Grafschaft Schaumburg
Denn diß ist gantz gewiß: Gott ist ein gerechter
Gott, zürnet über die Sünde und straffet sie mit sei-
nem Wort, mit leiblichen straffen und mit grawsa-
men schrecken. Dieses erfahren wir alle. |66| Dabey
will er dannoch nicht, daß wir in ewigkeit seine
Feinde unnd in der grawsamen straff bleiben. Da-
von spricht der Eid: So wahr ich lebe, spricht Gott,
ich wil nicht, daß der Sünder sterbe, sondern daß er
bekehret werde und das Leben habe98. Diese Predigt
wird für und für in den Propheten wiederholet.
Und wie der Sohn Gottes selbst im Paradeiß unnd
hernach in den Propheten gepredigt, also spricht er
auch, da er sichtiglich99 im Ampt gewesen ist, Marci
1 [15]: Bekehret euch und gleubet dem Evangelio,
Unnd gibet den Aposteln diesen Heuptbefehl: Pre-
digt bekehrung und vergebung der Sünden in mei-
nem Nahmen100.
Aus diesem allen ist öffentlich und gantz gewiß, das
Gottes ernstlicher und unwandelbarer Wille ist, das
man von der Poenitentia oder Bekehrung recht pre-
digen sol, und daß wir diese Predigt vom zorn und
straff der Sünden und von vergebung der Sünden
annehmen, |67| Und das Gott gewißlich mit dieser
Predigt krefftig ist, vergibet Sünde unnd gibet wie-
derumb ewiges Leben, Gerechtigkeit und frewde an
ihm.
Dieweil nun die reine Lehr von diesem hochwichti-
gen Artickel fast101 angefochten wird, sollen die Or-
dinanden vom rechten verstandt fleissig gefragt und
vermahnet werden, die Leute auch davon recht zu
unterrichten:
Erstlich, damit man das Wort Poenitentia oder
Bekehrung recht verstehe, sollen sie wissen, das die
Propheten das Wort Bekehrung brauchen, wie es im
Eidt stehet, Nemblich also, das Bekehrung heisset:
erschrecken für Gottes zorn wieder die Sünde und
doch nicht im schrecken versincken, sondern durch
glauben an den Herrn Christum vergebung der Sün-
98 Hes 18,23 und 33,11. Vgl. oben S. 112.
99 Sichtbar, s. Grimm, DWb 16, Sp. 751f.
100 Vgl. Lk 24,47.
101 Sehr.
den, gnad und heiligen Geist empfahen und also [in]
diesem trost wiederumb Gott gehorsam und ein
Erbe ewiger Seligkeit seyn.
Diese verenderung im Menschen nennet offt die
Schrifft Poenitentia. Unnd hat hernach |68| die Kirch
das Wort Poenitentia auch gebrauchet für das Wort
Conversio. Darumb brauchen wir auch beyde Wör-
ter. Bitten, man wölle davon nicht Wortgezenck
machen. Das deutsche Wort Buß ist tunckel. Man
braucht es aber auch für das Wort Conversio.
Und mag zu anleitung die Bekehrung oder Conver-
sio oder Buß oder Poenitentia also erkleret werden,
das sie eigentlich zwey stück in sich fasset:
Das erste in Conversione ist genant Contritio,
das man sonst nennet Rew und leid von wegen der
Sünden, das ist, eigentlich warhafftig erschrecken
für Gottes zorn wider die Sünd. Davon Eze-
chias102 spricht: Wie ein Lew hat Gott all meine Ge-
beine zerschmettert103. Und das diese angst nicht
faule Gedancken sind, lernen endlich alle Menschen
in grawsamer erfahrung. Das ander stück in Con-
versione ist gleuben, daß dir deine Sünd vergeben
sind unnd |69| daß dir Gott wiederumb gnedig sey
umb des Herrn Christi willen ohne dein Verdienst,
gratis104.
Wenn das Hertz also mit glauben und vertrawen
auff den Sohn Gottes getröstet wird, so wircket der
Sohn Gottes im hertzen leben und frewd und gibt
dir seinen heiligen Geist. Dann, dieweil es Bekeh-
rung seyn sol, so müssen wir nicht in der angst unnd
Helle stecken bleiben, Da fluch und zorn wider Gott
ist, sondern wir mussen wiederumb zu Gott kom-
men, der uns Leben, gnad und gerechtigkeit mit-
theilen wil durch den Sohn. Und das dieser Trost
auch nicht ein fauler gedanck sey, wissen die Christ-
lichen Hertzen, die aus der grossen angst durch
glauben erquicket sind, wie Paulus spricht: So wir
durch den glauben gerecht sind, haben wir frieden
102 Hiskia.
103 Jes 38,13.
104 Vgl. Röm 3,24.
116
Denn diß ist gantz gewiß: Gott ist ein gerechter
Gott, zürnet über die Sünde und straffet sie mit sei-
nem Wort, mit leiblichen straffen und mit grawsa-
men schrecken. Dieses erfahren wir alle. |66| Dabey
will er dannoch nicht, daß wir in ewigkeit seine
Feinde unnd in der grawsamen straff bleiben. Da-
von spricht der Eid: So wahr ich lebe, spricht Gott,
ich wil nicht, daß der Sünder sterbe, sondern daß er
bekehret werde und das Leben habe98. Diese Predigt
wird für und für in den Propheten wiederholet.
