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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0398

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378

Die Markgrafenthümer Oberlausitz und Niederlausitz.

4. Und so bald die predigtglocken geleutet
wird, soll sich niemandes aufm markte mehr
finden lassen; wer aber darauf befunden, soll
alsbald von den dienern eingezogen werden. Und
soll ein jeder wirt, sobald wie oben gemeldet
geleutet wird, in den kirchen sein, bei pön eines
weissen groschens, wellichen er in seine zunft, so
oft als er straffellig erfunden wird, zu geben
schuldig sein soll.
5. Weil dann einem radt nichts weniger
angelegen sein will, wie auf die kirche, als auch
auf die schulen gut aufachtunge zu haben, damit
in denselben unsere aufwachsende jugent in
gottesfurcht, guten künsten und ehrlichen tugenten
mögen erzogen werden, und das man aus der-
selben künftig haben möge, die wiederum kirchen,
schulen, dem radtstuhl und ehrlichen zünften,
woll und vornunftig vor sein können, als will ein
radt allen vätern, so es mit ihren kindern gut
meinen und dieselben lieb haben, in ernst auf-
erlegt und befohlen haben, dass sie ihre kinder
mit allem fleisse zur schule halten und sie an
ihrem besten selbst nicht hindern sollen.
6. Nachdem das abscheuliche gotteslestern,
nicht allein bei den alten, sondern auch bei der
jugent, so eingerissen, das es gar bald vor eine
zierde in der reden will geachtet werden, do
doch der liebe gott in den zehen geboten solliches
im andern gebot selbst vorbeut, da er spricht:
Du solt den namen deines gottes nicht miss-
brauchen, damit nun der name gottes ferner beie
uns nicht gelesteret, sondern in allen ehren ge-
halten werde, so ordenet und will ein radt, das
ein jder gotteslesterer, sobalde er einem radte
angesaget wird, in den Lisken1) eingestackt und
1) Lisken ist ein Stockhausthurm.

desselben in dreien tagen nicht soll entlediget
werden.
7. Weil wir es dann auch in allen benacht-
parten stätten sehen, das sie ihre verstorbenen
gar ehrlich und fein christlich zum grabe und
ihren ruhebettlein beleiten, und immer par und
par mannes und weibespersonen ordentlich nach-
einander gehen, so will ein radt auch, das ein
jde zunft ihren mitmeistern, auch iren weibern,
bei einer benantlichen pön diese christliche ord-
nunge zu halten, in ernst schaffen und auferlegen
sollen.
8. [Die Vormünder sollen dem Rath jährlich
Rechnung legen.]
9. Dieweil bishero in unseren hochzeiten
eine solliche greuliche und scheussliche unorde-
nunge eingerissen, also das sich mannicher ehr-
liche man derowegen der hochzeiten lieber ent-
halten und in dieselben nicht mehr kommen oder
gehen will, welliches dann der heiligen ordenunge
gottes, dem heiligen ehestande nicht zu geringer
verachtunge gereichen wolte, do doch ein christ
braut und breutigam, als jungen eheleuten zum
trost und dem heiligen ehestande zu ehren gar
gerne und willig erscheinen soll, wie Christus
unser lieber herr zu Cana in Gallilea uns zum
exempel selbst getan, damit nun die hochzeiten
und der heilige ehestand beie uns auch fein
christlich gehalten werden möge, also will ein
radt, das der breutigam allemal achttage zuvor
zum herrn bürgermeister kommen, das hochzeit-
büchlein abfordern und nach demselben die hoch-
zeit anstellen soll; wer wieder dasselbe mit dem
wenigsten handeln wird, soll mit grossem ernst
gestraft werden.
[Die weiteren Punkte gehören nicht hierher.]

Zittau.
Litteratur: Kirchen- und Reformationsgeschichte der Sechsstadt Zittau (von Altmann,
mit Vorwort von Haussdorf). Budissin 1732; Peschek, Handbuch der Geschichte von
Zittau. Zittau 1834. I, S. 351; G. M. (?), Kurzes Verzeichnis aller evang. prediger, welche von
A° 1621 in Zittau gelehrt haben. Görlitz 1718 (ein Exemplar befindet sich in Halle, Univ.-Bibl.
Ponikau’sche Bibliothek); Kämmel, Schule von Zittau unter Einwirkung der Reformation.
Separat-Abdruck aus dem Neuen Laus. Magazin Bd. 49, S. 258 ff.; Gärtner, Die Zittauer
Schule bis zur Gründung des Gymnasiums. Festschrift 1886; Gärtner, Quellenbuch zur Ge-
schichte des Gymnasiums zu Zittau. Leipzig 1905; G. J. Müller, a. a. O. S. 374 ff. (dortselbst
ältere Litteratur); Sauppe und Herz, in Neue sächs. Kirchengalerie.
Die Einführung der Reformation fand hier frühzeitig, aber nur schrittweise statt.
Peschek, a. a. O. S. 403, berichtet, dass unter Pastor Primarius Tektander (1558 bis
1579) die Kirchenordnung von 1564 von der Obrigkeit im Einverständniss mit den drei Predigern
 
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