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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0471

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Eheordnung für Jägerndorf
1.
Welche sich mit zweien ehelich verpflichten,
die sollen durch den pfarrherr und gewalthaber
als: amtmann, vogt, richter, bürgermeister des-
selben orts zu allen theilen sämmtlich und auf
ein bestimmten gewissen tag an oberhauptmann
und räthe und den superintendenten in Jägern-
dorf um rechtlichen entscheid stracks und un-
verlangt bei ihren pflichten geschafft und gewiesen
werden.
2.
Aber soll es auch durchaus gehalten werden
mit denen, so einander von geblüt und schwäger-
schaft in der dritten siept und grad oder näher
verwandt sind, wann sie eheliche pflicht einander
zugesagt haben.
3.
Welche sich aber ohne ihrer eltern und vor-
mund wissen und wider derselben willen ver-
heirathen, die sollen von keinem pfarrherr nicht
angenommen noch verkündiget, sondern sollen in
städten durch den pfarrer, bürgermeister und
etliche des raths, auf dem lande durch den burg-
grafen und richter die part (einzeln) verhöret, und
wann die eltern oder vormund ihren consens und
willen nicht gern dazu geben würden......
unverlangt an den superintendenten und seine zu-
geordnete bei ihren pflichten zu allen theilen ge-
schafft werden. Ob aber schon die eltern be-
willigen und die sache nicht an den superin-
tendenten und ehegerichte gelangen würde, sollen
nichtsdestoweniger die beiden verlobten personen
und ihre kuppler und küpplerin um ihre miss-
handlung die mannspersonen im thurm und die
weibspersonen in eisen vier tage mit wasser und
brot oder auch und sonderlich die kuppler und
küpplerin nach gestalt und gelegenheit der sachen
härter gestraft werden.
4.
So dann eins oder mehr das andere um die
ehe ansprach und eine ehe ausgeben, das andere
theil aber der sachen als die im winkel und heim-
lich und etwa auch betrüglich gehandelt, nicht
geständig sein und leugnen würde, sollen die par-
teien allermassen, wie obsteht und in vorgehen-
den dritten artikel vermeldt ist, verhört und
kundschaft, da es von nöthen wie recht ist, ein-
vernommen, und so das beklagte theil nicht be-
kennen wollte, mit schriftlichem bericht an das con-
sistorium in ehesachen aufs fürderlichste ge-
wiesen werden. Wenn aber die beklagte partei
gütlich bekennen würde, bedürfe es keiner ferneren
unterhandlung noch urtheil. Es sollen aber doch
in diesem fall, wenn die schwängerung oder
schwächung gefolget, beide parteien mit wasser
und brot, wie droben beim dritten artikel ge-
setzet, gestrafet und zur hochzeit kein spiel noch

und Leobschütz von 1561. 451
tanz, auch der braut kein kranz noch haarbandel
zugelassen werden.
5.
Der fleischlichen vermischung und häuslichen
beiwohnung halben zweier verliebten personen vor
der hochzeit, so dies unbefugter weise geschiehet,
sollen die verbrecher auch mit wasser und brot,
wie bei dem dritten artikel verzeichnet, gestraft
und zur vollziehung der ehe angehalten, der braut
auch weder kranz noch haarbandel auf der hoch-
zeit und kirchgang zu tragen und gar kein spiel
noch tanz gestattet werden.
6.
Wenn aber zwei einander der ehe geständig
und kein impetiment oder hindernis vorhanden
und doch eines das andere mit dem kirchgang
allzu lang und gefährlicher weise aufzieht, wenn
des pfarrers vermahnen nicht helfen will, soll als-
dann das schuldige theil auf des klagenden an-
halten die ehe vollziehen oder aber delation um
längeren verzug bei verordnetem Consistorio aus-
zubringen von gewalthabern mit ernst angehalten
und gedrungen werden.
7.
Wider die ehebrecher und ehebrecherin soll
vermöge der amtsordnung von amtsleuten und ge-
walthabern gehandelt und niemand geschonet, aber
doch ausser dem Consistorio des ehebruchs halben
keine ehe sei gleich, vollzogen oder nicht voll-
zogen, zu scheiden ; sondern die parteien entweder
gütlich versöhnet oder da die versöhnung nicht
geschehen könnte, an das ehegericht geschafft
werden.
8.
Wenn auch ein ehegemahl vom andern weg-
laufet, soll das verlassene theil ohne erlaubnis
des Consistorii sich zu keiner zeit anderweit
verheirathen, sondern allewege zuvor bei dem
Consistorio um erlaubnis ansuchen und schrift-
lichen bericht der sachen und wahre kund-
schaft von gerichten oder amtleuten und pfarr-
herrn etc. dieselbigen vorzulegen haben mit sich
bringen.
9.
Würden aber eheleute sonst strittig, also das
eins dem andern nicht beiwohnen wollte, soll
ihnen von amtsleuten und gewalthabern ihres mut-
willens mit nichten gestattet, sondern die ver-
söhnung in allwege gesucht und endlich, wenn
nichts helfen will, an die eherichter gewiesen und
geschaffet werden.
10.
Diesen allem sollen durchaus nicht allein die
unterthanen und gemeine pfarrherr, sondern auch
oberhauptmann, räthe, superintendent und die ehe-
richter insgemein treulich und ohne alle gefährde
als treuen dienern und gehorsamen unterthanen

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