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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0392

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372

Die MarkgrafenthümerOberlausitz und Niederlausitz.

Die Herrschaften Sorau und Triebei standen unter der Herrschaft der Bieberstein’s von
1355—1490 und von 1512—1552, von 1552—1557 unter Ferdinand von Böhmen, dann unter
Georg von Brandenburg, dann wieder unter Ferdinand von Böhmen, und von 1558—1765
unter den Freiherren und Grafen von Promnitz.
Seifried von Promnitz (1561—1597) soll 1578 eine Kirchenordnung gegeben und dieselbe
1593 erneuert, auch ein Mandat gegen die Religionsverächter erlassen haben. Nach Conradi-
Worbs, Kirchengesch., S. 23, hatte diese Ordnung bloss die bessere Verwaltung des Kirchen-
vermögens und die Verbesserung der Besetzung der Kirchen- und Schulstellen im Auge. Ich
habe die Ordnung nicht ermitteln können. Über die Vollendung der Verfassung im 17. Jahr-
hundert (Errichtung eines Consistoriums 1634) s. Worbs, Gesch., S. 120. Über eine frühere
Errichtung sind die Nachrichten unsicher (s. Conradi-Worbs, Kirchengesch., S. 23). Für
das Consistorium sind Akten aus dem 17. Jahrhundert im Reg.-Archiv Frankfurt a. d. O. auf-
bewahrt. Über die Familie Promnitz s. auch bei Schlesien unter Pless.
Über die Stadt Sorau besitzen wir noch einige besondere Nachrichten. Pfarrer Georg
Nigrinus aus Hirschberg richtete hier 1524 die neue Ordnung auf unter Beibehaltung vieler
alter Ceremonien; 1538 wurde die Fronleichnams-Prozession abgeschafft, 1544 die alten Cere-
monien der Charwoche; 1549 kann die Reformation in Sorau als vollendet gelten; 1550 schaffte
Pfarrer Joachim Belitz die noch übrig gebliebenen Bittprozessionen an St. Markus und in der
Kreuzwoche ab (Conradi-Worbs, Kirchengesch., S. 19; Soffner, a. a. O. S. 439 ff.).
Der Pfarrer Streuber verfasste im Auftrage der Herrschaft eine Ordnung der Cere-
monien. Nach Conradi-Worbs, Kirchengesch., S. 51, ist anzunehmen, dass sie 1595 in Sorau
im Druck erschien unter dem Titel „Ordnung der christlichen Ceremonien, so in der Kirche zu
Sorau und derselben zugehörigen Herrschaften üblichen gehalten werden“. Bisher habe ich
ein Exemplar noch nicht gefunden. Dagegen findet sich bei Joh. Sam. Magnus, Histor.
Beschreibung der Hoch-Reichs-Gräflichen Promnitz’schen Residentz-Stadt Sorau in Niederlausitz
und deroselben Regenten. Leipzig 1710. S. 101, folgende Notiz: „Anno 1595 liessen Ihro
Gn. (aden) einen heiligen Eiffer wider die Verächter des Wortes Gottes und der heil. Sacramente
spüren ... In diesem Jahre gab auf Ihro Gn. (aden) Befehl und Approbation D. Streuber
eine zu Sorau gedruckte Kirchen-Ordnung heraus, die in Wahrheit sehr wohl eingerichtet ist.
Weil nun dieselbe in sehr weniger Hände mehr ist, als wil ich nur diejenigen Gebräuche, so
darinnen beniemet und abgekommen sind, hierher aus derselben setzen“. Dieser Auszug wird
hier wieder abgedruckt. (Nr. 74.)
74. Kirchenordnung. Von 1595.
[Auszug nach Magnus, a. a, O. S. 101.]
der kirche sein, sonst wurden sie gestraft, auch
wohl denselben tag gar nicht getrauet. 6. Am
Osterfest wurde die anzahl aller derer, so das
ganze jahr öffentlich communiciert, von der canzel
vermeldet und jedermann ermahnet, in derselben
heilige fussstapfen zu treten, auch zugleich vom
pastore fleissig gebeten, dieselbe, so verächter
des christlichen wortes und der heil, sacramenta
wären, ihm zu vermelden und ja nicht zu ver-
schweigen. 7. Starb ein pfarrer in der stadt oder
auf dem lande, so zog bald ein anderer an dessen
stelle, welcher mit der witwe und den kindern
die besoldung teilte, die accidentien aber behielt
er allein und vor sich selbst. 8. Alle jahre

1. An hohen festtagen giengen alle personen,
die in der kirche waren, männer und weiber,
jung und alt zum opfer. 2. Nach geschehener
consecration des brods und weins beim heil, abend-
mahl war die elevatio gebräuchlich. 3. Die
knaben, so auf seiten des altars die tüchlein
hielten, hatten rote chorkittel und grüne kränz-
lein auf ihren häuptern. 4. In der Schlosskirche
wurde alle tage, wenn nicht feste einfielen, um
9 uhr des morgens das capitel gehalten und mit
einer collecte und dem benedicamus geendiget,
welches gleichergestalt auch nachmittags um 3 uhr
geschähe. 5. Braut und bräutigam mussten samt
den hochzeitsgästen des morgens für 10 uhr in
 
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