Und wie der Sohn Gottes selbst im Paradeiß unnd
hernach in den Propheten gepredigt, also spricht er
auch, da er sichtiglich99 im Ampt gewesen ist, Marci
1 [15]: Bekehret euch und gleubet dem Evangelio,
Unnd gibet den Aposteln diesen Heuptbefehl: Pre-
digt bekehrung und vergebung der Sünden in mei-
nem Nahmen100.
Aus diesem allen ist öffentlich und gantz gewiß, das
Gottes ernstlicher und unwandelbarer Wille ist, das
man von der Poenitentia oder Bekehrung recht pre-
digen sol, und daß wir diese Predigt vom zorn und
straff der Sünden und von vergebung der Sünden
annehmen, |67| Und das Gott gewißlich mit dieser
Predigt krefftig ist, vergibet Sünde unnd gibet wie-
derumb ewiges Leben, Gerechtigkeit und frewde an
ihm.
Dieweil nun die reine Lehr von diesem hochwichti-
gen Artickel fast101 angefochten wird, sollen die Or-
dinanden vom rechten verstandt fleissig gefragt und
vermahnet werden, die Leute auch davon recht zu
unterrichten:
Erstlich, damit man das Wort Poenitentia oder
Bekehrung recht verstehe, sollen sie wissen, das die
Propheten das Wort Bekehrung brauchen, wie es im
Eidt stehet, Nemblich also, das Bekehrung heisset:
erschrecken für Gottes zorn wieder die Sünde und
doch nicht im schrecken versincken, sondern durch
glauben an den Herrn Christum vergebung der Sün-
98 Hes 18,23 und 33,11. Vgl. oben S. 112.
99 Sichtbar, s. Grimm, DWb 16, Sp. 751f.
100 Vgl. Lk 24,47.
101 Sehr.
den, gnad und heiligen Geist empfahen und also [in]
diesem trost wiederumb Gott gehorsam und ein
Erbe ewiger Seligkeit seyn.
Diese verenderung im Menschen nennet offt die
Schrifft Poenitentia. Unnd hat hernach |68| die Kirch
das Wort Poenitentia auch gebrauchet für das Wort
Conversio. Darumb brauchen wir auch beyde Wör-
ter. Bitten, man wölle davon nicht Wortgezenck
machen. Das deutsche Wort Buß ist tunckel. Man
braucht es aber auch für das Wort Conversio.
Und mag zu anleitung die Bekehrung oder Conver-
sio oder Buß oder Poenitentia also erkleret werden,
das sie eigentlich zwey stück in sich fasset:
Das erste in Conversione ist genant Contritio,
das man sonst nennet Rew und leid von wegen der
Sünden, das ist, eigentlich warhafftig erschrecken
für Gottes zorn wider die Sünd. Davon Eze-
chias102 spricht: Wie ein Lew hat Gott all meine Ge-
beine zerschmettert103. Und das diese angst nicht
faule Gedancken sind, lernen endlich alle Menschen
in grawsamer erfahrung. Das ander stück in Con-
versione ist gleuben, daß dir deine Sünd vergeben
sind unnd |69| daß dir Gott wiederumb gnedig sey
umb des Herrn Christi willen ohne dein Verdienst,
gratis104.
Wenn das Hertz also mit glauben und vertrawen
auff den Sohn Gottes getröstet wird, so wircket der
Sohn Gottes im hertzen leben und frewd und gibt
dir seinen heiligen Geist. Dann, dieweil es Bekeh-
rung seyn sol, so müssen wir nicht in der angst unnd
Helle stecken bleiben, Da fluch und zorn wider Gott
ist, sondern wir mussen wiederumb zu Gott kom-
men, der uns Leben, gnad und gerechtigkeit mit-
theilen wil durch den Sohn. Und das dieser Trost
auch nicht ein fauler gedanck sey, wissen die Christ-
lichen Hertzen, die aus der grossen angst durch
glauben erquicket sind, wie Paulus spricht: So wir
durch den glauben gerecht sind, haben wir frieden
102 Hiskia.
103 Jes 38,13.
104 Vgl. Röm 3,24.
116