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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0487

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Bestätigung der an der Pfarrkirche zu Münsterberg bestehenden Bruderschaft von 1577.

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studiret und literati wehren, wiederumben ersatzt,
vormehret und gott dem allmechtigen zu ehren
und dem lieben ministerio und kirchenambt zu
statten, sowohl auch gemeinen leiten zur andacht
und nachvolge erhalten und in eine gewisse ord-
nung verfasset worden.]
„Erstlich sollen aus den jetzigen chorbrüdern
erwelet werden ein cantor, so das chor im singen
regire und neben ime zwene seniores oder eldisten,
die auf des chores und der bruderschaft bestes
achtung haben, die bücher aufheben und ver-
wahren, ordnung halten, und uber die brüder dieser
anordnung nach, wen und wie hoch sie poenfellig,
erkennen, wieder welche erkänntnus sich die
andern brüder nicht legen sollen bei straf des
erbaren raths zu Münsterberg oder nach gestalt
der sachen des kaiserlichen ampts selbst. Und
sol von der ganzen bruderschaft solch cantor und
seniores erwelet werden dergestalt, das wer hier-
zue geschicklichkeit, andacht und erbarkeit halber
am tauglichsten und derwegen der meisten brüder
suffragia oder stimmen hat, soll zu solchem ampte
auf drei nechst volgende jahr nach einander be-
stellet und dessen ohne erhebliche ursachen eher
nicht entlediget werden. Befiende aber die bruder-
schaft nach ausgange der dreien jahr kamen
tüchtigeren, so sol doch derjenige nichts weniger
got zu lobe solch ambt ferner vorrichten. In
solche bruderschaft soll man auch nit einen jeg-
lichen, wer es nur begert, ohne unterschaidt ein-
nemben, sondern nach erkäntnus des cantors und
der seniorum nur solche leute, so erbar was ge-
lert und eines guten lebens, das sie auf dem chor
mit singen nutze, und der bruderschaft sonsten
erlich sein können, denn diese erbare und christ-
liche gesellschaft leichtfertigen personen nit offen-
stehen soll. Wann nun einer, der tüchtig be-
funden wird, in das hierzu verordnete register
begert eingeschrieben und der bruderschaft ein-
geleibet zu werden, sol ein bürgersmann zur ge-
buer hiervon der gemeinen bruderschaft erlegen
neun groschen, einer vom adel aber wird sich
mit was mehrerem zuerzeigen wissen. Nach-
mals sollen die brüder in gemain, so des chorals
oder des gesanges etlicher massen kundig und
darzue dienstlich, an allen hohen festen, sonn-
tagen und anderen gewönlichen feiertagen zeitlich
genugsamb aufs chor sich zum gesange verfügen
und zu gottes lob und ihrer und anderer leute
wolfart mit gottesfurcht und in christlicher an-
dacht das ambt und gottesdienste vorrichten helfen.
Also und dergestalt, das zwischen dem bruder
und schueller chor ein gut vornemben sei, und
eines dem andern, wen es die noturft erhaischt,
durch etliche personas assistentes zu hülfe kämen
und das Decorum in ecclesia vernünftig, christlich
und volgehalten werde. Da aber der bruder einer

ohne genugsambe ursach (welches die drei vor-
gesatzten personen alle viertzehen tage, oder zu
derselben gelegenheit zu judiciren) langsamb
kumben, oder auch gar aussenbleiben würde, da-
rüber der eine senior einen catalogum halten
wird, sol der langsambe zwene denar, der aussen-
bleibende vier denar zur poen in der bruderschaft
seckel zu erlegen schuldig sein. Diejenigen aber,
so nicht literaten weren, nit singen können, noch
zur bruderschaft gehöreten, die sollen die fratres
auf ihrem chor unbedränget und ire bücher un-
betastet lassen. Do auch jemand uuder der bürger-
schaft oder derselben söhne zum singen lust
hetten, so sol einem jeden frei und bevorstehen,
das sie sich zu der zeit und stund, wann man
sonst in der schuel musicam zu lesen und zu
exerciren pflegt ohne entgeltnus darzue verfügen
mügen, alda sie dann vom cantore darinnen treu-
lich und vleissig underwiesen und underrichtet
werden sollen. Und damit aber auch die bruder
ires singens ziembliche ergeizlichkeit haben und
die ganze geselschaftet irer andacht, zucht und
erbarkeit geniessen und solche wolgemeinte bruder-
schaft desto besser und lenger bestehen möge, als
sol ihrer samblung künftig nit allein erfolgen,
was von altersher zu irem chor verordnet und
gegeben und bisher eingebracht worden, sondern
es sol hinfürder den brüdern auch von einer jeden
leiche ausser der stadt und von dörfern, so auf
den kirchhof geleget wird, von einem alten
sechs weissgroschen und von einem kinde drei
weissgroschen, von einer einheimischen leiche
in die kirche zu legen neun weissgroschen, von
einer adels person gedoppelt, von einer fremden
aber ein tahler zur biblioteca und besoldunge der
verordneten leichtreger gegeben werden. Wann
dann nun ein bruder, sein weib, kind oder ge-
sinde zur erden zu bestatten, sollen die brüder
allesambt, sofern sie hierumb ersucht werden,
schuldig sein, persönlich oder ja durch jemands
der irigen, solcher leiche das geleite zur erden
zu geben bei pön eines weissgroschen, da jemand
ohne wichtige und von den dreien für genugsambe
gefundene ursach dieses uberschritten würde, und
sol allemal dem calcanten, der hiezue bestellet,
und die bruderschaft beleuft, auch ein weiss-
groschen gegeben werden. Wie auch sunsten bei
innungen breuchlich, järlich ein oder mehrmals
zusammenzukumben, mit einander zu essen und
der sammlung bestes zu berathschlagen, also sol
hiermit auch dieser christlichen bruderschaft ver-
gunstet sein, des jares einmal, oder da es ire
gelegenheit zweier, wen es inen am füglichsten
an einem ohrte zusammenzukumben, oder da dis
nit reichen wolte, aus eines jeden darzue gelegeten
symbolo eine ziembliche collation zu halten. Doch
dergestalt, das darbei gottesfurcht, zucht und
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