Grafschaft Schaumburg
dern es ist die ewige, unwandelbare Weißheit in
Gott selbs und die ewige Regel der Gerechtigkeit in
seinem göttlichen Willen, die er |34| auß unauß-
sprechlicher gütigkeit in die vernünftige Creaturen
gebildet hat59. Und hat sie darnach allezeit für und
für in seiner Kirchen von Adams zeiten mit seiner
Predig erkleret unnd wiederholet, daß wir wissen
sollen, wie er selbst ist, nemblich: weise, gütig, war-
hafftig, gerecht, keusch, und daß er wolle, daß die
vernunfftig Creatur ihm gleichförmig seyn sol, dar-
umb er ihr diese hohe Weißheit mitgetheilet hat, die
bindet alle vernünfftige Creaturen. Derwegen auch
Gott wahrhafftiglich unnd grausamblich zürnet wi-
der alles, daß dieser seiner unwandelbaren Weißheit
zuwider ist, und Zerstöret es.
Und dieses Gesetz nennet man mit gewöhnlichem
Namen: Zehen Gebot60. Dann darinn sind die für-
nembsten Sprüche ordentlich gefasset, die man also
verstehen sol, wie sie Gott selbst erkleret hatt. Und
wiewol keine Creatur diese hohe Weißheit ergründen
oder außreden61 kan, So müssen wir dannoch als
Kindlein die Zehen Gebot für und für lernen und
wissen, daß diß Ge- |35| setz alle vernünfftige Crea-
turen bindet, das ist: Gott selbst bindet sie. Und
diese Rede sind ein ernstlich Urtheil wider alle sün-
dige Creaturen und Zeugnuß, das Gott warhafftig-
lich wider sie zürnet. Und dieses Urtheil fühlen alle
Menschen, wenn das Gewissen in schrecken unnd
angst felt, die so groß ist, das sie leiblichen und ewi-
gen Todt mit bringet, wenn nicht Trost kömpt
durch Erkentnus des Herrn Christi auß dem Evan-
gelio. In solcher angst lernet man, was diß Gesetz
ist, und sonsten kan man es mit Worten nicht auß-
reden.
Darumb ist auch allezeit dieß ewige Gesetz, Lex
Moralis und Urtheil wider die Sünde in Gottes Kir-
chen von Adams zeiten gepredigt, und hat es der
Herr Christus selb offt wiederholet. Und spricht
Paulus: Durchs Gesetz ist Erkentnus der Sün-
de62. Und ist gantz gewiß, das Gottes Wil und ernst-
licher Befehlch ist, daß man dieses ewige Gesetz in
seiner Kirchen predige auß diesen beyden Ursachen,
daß wir dadurch wissen, wie der gehorsamb, den wir
|36| Gott schuldig sind, seyn solte, unnd also unsere
sündige Unreinigkeit und Ubertrettung erkennen
und für Gottes Zorn erschrecken, und daß die Be-
kehrten Gottes Wort haben, daraus sie gewiß sind,
welche Wercke die rechten Gottes-Dienste seyn.
Unterschied zwischen dem Gesetz und Evangelio
Dieser Unterschiedt ist der Häuptlere eine in der
Kirchen. Unnd wo man sie verleschen lest (Wie sie
dann bey den Papisten außgetilget ist), Folget
grawsame Blindtheit: Das man dichtet, der Mensch
sey gerecht durch seine Werck und verdiene Verge-
bung der Sünden mit eygenen Wercken etc. Und die-
weil doch alle Menschen Sünde bey sich fühlen, blei-
ben sie im zweiffel, können Gott nicht anruffen und
sincken endlich in verzweiffelung unnd ewigen |37|
Tod und wissen nicht, warumm der Sohn Gottes ge-
sand ist, wie die Phariseer bey den Juden in solcher
Blindheit steckten unnd hatten den rechten Ver-
stand vom Messia verloren.
59 Bei der lex moralis wird meist auf Röm 1,19-21 und
2,14-15 verwiesen.
60 2Mos 20,1-17; 5Mos 5,6-21.
Aber Gott hat immerda Propheten erwecket, die
rechte Unterschied des Gesetzes und der Verheissun-
gen geprediget, wie auch der Herr Christus selbst
und die Apostel hernach geleret haben. Das Gesetz
ist die ewige Göttliche Weißheit, wie gesagt ist63, die
Gott auch in die vernünfftige Creaturen gebildet
hat in der Erschaffung und hernach im Predig Ampt
für und für wiederholet. Die leret unnd bezeuget,
daß man Gott recht erkennen sol und daß man im
gehorsamb schuldig sey, unnd wie derselbige gehor-
samb in allen unsern Kräfften seyn solle.
