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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0071
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Einleitung

an Luthers „Taufbüchlein“246; der Beginn der Taufzeremonie ist in Schaumburg aber anders angelegt als im
Herzogtum Mecklenburg. Besonders betont wird in der Taufansprache die Verhaftung der Kinder in der
Erbsünde. Der Exorzismus wird als eine von den uhralten Kirchenlehrern angeordnete eusserliche Ceremoni
beibehalten. Die Ausführungen über die Nottaufe und die Privatbeichte übernimmt die Schaumburgische
Kirchenordnung weitgehend ohne Änderungen aus der Mecklenburgischen. Da der Ablauf der Abendmahls-
feier in der Mecklenburger Ordnung bereits zu Beginn des dritten Teils bei der Behandlung der Gottesdien-
ste angesprochen wird247, fehlt bei ihr der folgende Abschnitt über die Austeilung von Brot und Wein. Bei
der Versehung der Kranken orientiert sich die Schaumburger Ordnung zunächst wiederum an ihrer Vorlage,
verweist dann aber der Einfachheit halber auf die vorangehenden Anweisungen zur Spendung des Abend-
mahls, während die Mecklenburgische Kirchenordnung der Kommunion der Kranken einen eigenen län-
geren Abschnitt widmet248. Bei der Einsegnung der Ehe verwenden beide Ordnungen die gleichen, auf
Luthers „Traubüchlein“249 zurückgehenden Texte. Die Wortwahl beim eigentlichen Akt der Einsegnung des
Brautpaars weicht jedoch voneinander ab.
Beim vierten Teil „Von erhaltung Christlicher Schule und Studien“ (im Druck die Seiten 249-260) haben
die beiden Schaumburger Superintendenten die allgemeinen Ausführungen über die Bedeutung der Lese-
fähigkeit für die Lektüre der Heiligen Schrift und die Einrichtung von Schulen aus der Mecklenburgischen
Kirchenordnung von 1552 übernommen. Dann lassen sie jedoch einen Abschnitt über das Gymnasium
illustre in Stadthagen folgen. Die ausführlichen Erläuterungen über die Einteilung der Schüler in verschie-
dene Klassen und die Gliederung des Lehrstoffs aus der Mecklenburgischen Kirchenordnung250 fehlen. In
Schaumburg begnügt man sich stattdessen mit der Einschärfung regelmäßiger Visitationen der „Partiku-
larschulen“. Bei diesen soll sich das Augenmerk der Visitatoren vor allem auf die Vermittlung des Kate-
chismus und der Grammatik als den beiden Fundamenten des schulischen Unterrichts richten.
Im fünften und letzten Teil (im Druck die Seiten 261-270) gibt es mit Ausnahme der ersten beiden
Absätze, wo über die Wichtigkeit eines gesicherten Unterhalts der Geistlichen und der Lehrer gesprochen
wird, keine Übereinstimmungen zwischen den beiden Ordnungen.
Die Schaumburgische Kirchenordnung von 1614 erlangte auch in der Herrschaft Holstein-Pinneberg
Gültigkeit. Anscheinend überdauerte sie dort sogar das Aussterben des Schaumburgischen Grafenhauses im
Jahr 1640 und den Übergang der Herrschaft an den König von Dänemark und Herzog von Schleswig-
Holstein251. Die Kirchenordnung von 1614 wurde 1804 vollständig in den ersten Band der Sammlung der
„Landesverordnungen der Graffschaft Schaumburg unter der Regierung der Grafen zu Holstein-Schaum-
burg“ aufgenommen (dort Nr. 19, S. 42-173)252.
22. Von der Taufe unehelicher Kinder, [vor 29. Juli] 1615 (Text S. 168)
In der Schaumburger Kirchenordnung von 1614 ist die Taufe ausführlich im ersten Teil („Von der Lehre“)
bei der Behandlung der Sakramente und im dritten Teil („Von Ordnung der Ceremonien“) bei der Beschrei-
bung der gottesdienstlichen Feier im Rahmen der Agende dargestellt253. Die Frage der Taufe unehelich
geborener Kinder wird dabei nicht thematisiert. Diese spielt aber in den beiden, ein Jahr später von Graf
Ernst veröffentlichten Ordnungen, der „Amts- und Hausordnung“ und der „Polizeiordnung“254, eine Rolle.
Den Pfarrern wird darin befohlen, uneheliche Kinder solange nicht zu taufen, bis ihre Mütter den Namen

246 Vgl. BSELK, S. 905-910.
247 Sehling, EKO V, S. 199.
248 Ebd., S. 208f.
249 BSELK, S. 900-905.
250 Sehling, EKO V, S. 215-217.
251 Vgl. Freytag, Schauenburgische Kirchenordnung, S. 21.

252 Schaumburg-Lippische Landesverordnungen, Bd. 1-33
(1563-1945), Bückeburg 1804-1945.
253 Siehe Nr. 21, S. 113f. und S. 151-154.
254 Zu den beiden Ordnungen vgl. Bei der Wieden,
Renaissancefürst, S. 45-48

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