer
krankheit unbesucht und mit gotts wort ungetrost
pleiben sollte.
Und sollen die leute alhie treulich zur kirchen
gehen, beten, gotts wort vleissig horen, dasselbe
in keinem wege vorseumen und das hochwirdige
sacrament, wie es von unsern herrn Jesu Christi
selbst eingesatzt, gerne entpfahen. Ire kind und
gesinde mit ernste dazu vormahnen und dieselben
zu gottsfurcht in lehre und leben aufziehen. Auch
sich gegen iren pfarrer und caplenen fein erbar-
lich und aufrichtig erzeigen. Wie sie dann
schuldig sein, sie zu allen ehren und reverenz zu
halten.
 
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