Grafschaft Schaumburg
im August 1532 in Straßburg wegen der Bedrohung durch die Osmanen abgehalten96. Bei den regelmäßig
wiederkehrenden Bettagen kristallisierten sich in den meisten Gebieten die alten Stationstage, der Mitt-
woch und der Freitag, heraus97.
Auch Graf Otto IV. griff auf den Freitag für die Feier der bede messe98 zurück, zu deren Abhaltung er die
Pfarrer der Grafschaft in seinem Mandat vom 20. Februar 1563 verpflichtete. Bei der Einrichtung der
Betmesse berief er sich auf die einige Jahre zuvor eingeführte Mecklenburgische Kirchenordnung99. Von
Bettagen bzw. Betmessen ist in der Kirchenordnung jedoch nicht direkt die Rede. Im Abschnitt über die
Gottesdienste in den Städten unter der Woche sind jedoch Versammlungen für den Mittwoch und den
Freitag in der Zeit zwischen 7 und 8 Uhr am Morgen vorgesehen. In ihnen sollten die Geistlichen für ihre
Predigten solche Bücher oder Abschnitte aus der Heiligen Schrift auswählen, die furnemlich zu nötigem
unterricht und trost aller menschen dienstlich seien. Vor und nach der Predigt sollte die Gemeinde deutsche
Kirchenlieder singen, damit die herzen dadurch zum gebet erwecket würden. Für den Teil nach der Predigt war
auch der Gesang der Litanei vorgesehen100.
Anweisungen für die Gestaltung der Betmessen in der Grafschaft Schaumburg sind nicht überliefert.
Auch in der Kirchenordnung von 1614, in der die Bettage im dritten Teil („Von Ordnung der Ceremonien,
Lection, Fest-, Feyer- Werck- und Bettagen“) behandelt werden, sucht man derartige Informationen ver-
geblich. Dort heißt es lapidar, daß bei den Bettagen keine Newerung gemacht, sondern damit verfahren
werden soll, wie es in unsern Graffschaften ublich ist hergebracht101. In dem Mandat Graf Ottos IV. vom 20.
Februar 1563 ist zwar die Rede davon, daß die Gläubigen unverhindert andirer geschefte die Betmesse besu-
chen sollten; die Frage der Arbeitsruhe wird aber im weiteren nirgendwo angesprochen102.
6a. Berufung und Instruktion der Visitatoren, 21. April 1564 (Text S. 62) / 6b. Anweisungen für die
Durchführung der Visitation, 21. April 1564 (Text S. 63)
Das Mittel der Visitation als Element der Kirchenorganisation geht auf die Spätantike bzw. das Frühmit-
telalter zurück. Nach dem weitgehenden Verfall der Visitationen gegen Ende des Mittelalters wurden sie in
der Reformationszeit neu belebt. Bei der Durchsetzung der Reformation bildeten sie einen wichtigen Bau-
stein103. Die erste Visitation 1527 in Sachsen beruhte auf der Instruktion Kurfürst Johanns I. des Bestän-
digen104. Die Visitationskommission setzte sich dabei aus Theologen und Räten des Kurfürsten zusam-
men105. Vielerorts flossen die bei den Visitationen gewonnenen Erkenntnisse in die Kirchenordnungen ein.
Umgekehrt dienten Visitationen aber auch ihrer Durchsetzung106, wie im Herzogtum Mecklenburg, wo die
neue Kirchenordnung 1552 mit Hilfe einer Generalvisitation eingeführt worden war107.
Im Unterschied zum Herzogtum Mecklenburg vergingen in der Grafschaft Schaumburg fast fünf Jahre
von der Einführung der Kirchenordnung bis zur Ansetzung einer Visitation durch den Grafen. Mit seinem
Schreiben vom 21. April 1564 berief Otto IV. eine Visitationskommission, die sich aus fünf Räten und vier
Geistlichen zusammensetzte. Die weltlichen Amtsträger besaßen also eine Mehrheit108. Zu den Geistlichen
gehörte auch der Hofprediger und Pfarrer von Stadthagen Jakob Dammann. Die Kommission sollte sich
96 Vgl. Sehling, EKO XX,1, Nr. 16, S. 228f.
97 Vgl. RGG4 1, Sp. 1901.
98 Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen s. ebd., Sp. 1901
(der Begriff „Betmesse“ findet sich u.a. in Lübeck).
99 Vgl. Nr. 1.
100 Sehling, EKO V, S. 201.
101 Nr. 21, S. 147.
102 Zur Diskussion um die Arbeitsruhe bei den Bettagen vgl.
Sehling, EKO XX,1, S. 54f.
103 Vgl. TRE 35, S. 151-153.
104 Die „instruction und befelch, dorauf die visitatores abge-
fertigt sein“ ist ediert in Sehling, EKO I, S. 142-148.
105 Vgl. ebd., S. 33-40.
106 Vgl. TRE 35, S. 155f.
107 Vgl. Sehling, EKO V, S. 136: Ebendort sind auch die
Visitationsinstruktion vom 12. November 1552 (S. 219-
221) und der „Processus visitationis“ (S. 221-224) abge-
druckt.
