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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0430

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410

Schlesien.

Zum funften haben auch die funf vorsteher
des gemeinen almosen iren diaconum, den man
nennt den austailer, einen besondern buchhalter
und auch sonst einen diener, den man heist visi-
tator pauperum , schaffer, sichmagd, wartern der
kranken , franzosenarzt und einen wundarzt und
und was dienst hierzu von nöten sein will, mit
bestimten emtern und diensten vorsorget, welche
alles und iedes, so das gemein almos belanget,
bein dem lieben armut und sonst noch ihrem be-
fehl und notturft der kranken pflegen und aus-
richten sollen.
Zum sechsten seind sieben spittalien oder
siechheuser der armen, schwachen, gebrechlichen
und kranken leute, die zu irem alten vorigen
einkommen aus dem teglichen enthalt gemeines
almosen wochenlich vorsorget werden; dieselben
haben auch ire sonder darzu vorordente spittal-
maister, schaffer, sichknecht und siechmägde, die
dem armut hierinnen dienen sollen.
Zum siebenden, von dem einkommen des
gemeinen almosen. Seind erstlichen die gemeine
kasten in allen pfarkirchen, da man das evange-
lium Cristi lernet und prediget, darzu vorordent
und aufgericht, die man alle 14 tage ausnimt,
und was aldo befunden würd, mit fleisz ein-
geschrieben soll werden. Dornach seind ezliche
jerliche wiederkeufliche zinse, so die erbarn
zechen in der statt in vortrauen gehabt, doch zu-
vor dem armut zugehörende, dem gemeinen almosen
abgetreten und eingereumt worden, dorzu weil
durch gottes gnade und barmherzigkeit auch das
gemeine almos dieser zeit her von gelde was ubrig,
wir mehr dorzu gezeuget und gekauft haben, auch
kunftig sol gezeuget werden, dornach was auch
teglichen aus den testamenten gefallen mag. Und
aus diesem und dergleichen einkommen musz das
gemeine almosen nach vormög erhalten und vor-
sorget werden und gar nichts aus den geistlichen
zinsen haben.
Zum achten, was die auspendung dieses
almosen belanget, nemlich mit gelde, brot, schue,
klaidung, hauszinse, mit fremden und einheimi-
schen in allerlai vorsorg, nach eines jeden not
und bequemigkait, ist alhier nicht not darvon zu
schreiben.
Zum neunden seind ausserhalb der vorgenante
spittalien, die mit armen kranken leuten gar vor-
füllet sind, in der statt hin und wieder in allen
gassen weit über 400 arme leute, die bei andern
zuhause innen sein, auch arme elende wittwen
mit iren wesen, arme tagloner, handreicher, die
alters und krankhait halben oder uberfahlung der
kinder ir teglich brot nicht haben mögen, wie
das der almechtige gott uber einen ieden vor-
hengen mag, dorvon alle, wo sie ordenlicher
weise bei den vorordneten vorstehern des gemeinen

almosen mit guten gezeugnis angezaiget vor-
schrieben werden, würd noch vormag bequemlicher
hülf und rath vorschafft.
Zum zehenden ist, wie oben gemelt, dem archi-
diacono oder dem austeiler, dem solches von den
herrn vorstehern volle macht gegeben alle und
iede sachen das ganze gemaine almos belangent,
also befohlen, das er es mit allen trauen und
fleiss ausrichten soll und davon seinen herrn vor-
stehern alle wochen guten bescheidt und rech-
nunge geben, das so alsdan durch den buchhalter
in irer gegenwart alles in ire bücher mit'fleisz
schrieben und vorlesen soll werden.
Zum eilften soll auch der visitater gute
achtunge haben auf die hausarmen, das sie nicht
petteln gehen sollen in der stadt noch auf dem
thume oder ire kinder. Es sollen auch die armen
leute, den man das gemein almos giebet, in kainer
andern kirchen gefunden werden, allain do man
das heilige evangelium Jesu Christi prediget, bei
vorlust des almosen; und wo er sehe, das einer,
es sei frau oder man oder kind, mit harter [härterer]
krankhait beladen würden, ehe den er zuvor gehabt
hat, dem soll der austailer etwan ein groschen
oder zwene nach erkentnis der herrn vorsteher
addiren und wo es besser mit im würde, wiederum
suptrahiren.
Zum zwelften soll auch der diaconus oder
austailer neben dem visitatori alles und iedes,
so das gemein almos belangende, bei dem armut
und sonst nach irer herrn vorsteher befehl und
notturft der kranken pflegen und ausrichten; in-
sonderhait soll genanter austailer alle die zinsen,
schulden, die er einzumanen pflegt, vor der auf-
rechnunge, so viel im immer möglich sein will,
ermanen und einbringen und die den herrn vor-
stehern vor dem beschlusz irer rechnung uber-
antworten.
Zum dreizehenden soll der buchhalter auf
alle sachen gute achtung haben, damit dem armut
nichts vorgessen würd, einzuschreiben und seine
bücher rein und gut halten, auch die bücher, die
er in seiner vorwahrunge hat, das er der kaines
vorliere oder sonst umkommen lest, auf das er
den herrn vorstehern alle jar zugleich von allem
einkommen des armuts, desgleichen ausgeben und
vorblieben, aus den almos büchern guten bescheidt
und rechenschaft kan geben.
Zum vierzehenden soll auch kainer perschonen,
menlichs oder weiblichs geschlechte, die da
wohnen under den epten, nonnen oder sonst unter
den geistlichen gütern, das gemein almos nicht
gegeben werden, desgleichen auch den fremden,
die do anders woher kommen, sollen auch nicht
in unser gemein almos ordentlicher weise ge-
nommen noch geschrieben werden, sonder mit
 
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