Einleitung
se152. Auch bei der Zusammensetzung des Konvents vollzog sich ein langsamer Wandel: Die Zahl der aus den
Niederlanden und aus Westfalen stammenden Brüder ging zurück; an ihre Stelle traten Konventualen aus
dem Wesergebiet153.
Mit der im Mai 1570 geschlossenen Vereinbarung zwischen dem Grafen und dem Konvent war der
Fortbestand des Stifts vorerst gesichert. In der Einleitung des Vertrags ist die Absicht Ottos IV. hervor-
gehoben, im Unterschied zu anderen Landesherren die Klöster und Stifte seiner Grafschaft nicht aufzuhe-
ben, sondern bey wolstande bleiben zu lassen. Mit dem Verzicht des Konvents auf die Wassermühle in Exten,
auf die Otto IV. schon lange ein Auge geworfen hatte, wurde ein wichtiger Streitpunkt zwischen dem Grafen
und dem Stift beseitigt154. Otto IV. verbot die Veräußerung von Klostergut ohne seine Zustimmung, sagte
umgekehrt aber zu, das Stift nicht weiter durch Einquartierungen (einlager) zu belasten. Die Konventualen
verpflichteten sich, der Heiligen Schrift Folge zu leisten und die Gottesdienste und die Verwaltung der
Sakramente nach ihr auszurichten. Sie durften aber an den Statuten des Augustinerordens festhalten, sofern
diese dem gottlichen worte nicht widersprachen. Auch mußte sich der Konvent mit der Einrichtung einer
Schule im Kloster und der Anstellung eines Schulmeisters einverstanden erklären.
Der Vertrag ist von den Schaumburger Landständen unterzeichnet, die damit den Erhalt des Stifts
garantierten. Anders als die Äbtissin von Fischbeck, welche die Liste der Unterzeichnenden anführt, scheint
die Priorin des Stifts Obernkirchen ihre Unterschrift verweigert zu haben. Mit dem Abschluß des Vertrags
vertieften sich die Verbindungen des Grafenhauses zu Möllenbeck; die Kirche des Stifts wurde zur bevor-
zugten Grablege der Schaumburger155.
Im Unterschied zu anderen evangelischen Männerstiften hielten die Möllenbecker Konventualen am
Zölibat fest. Sie trugen weiterhin den Habit. Auch die alten Ämter des Priors156, Subpriors, Prokurators,
Cellerars und Kustos blieben bestehen. Das Chorgebet wurde fortgeführt und fand zum Teil in deutscher
und zum Teil in lateinischer Sprache statt. Den Horen wurden jedoch, ebenso wie den Lesungen bei den
gemeinsamen Mahlzeiten, jetzt biblische Stoffe zugrunde gelegt157. Auch die Verbindungen zur Windeshei-
mer Kongregation wurden weiterhin aufrechterhalten158.
Möglicherweise hatte schon vor dem Abschluß des Vertrags der Prior Hermann Wening das Stift für den
Unterricht geöffnet. Förmlich begründet wurde die Schule in Möllenbeck aber durch die Vereinbarung von
1570. Ihr zufolge sollten Söhne aus adeligen und nicht-adeligen Familien der Grafschaft Aufnahme finden.
Die Zahl der Schüler war aber wohl begrenzt, um die Einkünfte des Stifts nicht über Gebühr zu belasten. In
Mißachtung der Vereinbarung, wonach das Stift nicht mit vorbitt [...] beschwert werden sollte, scheinen die
Schaumburger Grafen hin und wieder um die Aufnahme von Schülern gebeten zu haben. Im Mittelpunkt
des Unterrichts standen die alten Sprachen. Bis 1581 waren die Schüler im Stift selbst untergebracht, dann
wurde für sie ein eigenes Schulgebäude errichtet. Die Schule hatte bis 1631 Bestand; dann ging sie in den
Wirren des Dreißigjährigen Krieges unter159.
11. Zuchtmandat, 28. April 1576 (Text S. 76)
Siehe hierzu die Erläuterungen unter Nr. 9.
152 Vgl. die Einleitung zu Nr. 6a und b, S. 36f.
153 Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, S. 122.
154 Zum Streit um die Wassermühle in Exten (heute ein
Stadtteil von Rinteln) vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 46;
Heutger, Stift Möllenbeck, S. 120f.
155 Vgl. Niedersächsisches Klosterbuch 3, S. 1064f.
156 Bei den Landtagen der Grafschaft hatte der Prior Sitz
und Stimme.
157 Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, S. 122-126.