108 Vgl. Husmeier, Graf Otto IV., S. 197f.
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im August 1532 in Straßburg wegen der Bedrohung durch die Osmanen abgehalten96. Bei den regelmäßig
wiederkehrenden Bettagen kristallisierten sich in den meisten Gebieten die alten Stationstage, der Mitt-
woch und der Freitag, heraus97.
Auch Graf Otto IV. griff auf den Freitag für die Feier der bede messe98 zurück, zu deren Abhaltung er die
Pfarrer der Grafschaft in seinem Mandat vom 20. Februar 1563 verpflichtete. Bei der Einrichtung der
Betmesse berief er sich auf die einige Jahre zuvor eingeführte Mecklenburgische Kirchenordnung99. Von
Bettagen bzw. Betmessen ist in der Kirchenordnung jedoch nicht direkt die Rede. Im Abschnitt über die
Gottesdienste in den Städten unter der Woche sind jedoch Versammlungen für den Mittwoch und den
Freitag in der Zeit zwischen 7 und 8 Uhr am Morgen vorgesehen. In ihnen sollten die Geistlichen für ihre
Predigten solche Bücher oder Abschnitte aus der Heiligen Schrift auswählen, die furnemlich zu nötigem
unterricht und trost aller menschen dienstlich seien. Vor und nach der Predigt sollte die Gemeinde deutsche
Kirchenlieder singen, damit die herzen dadurch zum gebet erwecket würden. Für den Teil nach der Predigt war
auch der Gesang der Litanei vorgesehen100.
Anweisungen für die Gestaltung der Betmessen in der Grafschaft Schaumburg sind nicht überliefert.
Auch in der Kirchenordnung von 1614, in der die Bettage im dritten Teil („Von Ordnung der Ceremonien,
Lection, Fest-, Feyer- Werck- und Bettagen“) behandelt werden, sucht man derartige Informationen ver-
geblich. Dort heißt es lapidar, daß bei den Bettagen keine Newerung gemacht, sondern damit verfahren
werden soll, wie es in unsern Graffschaften ublich ist hergebracht101. In dem Mandat Graf Ottos IV. vom 20.
Februar 1563 ist zwar die Rede davon, daß die Gläubigen unverhindert andirer geschefte die Betmesse besu-
chen sollten; die Frage der Arbeitsruhe wird aber im weiteren nirgendwo angesprochen102.
6a. Berufung und Instruktion der Visitatoren, 21. April 1564 (Text S. 62) / 6b. Anweisungen für die
Durchführung der Visitation, 21. April 1564 (Text S. 63)
Das Mittel der Visitation als Element der Kirchenorganisation geht auf die Spätantike bzw. das Frühmit-
telalter zurück. Nach dem weitgehenden Verfall der Visitationen gegen Ende des Mittelalters wurden sie in
der Reformationszeit neu belebt. Bei der Durchsetzung der Reformation bildeten sie einen wichtigen Bau-
stein103. Die erste Visitation 1527 in Sachsen beruhte auf der Instruktion Kurfürst Johanns I. des Bestän-
digen104. Die Visitationskommission setzte sich dabei aus Theologen und Räten des Kurfürsten zusam-
men105. Vielerorts flossen die bei den Visitationen gewonnenen Erkenntnisse in die Kirchenordnungen ein.
Umgekehrt dienten Visitationen aber auch ihrer Durchsetzung106, wie im Herzogtum Mecklenburg, wo die
neue Kirchenordnung 1552 mit Hilfe einer Generalvisitation eingeführt worden war107.
Im Unterschied zum Herzogtum Mecklenburg vergingen in der Grafschaft Schaumburg fast fünf Jahre
von der Einführung der Kirchenordnung bis zur Ansetzung einer Visitation durch den Grafen. Mit seinem
Schreiben vom 21. April 1564 berief Otto IV. eine Visitationskommission, die sich aus fünf Räten und vier
Geistlichen zusammensetzte. Die weltlichen Amtsträger besaßen also eine Mehrheit108. Zu den Geistlichen
gehörte auch der Hofprediger und Pfarrer von Stadthagen Jakob Dammann. Die Kommission sollte sich
96 Vgl. Sehling, EKO XX,1, Nr. 16, S. 228f.
97 Vgl. RGG4 1, Sp. 1901.
98 Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen s. ebd., Sp. 1901
(der Begriff „Betmesse“ findet sich u.a. in Lübeck).
99 Vgl. Nr. 1.
100 Sehling, EKO V, S. 201.
101 Nr. 21, S. 147.
102 Zur Diskussion um die Arbeitsruhe bei den Bettagen vgl.
Sehling, EKO XX,1, S. 54f.
103 Vgl. TRE 35, S. 151-153.
104 Die „instruction und befelch, dorauf die visitatores abge-
fertigt sein“ ist ediert in Sehling, EKO I, S. 142-148.
105 Vgl. ebd., S. 33-40.
106 Vgl. TRE 35, S. 155f.
107 Vgl. Sehling, EKO V, S. 136: Ebendort sind auch die
Visitationsinstruktion vom 12. November 1552 (S. 219-
221) und der „Processus visitationis“ (S. 221-224) abge-
druckt.
108 Vgl. Husmeier, Graf Otto IV., S. 197f.
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