61 Vollständig beschreiben, s. FWb 2, Sp. 1225f.
62 Röm 3,20.
63 Siehe den vorhergehenden Abschnitt.
108
dern es ist die ewige, unwandelbare Weißheit in
Gott selbs und die ewige Regel der Gerechtigkeit in
seinem göttlichen Willen, die er |34| auß unauß-
sprechlicher gütigkeit in die vernünftige Creaturen
gebildet hat59. Und hat sie darnach allezeit für und
für in seiner Kirchen von Adams zeiten mit seiner
Predig erkleret unnd wiederholet, daß wir wissen
sollen, wie er selbst ist, nemblich: weise, gütig, war-
hafftig, gerecht, keusch, und daß er wolle, daß die
vernunfftig Creatur ihm gleichförmig seyn sol, dar-
umb er ihr diese hohe Weißheit mitgetheilet hat, die
bindet alle vernünfftige Creaturen. Derwegen auch
Gott wahrhafftiglich unnd grausamblich zürnet wi-
der alles, daß dieser seiner unwandelbaren Weißheit
zuwider ist, und Zerstöret es.
Und dieses Gesetz nennet man mit gewöhnlichem
Namen: Zehen Gebot60. Dann darinn sind die für-
nembsten Sprüche ordentlich gefasset, die man also
verstehen sol, wie sie Gott selbst erkleret hatt. Und
wiewol keine Creatur diese hohe Weißheit ergründen
oder außreden61 kan, So müssen wir dannoch als
Kindlein die Zehen Gebot für und für lernen und
wissen, daß diß Ge- |35| setz alle vernünfftige Crea-
turen bindet, das ist: Gott selbst bindet sie. Und
diese Rede sind ein ernstlich Urtheil wider alle sün-
dige Creaturen und Zeugnuß, das Gott warhafftig-
lich wider sie zürnet. Und dieses Urtheil fühlen alle
Menschen, wenn das Gewissen in schrecken unnd
angst felt, die so groß ist, das sie leiblichen und ewi-
gen Todt mit bringet, wenn nicht Trost kömpt
durch Erkentnus des Herrn Christi auß dem Evan-
gelio. In solcher angst lernet man, was diß Gesetz
ist, und sonsten kan man es mit Worten nicht auß-
reden.
Darumb ist auch allezeit dieß ewige Gesetz, Lex
Moralis und Urtheil wider die Sünde in Gottes Kir-
chen von Adams zeiten gepredigt, und hat es der
Herr Christus selb offt wiederholet. Und spricht
Paulus: Durchs Gesetz ist Erkentnus der Sün-
de62. Und ist gantz gewiß, das Gottes Wil und ernst-
licher Befehlch ist, daß man dieses ewige Gesetz in
seiner Kirchen predige auß diesen beyden Ursachen,
daß wir dadurch wissen, wie der gehorsamb, den wir
|36| Gott schuldig sind, seyn solte, unnd also unsere
sündige Unreinigkeit und Ubertrettung erkennen
und für Gottes Zorn erschrecken, und daß die Be-
kehrten Gottes Wort haben, daraus sie gewiß sind,
welche Wercke die rechten Gottes-Dienste seyn.
Unterschied zwischen dem Gesetz und Evangelio
Dieser Unterschiedt ist der Häuptlere eine in der
Kirchen. Unnd wo man sie verleschen lest (Wie sie
dann bey den Papisten außgetilget ist), Folget
grawsame Blindtheit: Das man dichtet, der Mensch
sey gerecht durch seine Werck und verdiene Verge-
bung der Sünden mit eygenen Wercken etc. Und die-
weil doch alle Menschen Sünde bey sich fühlen, blei-
ben sie im zweiffel, können Gott nicht anruffen und
sincken endlich in verzweiffelung unnd ewigen |37|
Tod und wissen nicht, warumm der Sohn Gottes ge-
sand ist, wie die Phariseer bey den Juden in solcher
Blindheit steckten unnd hatten den rechten Ver-
stand vom Messia verloren.
59 Bei der lex moralis wird meist auf Röm 1,19-21 und
2,14-15 verwiesen.
60 2Mos 20,1-17; 5Mos 5,6-21.
Aber Gott hat immerda Propheten erwecket, die
rechte Unterschied des Gesetzes und der Verheissun-
gen geprediget, wie auch der Herr Christus selbst
und die Apostel hernach geleret haben. Das Gesetz
ist die ewige Göttliche Weißheit, wie gesagt ist63, die
Gott auch in die vernünfftige Creaturen gebildet
hat in der Erschaffung und hernach im Predig Ampt
für und für wiederholet. Die leret unnd bezeuget,
daß man Gott recht erkennen sol und daß man im
gehorsamb schuldig sey, unnd wie derselbige gehor-
samb in allen unsern Kräfften seyn solle.
61 Vollständig beschreiben, s. FWb 2, Sp. 1225f.
62 Röm 3,20.
63 Siehe den vorhergehenden Abschnitt.
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