Einleitung
noch in Gegenwart der Eltern oder Vormünder und unter Hinzuziehung von zwei oder drei Mitgliedern des
Rates und des Stadtschreibers gegeben werden sollte. Die Absprache sollte dann vom Stadtschreiber oder
einem Notar in Form eines Vertrags aufgesetzt und nach Verlesung von beiden Seiten durch ihre Unter-
schrift bestätigt werden. Auf dem Land sollte das Eheversprechen in Gegenwart eines Beamten des Grafen
erfolgen und in das Amtsbuch eingetragen werden.
Weitere Regelungen zur Eheschließung finden sich dann erst wieder 1615 in den beiden großen Geset-
zeswerken des Grafen Ernst: in der „Amts- und Hausordnung“168 und vor allem in der „Polizeiordnung“
(dort im IV. und V. Kapitel): Verlobungen dürfen demnach nur mit der Zustimmung der Eltern erfolgen.
Die ohne ihre Einwilligung eingegangenen Verbindungen sind ungültig und sollen von den Eheräten für
nichtig erklärt werden. Umgekehrt können sich die Eheräte aber auch einschalten, wenn die Eltern ihre
Zustimmung zu einer Verbindung aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigern, zumal wenn die Braut-
leute mündig sind169. Dabei kommt der Grundsatz zum Tragen: Der bloße Dissens der Eltern kann keine
Ehe verhindern170. In der „Polizeiordnung“ wird auch die Frage diskutiert, ob der Dissens der Eltern eine
Verbindung auflösen kann, die durch den Beischlaf bereits vollzogen ist. Im Unterschied zu anderen luthe-
rischen Kirchen, die eine solche Ehe in der Vergangenheit für unbündig erklärt hatten, wollten die Räte der
Grafschaft Schaumburg eine solche Verbindung nicht ohne weitere Gründe auflösen171. In den Fällen, in
denen keine Eltern oder Vormünder mehr vorhanden waren, sollten die Brautleute ihr Eheversprechen in
Gegenwart von fünf oder sechs Zeugen abgeben172. Die Themen Ehehindernisse, Scheidung und Wieder-
verheiratung werden in der „Polizeiordnung“ zwar angesprochen, jedoch ohne daß nähere Ausführungen
dazu erfolgen. Vielmehr werden die Mitglieder des Konsistoriums aufgefordert, wie ihre Kollegen in ande-
ren Konsistorien nach dem gemeinen Recht und den Gutachten der Rechtsgelehrten zu entscheiden173.
15. Vereinbarung für das Stift Fischbeck, 27. Oktober 1602 (Text S. 81)
Dem im Oktober 1602 zwischen Graf Ernst und dem Konvent des Stifts Fischbeck abgeschlossenen Vertrag
war ein mehrere Jahrzehnte währender Streit zwischen den Schaumburger Grafen und den Konventualin-
nen vorausgegangen. Zwar hatte sich Otto IV. in dem 1566 mit den Landständen abgeschlossenen Vertrag
zum Erhalt der beiden Frauenstifte in Obernkirchen und in Fischbeck verpflichtet und dabei auch die freie
Wahl der Vorsteherin und die Unverletzlichkeit der Stiftsgüter zugesagt174, gleichzeitig aber auch ein Auf-
sichts- und Mitspracherecht in Stiftsangelegenheiten beansprucht175.
Zu einem ständigen Streitpunkt geriet die Einsetzung des Amtmanns. In Fischbeck hatte Graf Otto IV.
1562, als der bisherige Amtmann Ludwig Ladeging seine Stelle aufgab, dem von der Äbtissin ausgewählten
Nachfolger seine Anerkennung verweigert und mit Konrad Brüggemann einen eigenen Kandidaten
ernannt. Gegen den Willen des Konvents setzte er Brüggemann 1575 aber wieder ab und machte Gerhard
Schmidt zum neuen Amtmann. In einem Schreiben an Otto IV. protestierte der Konvent zwar gegen dieses
Vorgehen, erklärte aber gleichzeitig, es mit dem Grafen zu keinem Konflikt kommen lassen zu wollen176.
Unter Ottos Nachfolger, Adolf XIV., verschärften sich die Spannungen jedoch erheblich. Ein Besuch
des Grafen zusammen mit seiner Stiefmutter Elisabeth Ursula von Braunschweig-Lüneburg führte zu hef-
tigen Klagen Adolfs XIV. über die Zustände in Fischbeck. So kritisierte der Graf den hohen Anteil aus-
wärtiger Frauen, das zu niedrige Eintrittsalter der Schwestern, den freien Zugang fremder Personen, den
168 Landesverordnungen 1, Nr. 21, S. 200: In der Hausord-
nung wurde den Geistlichen eingeschärft, Personen vom
Land nur zu trauen, wenn diese einen vom Drosten unter-
zeichneten „Consenszettel“ vorweisen können.
169 Landesverordnungen 1, Nr. 22, S. 246f.
170 Vgl. dazu Frassek, Eherecht, S. 191f., 212.
171 Landesverordnungen 1, Nr. 22, S. 247f.: „Wie ferne nach
geschehenem Beyschlaf der Dissens der Eltern etwas wir-
ken könne“.
