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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0483

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Kirchenordnung für Teschen von 1584.

463

halten, solches soll hienfurt beneben andern
papistischen wesen gänzlichen abgeschafft sein,
und dargegen die leichen ehrlichen durch den
cantor, oder so man es begehrt, durch den schuel-
meister und kirchendiener zue ihrem ruehbett ge-
leutet werden. Es soll aber aus allerhand genueg-
samen beweglichen ursachen jederzeit die vesper
stund hierzue verordnet und deputiret sein, es sei
gleich eins oder zwei funera.
Da aber auf einen sontag sich ein funus
generale begebe, soll zue gewöhnlicher zeit bis
uf den montag verschoben werden, und in welcher
sprache man die leich predigt halten wirt, in der-
selben solle auch gesungen und die leiche be-
leitet werden.
Man mag auch etliche schöne gebreuchliche
responsoria siengen. Es wird gleichfalls bei
wolbestelten kirchen das liechttragen als eine
superstition, aus heidnischem brauch geflossen,
nicht mehr gehalten, mag jedoch ohne superstition
frei gelassen sein, es soll dass begrebnuess gleich-
fals auf den dörfern ehrlich gehalten werden,
vonwegen der frölichen auferstehung von den
todten, welches der christen höchster, entlicher
und gewiesser trost ist, derhalben soll der pfarher
mit seinen schuelern in beisein etlicher nachbarn
deutsch oder böhemisch siengen, so es die zeit
erfordert, auch eine kuerze vermahnung thuen.
Die leichtuecher sollen auch in der closter kirchen
zuegleich getheilet werden.
XIII.
Gottes kasten.
Wann dan auch wegen einkomen des
gottes kastens und almosen biessanhero allerlei
unrichtigkeiten vorgefallen, derentwegen hiebevor
verordnung gethan und mit unserm fuerstlichen
secret autorisiret, so sollen wier, das dieselbe
ordnung in creften bleibe und gehalten werde,
darmit der armuet in ihren drangsalen, not, nicht
gelassen, sondern der verordnung nach jedesmal
versorget sein mögen.
Es sollen auch hienfüro uns alle jahr die
kirchväter der beiden kirchen beneben den predi-
canten was eingesamlet worden, guete rechnung
thuen, darmit zu spueren, das dem armut nichts
entzogen und in andern bösen brauch gewendet
worden möchte, dardurch der gemeine mann
kuenftig etwas dem gottes kasten oder kirchen
mit christlichen mielden gaben zuezueignen ab-
gehalten wuerde. Es sollen auch die kirch väter
die inventaria des kirchen einkommens, und das
nichts davon entzogen, jederzeit riechtig halten,
darmit, wan ein neuer pfarher ankomet, zur er-
bauung seiner neuen angebenden haushaltung
wiederum so viel bekomen und habhaft gemacht

werden möchte, als seinem antecessori eingereumt
und er im anziehen empfangen.
XIV.
Visitation der schuele.
Damitte gleichfals der schuelen kuenftig
riechtig vorgestanden, sientemal, sie darum gestift
und verordnet, darmit gottes wort, sprach, zucht
und tuegend gelehret, erhalten und durch gött-
liche verleihung auf unsere nachkhomen gepflanzet,
so sollen unsere predicanten samptlich und sonder-
lich sich mit bestem ernst und vleiss der schuelen
annehmen, dieselbe neben dem rath mit tuech-
tigen personen, welche ihrer lehr lebens und
wandels guet zeugnuess versehen, und alle jahr
zwier oder so oft es vonnöten ersuecht, in bei-
sein obbemerter1) pastoren, desgleichen buerger-
meisters, stadtschreibers und anderer zween des
raths examen gehalten werden, und damitte die
knaben zur grösserm vleiss gereizt, mag den-
jenigen, so in examine vor andern bestehen,
etwan ein verehrung, ein groschen oder etlich aus
dem gottes kasten gereicht werden, und wo unter
ihnen einer befunden, der zur lehr und zucht un-
geschickt und nicht gehorsam sein wolte, darmitte
andere von ihm zue dergleichen untuegenden nicht
gereizet, da er uber nottürftige verwahrung und
ermahnen sein leben nicht bessern und gehorsam
siech erzeigen werde, soll in der schuel nicht ge-
dueldet werden.
Beschluess.
Und wier thuen hierauf an alle und jede
unsere underthanen in der stadt und dörfern,
kirchen und schuelverwandten gnediglichen be-
gehren und ernstlichen bevehlen und wollen, dass
sich ein jeder inhalts dieser unser kirchen und
angeheften schuelordnung in allen artikeln, da-
riennen ausgedruckt, allenthalben gemess und ge-
horsamlich ohn einige wegerung verhalte, und da
sich einer oder der ander von schuel und kirchen-
dienern anders, dan wir vorgesatzt und gemeldt,
verhalten wirt, soll an seinem schuel und pfahr-
dienst lenger nicht gedueldet oder gelietten
werden.
An dem allen geschieht unsere gnedige und
ernstliche meinung. Zue urkund mit unserem
fuerstlichen insiegel becrefftiget, datum, Teschen,
den zwanzigten aprilis im ein tausend fünf hun-
dert vier und achtzigsten jahre.
Siedena Katarina, herzogin zue Teschen,
wiettib.
(L. S.)

1) oben erwähnter.
 
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