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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0470

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450

Schlesien.

104. Ehe-Ordnung von 1561.
[Abdruck aus Jahrb. für Gesch, des Protestantismus in Österreich 13, S. 11.

Artikel von ehegelöbnissen und stritti-
gen ehesachen von George Friedrich.
Würdiger und besonder lieber herr und freund!
Wir können euch guter meinung nicht ver-
halten, obwohl der heilige ehestand als der von
gott selbst eingesetzet und geordnet ist, bester
zucht und ordnung im menschlichen geschlechte
erhalten werden soll, so gibt es doch die tägliche
erfahrung genugsam zu erkennen, dass von vielen
unseres gnädigen fürsten und herrn unterthanen
grosse leichtfertigkeit nicht ohne verletzung ihres
gewissens gebraucht und oftermals ganz verderb-
lich hierinnen gehandelt wird; also dass ein ernst-
lich einsehen zu haben in allweg gebüren und
von nöthen sein will. Damit nun hinfüren solchem
übel desto mehr begegnet und gottes gerechter
zorn abgewendet, dagegen aber gottes lob und
preis, zucht, ehrbarkeit und allgemein aller christen
Wohlfahrt gefördert werde, hat der durchlauch-
tigste hochgeborene fürst und herr herr George
Friedrich, markgraf zu Brandenburg und herzog
in Schlesien, zu Jägerndorf etc. beigenannte ar-
tikel eheliche verlöbnus und den hei-
ligen ehestand betreffend in schriften ver-
fassen lassen ; um ernstlich ordnung zuverschaffen,
dass ihr dieselbigen männiglich zur erinnerung
jetzo förderlich, und dann auch hinfüro des jahres
zweimal: nämlich auf den ersten Sonntag nach
Ostern und auf den nächsten Sonntag nach
Michaelis von allen kanzeln verlesen lassen wollet.
Solches haben wir euch als empfangenen bericht
nicht unangezeiget lassen wollen, welches wir
euch als geschehen uns zu euch gänzlich ver-
lassen und sind euch zu freundlichen diensten ge-
williget.
Oberhauptmann und räthe
im hause Jägerndorf.
Artikel von ehelicher verpflichtung.
Nachdem die ehe eine göttliche, rechtmässige
zusammenfügung, verbündnis und gemeinschaft ist
eines mannes und eines weibes, welche kein
mensch zu scheiden noch aufzulösen macht und
gewalt hat, soll derowegen jedermänniglich bei
vermeidung unser ungnad und unnachsichtlichen
strafe sich fleissig für sehen und hüten:
Erstlich, dass sich keine Person mit zweien
zugleich und vor absterben des ersten zu
keiner zeit ehelich verspreche oder verhei-
rathe.
Zum andern, dass sich niemand verheirathe

zu einer solchen person, die ihm mit freund-
schaft oder schwägerschaft im ersten, andern
oder dritten grade und sippe verwandt oder
auch seine pflegetochter sei.
Zum dritten, dass die jungen, so noch ihrer
eltern gewalt und andere, die unter den vor-
munden sind, ohne rath, vorwissen und be-
willigung ihrer eltern oder vormund und
nächster freund kein ehegelöbnis eingehen
und sich mitnichten verheirathen.
Zum vierten, dass sich niemand mit dem
andern ehelich verlobe im winkel oder heim-
lich, noch betrüglich im tanz oder bei nacht
oder bei tage, vielweniger aber unterm schein
versprochener ehe oder auch mit beding künf-
tiger hoffentlicher ehe beischlafe, sondern all-
wegen auf wenigste zwei eheliche personen
als zeugen dazugezogen und auf recht ohne
schwerung und schwankung gehandelt werde.
Zum fünften, dass die wissentlich vertrauten
vor hochzeitlichem kirchgang sich nicht fleisch-
lich vermischen, noch häuslich bei einander
wohnen.
Zum sechsten, dass die verlobten eines das
andere wider seinen willen mit dem kirch-
gange und hochzeit nicht zu lange aufziehe,
sondern zur rechten zeit hochzeit halten und
einander ehelich beiwohnen, damit sie vom
teufel nicht versuchet und zu unzucht und ehe-
bruch wider göttliche ordnung getrieben werden.
Zum siebenten, dass kein ehegemahl vom
andern bruchig werde, weder durch ehebruch
noch hinweglaufen oder andere sonderung.
Von strittigen ehesachen, wie es damit
gehalten werden soll.
Welche aber sich vergessen und wider diese
artikel einen oder mehr sträflich handeln werden,
weil mit dem heiligen ehestande nicht zu scherzen,
sondern gottes ordnung stets und fest gehalten
werden soll, dieselbigen damit sie ihre gewissen
gegen den gerechten ewigen richter verwahren
und ihrer ordentlichen obrigkeit von gottes wegen
nochmals schuldigen gehorsam leisten und alle
dem, das sich von rechtswegen gebühret, fleissig
nachsetzen, können sie ihre selbstrichter nicht sein,
sondern sollen sich bei andern als nämlich bei
unseren verordneten geistlichen und weltlichen
standes rechtmässigen bescheid ordentlicher weise
erholen, und beide superintendenten und amtleut
hierinnen handeln wie folgt:
 
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