158 Ebd., S. 140-142.
159 Ebd., S. 127f.
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se152. Auch bei der Zusammensetzung des Konvents vollzog sich ein langsamer Wandel: Die Zahl der aus den
Niederlanden und aus Westfalen stammenden Brüder ging zurück; an ihre Stelle traten Konventualen aus
dem Wesergebiet153.
Mit der im Mai 1570 geschlossenen Vereinbarung zwischen dem Grafen und dem Konvent war der
Fortbestand des Stifts vorerst gesichert. In der Einleitung des Vertrags ist die Absicht Ottos IV. hervor-
gehoben, im Unterschied zu anderen Landesherren die Klöster und Stifte seiner Grafschaft nicht aufzuhe-
ben, sondern bey wolstande bleiben zu lassen. Mit dem Verzicht des Konvents auf die Wassermühle in Exten,
auf die Otto IV. schon lange ein Auge geworfen hatte, wurde ein wichtiger Streitpunkt zwischen dem Grafen
und dem Stift beseitigt154. Otto IV. verbot die Veräußerung von Klostergut ohne seine Zustimmung, sagte
umgekehrt aber zu, das Stift nicht weiter durch Einquartierungen (einlager) zu belasten. Die Konventualen
verpflichteten sich, der Heiligen Schrift Folge zu leisten und die Gottesdienste und die Verwaltung der
Sakramente nach ihr auszurichten. Sie durften aber an den Statuten des Augustinerordens festhalten, sofern
diese dem gottlichen worte nicht widersprachen. Auch mußte sich der Konvent mit der Einrichtung einer
Schule im Kloster und der Anstellung eines Schulmeisters einverstanden erklären.
Der Vertrag ist von den Schaumburger Landständen unterzeichnet, die damit den Erhalt des Stifts
garantierten. Anders als die Äbtissin von Fischbeck, welche die Liste der Unterzeichnenden anführt, scheint
die Priorin des Stifts Obernkirchen ihre Unterschrift verweigert zu haben. Mit dem Abschluß des Vertrags
vertieften sich die Verbindungen des Grafenhauses zu Möllenbeck; die Kirche des Stifts wurde zur bevor-
zugten Grablege der Schaumburger155.
Im Unterschied zu anderen evangelischen Männerstiften hielten die Möllenbecker Konventualen am
Zölibat fest. Sie trugen weiterhin den Habit. Auch die alten Ämter des Priors156, Subpriors, Prokurators,
Cellerars und Kustos blieben bestehen. Das Chorgebet wurde fortgeführt und fand zum Teil in deutscher
und zum Teil in lateinischer Sprache statt. Den Horen wurden jedoch, ebenso wie den Lesungen bei den
gemeinsamen Mahlzeiten, jetzt biblische Stoffe zugrunde gelegt157. Auch die Verbindungen zur Windeshei-
mer Kongregation wurden weiterhin aufrechterhalten158.
Möglicherweise hatte schon vor dem Abschluß des Vertrags der Prior Hermann Wening das Stift für den
Unterricht geöffnet. Förmlich begründet wurde die Schule in Möllenbeck aber durch die Vereinbarung von
1570. Ihr zufolge sollten Söhne aus adeligen und nicht-adeligen Familien der Grafschaft Aufnahme finden.
Die Zahl der Schüler war aber wohl begrenzt, um die Einkünfte des Stifts nicht über Gebühr zu belasten. In
Mißachtung der Vereinbarung, wonach das Stift nicht mit vorbitt [...] beschwert werden sollte, scheinen die
Schaumburger Grafen hin und wieder um die Aufnahme von Schülern gebeten zu haben. Im Mittelpunkt
des Unterrichts standen die alten Sprachen. Bis 1581 waren die Schüler im Stift selbst untergebracht, dann
wurde für sie ein eigenes Schulgebäude errichtet. Die Schule hatte bis 1631 Bestand; dann ging sie in den
Wirren des Dreißigjährigen Krieges unter159.
11. Zuchtmandat, 28. April 1576 (Text S. 76)
Siehe hierzu die Erläuterungen unter Nr. 9.
152 Vgl. die Einleitung zu Nr. 6a und b, S. 36f.
153 Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, S. 122.
154 Zum Streit um die Wassermühle in Exten (heute ein
Stadtteil von Rinteln) vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 46;
Heutger, Stift Möllenbeck, S. 120f.
155 Vgl. Niedersächsisches Klosterbuch 3, S. 1064f.
156 Bei den Landtagen der Grafschaft hatte der Prior Sitz
und Stimme.
157 Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, S. 122-126.
158 Ebd., S. 140-142.
159 Ebd., S. 127f.
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