Grafschaft Schaumburg
der Instruktion Ernsts vorgeschlagene Konsultation einer theologischen Fakultät zu dieser Frage gibt es
jedenfalls nicht. Im fünften Teil der Kirchenordnung von 1614, in der das Thema der unterhaltung der
pastorn behandelt wird, geht es lediglich um eine Sicherstellung der bisherigen Einkünfte der Pfarreien, aber
nicht um einen Ausgleich zwischen ihnen. Möglicherweise sahen Bernhardi und Michelbach hier auch kei-
nen Handlungsbedarf, da sie feststellten, daß die Geistlichen der Grafschaft ein mehren teils reiches, ins
gemein aber zimblichs ehrlichs außkommen hätten215. Dagegen ist die Versorgung der Pfarrwitwen in der
Kirchenordnung von ihnen genau geregelt worden: Den Witwen wird ein sogenanntes „Gnadenjahr“ einge-
räumt, in welchem sie das Gehalt ihres Mannes weiter beziehen können. Darüber hinaus sollen sie, je nach
den finanziellen Möglichkeiten der Pfarrei, eine zimbliche Leibzucht in Hauß und Gütern erhalten216. Auch
die Einführung der offenen Beichte nach der Predigt ist 1614 umgesetzt worden217.
20. Hausordnung für das Stift Möllenbeck, 5. August 1612 (Text S. 95)
Die am 5. August 1612 für Möllenbeck erlassene Hausordnung ist zum großen Teil eine Reaktion auf die
wirtschaftlichen Probleme, mit denen das Stift gegen Ende des 16. Jh. zu kämpfen hatte. Nach 1580 über-
stiegen die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen218. Beträchtliche Teile der Ländereien des Stifts mußten
daher an die Gläubiger verpfändet werden. Die Ursachen für die ökonomischen Schwierigkeiten gehen aus
einer Aufstellung hervor, die der Prior Jodocus (Jobst) Stucken219 in den Jahren 1594 oder 1595 anleg-
te220. Zum einen waren es äußere Unglücksfälle wie die Überschwemmung von Stiftsland durch die Weser
oder die Vernichtung der Mühle und des Backhauses durch Feuer, die zu finanziellen Einbrüchen führ-
ten221. Gravierender aber waren die strukturellen Probleme: Nach Einführung der Reformation blieben die
bisherigen Stiftungen und Legate aus. Vor allem aber ging die Zahl der zum Stift gehörenden Laienbrüder
stetig zurück; für sie mußten zur Aufrechterhaltung der Eigenwirtschaft bezahlte Knechte angestellt wer-
den222. Hinzu kamen die trotz des Vertrags von 1570 (Nr. 10) weiterhin hohen Belastungen durch die
Aufenthalte von Mitgliedern des Grafenhauses oder von gräflichen Beamten. So verbrachte der aus dem
Amt geschiedene Mindener Bischof Hermann von Schaumburg223 mit seiner Dienerschaft und einer Reihe
von Begleitern mehrere Monate in Möllenbeck224. Gegenüber Adolf XIV. beklagte sich Prior Stucken, daß
Adolfs Vater Otto IV. bei seinen Aufenthalten noch etwas zum Stiftshaushalt beigetragen habe, während
Möllenbeck unter ihm nun auf den gesamten Kosten sitzen bleibe225. Erhebliche finanzielle Aufwendungen
waren für die Armenfürsorge nötig226. Auch hier trug das Grafenhaus nicht wenig zu den Belastungen bei,
indem es alte und nicht mehr arbeitsfähige Diener zur Versorgung in das Stift schickte227.
Angesichts der schwierigen ökonomischen Lage Möllenbecks nehmen die „wirtschaftlichen“ Maßnah-
men in der Hausordnung einen breiten Raum ein. Bereits im Mai 1612 hatte Graf Ernst I. den Konvent zu
Beratungen nach Bückeburg einbestellt. Auf deren Grundlage entwarfen die Räte des Grafen dann in den
folgenden Wochen die Ordnung, die den Konventualen am 5. August von den beiden schaumburgischen
Kanzlern Anton von Wietersheim und Eberhard von Weyhe übergeben wurde228. Sie sah eine deutliche
Reduzierung des Personals vor. Die Tätigkeit der Lohnknechte sollte wieder durch Laienbrüder übernom-
215 Vgl. Nr. 21, S. 166.
216 Vgl. Nr. 21, S. 166f.
217 Vgl. Nr. 21, S. 147f.
218 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 52.
219 Zu Jodocus Stucken, Prior in den Jahren 1581-1596, vgl.
Niedersächsisches Klosterbuch 3, S. 1065 und Brosius,
Möllenbeck, S. 86.
220 NLA Bückeburg H 175b.
221 Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, S. 147.
222 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 51; Heutger, Stift Möl-
lenbeck, S. 148.
223 Zu ihm vgl. Gatz, Bischöfe, S. 285-287; Bei der Wie-
den, Schaumburgische Genealogie, S. 130f. Am 15. März
1592 wurde Hermann von Schaumburg im Stift Möllen-
beck beigesetzt.
224 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 52; Heutger, Stift Möl-
lenbeck, S. 148.
225 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 52f.
226 Zur Armenpflege vgl. Heutger, Stift Möllenbeck,
S. 132f.
227 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 51.
