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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0363

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Visitations-Abschied für Werben von 1551.

348

Sonst soll auch die verordnung der vorigen
alten visitation alhie pleiben und gehalten werden,
und soll auch sonderlich die elevation der hoch-
wirdigen sacraments in der messe pleiben und
nicht ahgethan werden.
Zum andern wirdet weiter verordent, dass
wo den pfarrern alhie mangel furfielen, welche
fur den rath zu erledigen nicht gehorten, oder
derselbige seumig were oder excess an bosen
lastern begangen, welche durch gutliche vor-
mahnungen nicht gebessert wurden, und der strafe
oder des bannes wirdig, also ehebruch, hurerei,
wucher, volsaufen und dergleichen sein, dass sie
solche sachen sollen an das consistorium zu Stendal
gelangen oder schreiben, dan zu demselbigen ein
fiscal verordent, welcher solche sachen mit pro-
zessen vorvolgen solte.
Zum dritten, damit auch von gemeinen casten
alhie mochte richtige rechnung geschehen, sollen
die fursteher einem unsers gnedigsten herrn ver-
ordenten, der jerlich solte hiehere geschickt
und dann die zeit seiner ankunft zuvor zeitlich
zugeschrieben werden, und dan dem pfarrer und
rathe alhie jerlich rechnung thun, damit die mangel
der casten erfarn und gebessert, auch die, so
nicht bezalen, mogen zur bezalung gebracht werden
Zum vierden sollen auch die pfarrer und
geistlichen alhie ehrlichs zuchtigen wandels und
lebens und keiner leichtfertickeit sein, in die
offene pancket oder bierheuser nicht gehen, sondern
daheim ires studierens warten, auch sollen sie
keine berte noch kurze kleider tragen.
Zum funften wirdet auch zu furderung christ-
licher religion bedacht, dass die pfarrer in stedten
sollen jedes quartal einmal die pfarrer ufm lande
in der nahe gelegenen, in die stedte bescheiden,
sie examiniren und aldo predigen lassen, darum
ordenen die visitatores, das solchs alhie auch ge-
schehe, und der pfarrer alle quartal die pfarrer
in der nahe gelegen, hiehero vor sich bescheiden,
sie examiniren und unterweisen, auch je zuzeiten
alhie predigen lassen sol, wie ine dann aufgelegt
werden, also hiehero zu kommen; welche aber
nicht wolten kommen oder weren zu den pfar-
diensten so gar ungeschickt, die soll der pfarrer
dem consistorio zu Stendal verzeichnet uber-
schicken, die haben weiteren bevelh, was sie der
verurlaubung halber oder sonst thun sollen.
Zum sechsten sol auch kein pfarrer auf der
patronen blosse presentation allhie zu den pfar-
diensten gestadtet werden, sonder zuvor die in-
stitution von seinem ordinarien oder itziger zeit
dem generalsuperintendenten erhalten.
Zum siebenden soll auch alhie nicht gestadtet
werden, im Advent oder zu der fasten hochzeiten
zu halten oder eheleute zu trauen, als auch nicht

an hohen festen oder sontagen des morgens fur
oder unter den amten, so sollen auch die wochen-
markte, die an hohen festen gefallen, bis nach-
mittage oder den andern volgenden tag verschoben
werden.
Zum achten soll auch kein pfarrer, predigen-
oder caplan alhie, ein par ehevolk trauen, sie
weren den zuvor drei mal alhie uffgeboten und
alhie wolbekant. Kemen aber andere fremde hie-
hero , die anderswo daheim und gesessen weren,
und wolten sich trauen lassen, die sollen alhie
auch nicht getrauet werden, es sei den sie brechten
schriftliche kundschaft von dem rathe oder pfarrer
der orte, do sie herkommen, das sie alda zuvor
dreimal aufgeboten weren, und hette niemands
zuvor oder hernach ire ehe besprochen und wolten
sie sich alhie aufpieten lassen, und weren so gar
unbekant, auch vordechtig, sol ine solchs ein zeit-
lang, etwan uf ein halb oder ganz jahr, bis man
besser erferet, wer sie sein, aufgezogen werden,
alles um mehrer gewissheit halben, dan man ofte
erferet, was solche leute je zuzeiten unter solchem
schein suchen.
Von der schule.
Zum ersten, dass der pfarrer alhie fleissig
uff die schule acht haben, dass darinne mit fleisse
gelesen und die jugend wol und christlich in-
stituirt, auch in cathechismo und kirchengesenge,
doch am meisten lateinisch wol geubt werden.
Zum andern, weil des jars ofte hochzeiten
sein, und der schulmeister auch seine gesellen
dazu geladen werden, oder weil sie die braut-
messe singen, darauf gehen volsaufen und welche
zeit die schuler zum oftern verseumen, umlaufen,
auch wol mitsaufen, und das studiren nicht achten
noch forche dazu haben, sol hinfur der schul-
meister, cantor oder seine gesellen nicht mehr zu
hochzeiten gehen und sonderlich zu keiner morgen-
malzeit, sondern ine an gelde als sechs oder acht
groschen, auch etliche gerichte von essen, nach
ordnung des pfarrers und raths, dofur geschickt
werden.
Zum dritten, wurden auch an gehulfen oder
baccalaurien auf der schule mangeln, sollen andere
allerwege mit rathe des pfarrers und raths von
dem schulmeister angenommen werden.
Und welche pfarrer, prediger, caplan, schulen-
oder kirchendiener, sich berurter unsres gnedigsten
herrn kirchenordnung und dieser artickel nicht
wolten verhalten, und contemniosi sein, die sollen
inhalts der ordnung iren ahschied haben. Actum
Werben, unter der visitatoren petschaft. Montags
nach Leonhardi 1551.
[Folgen drei Siegel.]
 
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