172 Ebd., S. 248.
173 Ebd., S. 248f.
174 Vgl. Husmeier, Graf Otto IV., S. 202.
175 Vgl. dazu Brosius, Fischbeck und die Landesherrschaft.
176 Vgl. Oldermann, Stift Fischbeck, S, 100f.
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noch in Gegenwart der Eltern oder Vormünder und unter Hinzuziehung von zwei oder drei Mitgliedern des
Rates und des Stadtschreibers gegeben werden sollte. Die Absprache sollte dann vom Stadtschreiber oder
einem Notar in Form eines Vertrags aufgesetzt und nach Verlesung von beiden Seiten durch ihre Unter-
schrift bestätigt werden. Auf dem Land sollte das Eheversprechen in Gegenwart eines Beamten des Grafen
erfolgen und in das Amtsbuch eingetragen werden.
Weitere Regelungen zur Eheschließung finden sich dann erst wieder 1615 in den beiden großen Geset-
zeswerken des Grafen Ernst: in der „Amts- und Hausordnung“168 und vor allem in der „Polizeiordnung“
(dort im IV. und V. Kapitel): Verlobungen dürfen demnach nur mit der Zustimmung der Eltern erfolgen.
Die ohne ihre Einwilligung eingegangenen Verbindungen sind ungültig und sollen von den Eheräten für
nichtig erklärt werden. Umgekehrt können sich die Eheräte aber auch einschalten, wenn die Eltern ihre
Zustimmung zu einer Verbindung aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigern, zumal wenn die Braut-
leute mündig sind169. Dabei kommt der Grundsatz zum Tragen: Der bloße Dissens der Eltern kann keine
Ehe verhindern170. In der „Polizeiordnung“ wird auch die Frage diskutiert, ob der Dissens der Eltern eine
Verbindung auflösen kann, die durch den Beischlaf bereits vollzogen ist. Im Unterschied zu anderen luthe-
rischen Kirchen, die eine solche Ehe in der Vergangenheit für unbündig erklärt hatten, wollten die Räte der
Grafschaft Schaumburg eine solche Verbindung nicht ohne weitere Gründe auflösen171. In den Fällen, in
denen keine Eltern oder Vormünder mehr vorhanden waren, sollten die Brautleute ihr Eheversprechen in
Gegenwart von fünf oder sechs Zeugen abgeben172. Die Themen Ehehindernisse, Scheidung und Wieder-
verheiratung werden in der „Polizeiordnung“ zwar angesprochen, jedoch ohne daß nähere Ausführungen
dazu erfolgen. Vielmehr werden die Mitglieder des Konsistoriums aufgefordert, wie ihre Kollegen in ande-
ren Konsistorien nach dem gemeinen Recht und den Gutachten der Rechtsgelehrten zu entscheiden173.
15. Vereinbarung für das Stift Fischbeck, 27. Oktober 1602 (Text S. 81)
Dem im Oktober 1602 zwischen Graf Ernst und dem Konvent des Stifts Fischbeck abgeschlossenen Vertrag
war ein mehrere Jahrzehnte währender Streit zwischen den Schaumburger Grafen und den Konventualin-
nen vorausgegangen. Zwar hatte sich Otto IV. in dem 1566 mit den Landständen abgeschlossenen Vertrag
zum Erhalt der beiden Frauenstifte in Obernkirchen und in Fischbeck verpflichtet und dabei auch die freie
Wahl der Vorsteherin und die Unverletzlichkeit der Stiftsgüter zugesagt174, gleichzeitig aber auch ein Auf-
sichts- und Mitspracherecht in Stiftsangelegenheiten beansprucht175.
Zu einem ständigen Streitpunkt geriet die Einsetzung des Amtmanns. In Fischbeck hatte Graf Otto IV.
1562, als der bisherige Amtmann Ludwig Ladeging seine Stelle aufgab, dem von der Äbtissin ausgewählten
Nachfolger seine Anerkennung verweigert und mit Konrad Brüggemann einen eigenen Kandidaten
ernannt. Gegen den Willen des Konvents setzte er Brüggemann 1575 aber wieder ab und machte Gerhard
Schmidt zum neuen Amtmann. In einem Schreiben an Otto IV. protestierte der Konvent zwar gegen dieses
Vorgehen, erklärte aber gleichzeitig, es mit dem Grafen zu keinem Konflikt kommen lassen zu wollen176.
Unter Ottos Nachfolger, Adolf XIV., verschärften sich die Spannungen jedoch erheblich. Ein Besuch
des Grafen zusammen mit seiner Stiefmutter Elisabeth Ursula von Braunschweig-Lüneburg führte zu hef-
tigen Klagen Adolfs XIV. über die Zustände in Fischbeck. So kritisierte der Graf den hohen Anteil aus-
wärtiger Frauen, das zu niedrige Eintrittsalter der Schwestern, den freien Zugang fremder Personen, den
168 Landesverordnungen 1, Nr. 21, S. 200: In der Hausord-
nung wurde den Geistlichen eingeschärft, Personen vom
Land nur zu trauen, wenn diese einen vom Drosten unter-
zeichneten „Consenszettel“ vorweisen können.
169 Landesverordnungen 1, Nr. 22, S. 246f.
170 Vgl. dazu Frassek, Eherecht, S. 191f., 212.
171 Landesverordnungen 1, Nr. 22, S. 247f.: „Wie ferne nach
geschehenem Beyschlaf der Dissens der Eltern etwas wir-
ken könne“.
172 Ebd., S. 248.
173 Ebd., S. 248f.
174 Vgl. Husmeier, Graf Otto IV., S. 202.
175 Vgl. dazu Brosius, Fischbeck und die Landesherrschaft.
176 Vgl. Oldermann, Stift Fischbeck, S, 100f.
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