228 Ebd., S. 53f.
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der Instruktion Ernsts vorgeschlagene Konsultation einer theologischen Fakultät zu dieser Frage gibt es
jedenfalls nicht. Im fünften Teil der Kirchenordnung von 1614, in der das Thema der unterhaltung der
pastorn behandelt wird, geht es lediglich um eine Sicherstellung der bisherigen Einkünfte der Pfarreien, aber
nicht um einen Ausgleich zwischen ihnen. Möglicherweise sahen Bernhardi und Michelbach hier auch kei-
nen Handlungsbedarf, da sie feststellten, daß die Geistlichen der Grafschaft ein mehren teils reiches, ins
gemein aber zimblichs ehrlichs außkommen hätten215. Dagegen ist die Versorgung der Pfarrwitwen in der
Kirchenordnung von ihnen genau geregelt worden: Den Witwen wird ein sogenanntes „Gnadenjahr“ einge-
räumt, in welchem sie das Gehalt ihres Mannes weiter beziehen können. Darüber hinaus sollen sie, je nach
den finanziellen Möglichkeiten der Pfarrei, eine zimbliche Leibzucht in Hauß und Gütern erhalten216. Auch
die Einführung der offenen Beichte nach der Predigt ist 1614 umgesetzt worden217.
20. Hausordnung für das Stift Möllenbeck, 5. August 1612 (Text S. 95)
Die am 5. August 1612 für Möllenbeck erlassene Hausordnung ist zum großen Teil eine Reaktion auf die
wirtschaftlichen Probleme, mit denen das Stift gegen Ende des 16. Jh. zu kämpfen hatte. Nach 1580 über-
stiegen die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen218. Beträchtliche Teile der Ländereien des Stifts mußten
daher an die Gläubiger verpfändet werden. Die Ursachen für die ökonomischen Schwierigkeiten gehen aus
einer Aufstellung hervor, die der Prior Jodocus (Jobst) Stucken219 in den Jahren 1594 oder 1595 anleg-
te220. Zum einen waren es äußere Unglücksfälle wie die Überschwemmung von Stiftsland durch die Weser
oder die Vernichtung der Mühle und des Backhauses durch Feuer, die zu finanziellen Einbrüchen führ-
ten221. Gravierender aber waren die strukturellen Probleme: Nach Einführung der Reformation blieben die
bisherigen Stiftungen und Legate aus. Vor allem aber ging die Zahl der zum Stift gehörenden Laienbrüder
stetig zurück; für sie mußten zur Aufrechterhaltung der Eigenwirtschaft bezahlte Knechte angestellt wer-
den222. Hinzu kamen die trotz des Vertrags von 1570 (Nr. 10) weiterhin hohen Belastungen durch die
Aufenthalte von Mitgliedern des Grafenhauses oder von gräflichen Beamten. So verbrachte der aus dem
Amt geschiedene Mindener Bischof Hermann von Schaumburg223 mit seiner Dienerschaft und einer Reihe
von Begleitern mehrere Monate in Möllenbeck224. Gegenüber Adolf XIV. beklagte sich Prior Stucken, daß
Adolfs Vater Otto IV. bei seinen Aufenthalten noch etwas zum Stiftshaushalt beigetragen habe, während
Möllenbeck unter ihm nun auf den gesamten Kosten sitzen bleibe225. Erhebliche finanzielle Aufwendungen
waren für die Armenfürsorge nötig226. Auch hier trug das Grafenhaus nicht wenig zu den Belastungen bei,
indem es alte und nicht mehr arbeitsfähige Diener zur Versorgung in das Stift schickte227.
Angesichts der schwierigen ökonomischen Lage Möllenbecks nehmen die „wirtschaftlichen“ Maßnah-
men in der Hausordnung einen breiten Raum ein. Bereits im Mai 1612 hatte Graf Ernst I. den Konvent zu
Beratungen nach Bückeburg einbestellt. Auf deren Grundlage entwarfen die Räte des Grafen dann in den
folgenden Wochen die Ordnung, die den Konventualen am 5. August von den beiden schaumburgischen
Kanzlern Anton von Wietersheim und Eberhard von Weyhe übergeben wurde228. Sie sah eine deutliche
Reduzierung des Personals vor. Die Tätigkeit der Lohnknechte sollte wieder durch Laienbrüder übernom-
215 Vgl. Nr. 21, S. 166.
216 Vgl. Nr. 21, S. 166f.
217 Vgl. Nr. 21, S. 147f.
218 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 52.
219 Zu Jodocus Stucken, Prior in den Jahren 1581-1596, vgl.
Niedersächsisches Klosterbuch 3, S. 1065 und Brosius,
Möllenbeck, S. 86.
220 NLA Bückeburg H 175b.
221 Vgl. Heutger, Stift Möllenbeck, S. 147.
222 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 51; Heutger, Stift Möl-
lenbeck, S. 148.
223 Zu ihm vgl. Gatz, Bischöfe, S. 285-287; Bei der Wie-
den, Schaumburgische Genealogie, S. 130f. Am 15. März
1592 wurde Hermann von Schaumburg im Stift Möllen-
beck beigesetzt.
224 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 52; Heutger, Stift Möl-
lenbeck, S. 148.
225 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 52f.
226 Zur Armenpflege vgl. Heutger, Stift Möllenbeck,
S. 132f.
227 Vgl. Brosius, Möllenbeck, S. 51.
228 Ebd., S. 53f.
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