Goslar
Das der Stadt Goslar zugesandte „Verzceignus“ ist ein Bericht über die verschiedenen in Nürnberg
vorgenommenen reformatorischen Maßnahmen. Es wurde vom Nürnberger Stadtschreiber Lazarus Speng-
ler verfaßt. Dessen Entwurf mit zahlreichen Korrekturen ist im Staatsarchiv Nürnberg noch erhalten. Der
Entwurf trägt den Titel „Ordnung und enderung der ceremonien zu Nuremberg verzaichnet Anno
1528“116. In dem Bericht wird eine Vielzahl von Themen behandelt, beginnend mit der Einführung der
Predigt des Evangeliums, die als das haubtstugke und als Grundlage für alle anderen Maßnahmen bezeichnet
wird (S. 227), und der Auswahl und Prüfung der für die Verkündigung des Wort Gottes geeigneten Geist-
lichen, mit deren Hilfe der Rat eine „einhellige“ Predigt gewährleisten und die Verbreitung von swurmereyen
und secten (konkret erwähnt werden die Täufer) zu verhindern hofft (S. 227-229). Einen Schwerpunkt des
Berichts bilden die Ausführungen über das Abstellen der Messe und die Neuordnung der Gottesdienste
(S. 229-231) und der Kasualien (S. 233), einen anderen die Ausführungen über die inzwischen abgeschafften
Riten und Bräuche wie Litaneien, Prozessionen, Kreuzgänge, Benediktionen, Passionsspiele, Seelmessen
und Vigilien (S. 231-233). Den Bericht schließen Erläuterungen zur Reduzierung der Feiertage (S. 233f.),
zur Schaffung des Gemeinen Kastens und dessen Verwaltung (S. 234), zum Umgang mit den Klöstern und
den Ordensleuten (S. 234f.) und zur Einrichtung christlicher Schulen (S. 235) ab.
3. Gottesdienstordnung: Vom teglichen gots dinst [nach 8. März 1528] (Text S. 236)
Siehe die Erläuterungen unter Nr. 5.
4. Ordnung der Gottesdienstzeiten für die Goslarer Pfarreien, 24. April 1528 (Text S. 239)
Nach der Darstellung des Superintendenten Johannes Amandus in seinem Brief vom 10. Juli 1529 hatte der
Rat am Sonntag Laetare des vorangegangenen Jahres (22. März 1528) beschlossen, das Wort Gottes lauter
und rein, sonder alle menschen zusatz predigen und leren zu lassen117 .Heinecke datiert in seinen „Antiqui-
tatum Goslariensium [...] libri sex“ die Entscheidung des Goslarer Rates hingegen auf den Sonntag Judi-
ca118. Zu Ostern 1528 wurde Nikolaus von Amsdorf nach Magdeburg zurückgerufen. Amsdorf selbst hatte,
wie sein Schreiben an den Goslarer Rat vom 3. April zeigt, bereits früher eine Rückkehr erwogen, weil er
wegen der Opposition von Teilen der städtischen Führung, aber auch aufgrund der Widerstände innerhalb
der einzelnen Pfarreien (er erwähnt in seinem Schreiben die Gemeinde St. Stephani), am Erfolg seiner
Arbeit zweifelte119. Auf Amsdorfs Empfehlung hin berief der Rat Johannes Amandus als Nachfolger zum
Pfarrer der Marktkirche und zum Superintendenten der Stadt. Die Anstellung von Amandus ist zu Beginn
der „Ordnunge umb der lehr zeit in jeder kirchen“ erwähnt. Eine entsprechende Berufungs- und Bestal-
lungsurkunde, wie sie einige Jahre später für den Superintendenten Eberhard Widensee überliefert ist
(Nr. 10), scheint nicht erhalten zu sein. Amandus traf kurz nach Ostern 1528 in Goslar ein. Da der alte
Pfarrer der Marktkirche noch im Pfarrhaus wohnte, mußte sich Amandus zunächst mit einer provisorischen
Unterkunft begnügen120.
In verschiedenen Dokumenten wird Johannes Amandus als Doktor bezeichnet; wo er diesen Titel erwor-
ben hat, ist unbekannt. Er stammte aus Westfalen, dürfte also der in Goslar gebräuchlichen niederdeut-
schen Sprache mächtig gewesen sein. Bereits bei Antritt seiner Tätigkeit in Königsberg 1523 war er ver-
heiratet gewesen. Sowohl Königsberg als auch seine folgenden Wirkungsstätten hatte er jeweils im Streit
116 Vgl. Seebass, Apologia Reformationis, S. 25.
117 Der Brief des Johannes Amandus vom 10. Juli 1529 ist
vollständig abgedruckt bei Hölscher, Geschichte der
Reformation, S. 66-75 (Zitat auf S. 67). Vgl. auch unten
S. 192.
118 Vgl. Heineccius, Antiquitatum Goslariensium [....] libri
sex, S. 448.
119 In Hölscher, Geschichte der Reformation, S. 35f. wird
der Inhalt von Amsdorfs Brief referiert.
120 Vgl. ebd., S. 47 und Graf, Pfründe, S. 39.
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Das der Stadt Goslar zugesandte „Verzceignus“ ist ein Bericht über die verschiedenen in Nürnberg
vorgenommenen reformatorischen Maßnahmen. Es wurde vom Nürnberger Stadtschreiber Lazarus Speng-
ler verfaßt. Dessen Entwurf mit zahlreichen Korrekturen ist im Staatsarchiv Nürnberg noch erhalten. Der
Entwurf trägt den Titel „Ordnung und enderung der ceremonien zu Nuremberg verzaichnet Anno
1528“116. In dem Bericht wird eine Vielzahl von Themen behandelt, beginnend mit der Einführung der
Predigt des Evangeliums, die als das haubtstugke und als Grundlage für alle anderen Maßnahmen bezeichnet
wird (S. 227), und der Auswahl und Prüfung der für die Verkündigung des Wort Gottes geeigneten Geist-
lichen, mit deren Hilfe der Rat eine „einhellige“ Predigt gewährleisten und die Verbreitung von swurmereyen
und secten (konkret erwähnt werden die Täufer) zu verhindern hofft (S. 227-229). Einen Schwerpunkt des
Berichts bilden die Ausführungen über das Abstellen der Messe und die Neuordnung der Gottesdienste
(S. 229-231) und der Kasualien (S. 233), einen anderen die Ausführungen über die inzwischen abgeschafften
Riten und Bräuche wie Litaneien, Prozessionen, Kreuzgänge, Benediktionen, Passionsspiele, Seelmessen
und Vigilien (S. 231-233). Den Bericht schließen Erläuterungen zur Reduzierung der Feiertage (S. 233f.),
zur Schaffung des Gemeinen Kastens und dessen Verwaltung (S. 234), zum Umgang mit den Klöstern und
den Ordensleuten (S. 234f.) und zur Einrichtung christlicher Schulen (S. 235) ab.
3. Gottesdienstordnung: Vom teglichen gots dinst [nach 8. März 1528] (Text S. 236)
Siehe die Erläuterungen unter Nr. 5.
4. Ordnung der Gottesdienstzeiten für die Goslarer Pfarreien, 24. April 1528 (Text S. 239)
Nach der Darstellung des Superintendenten Johannes Amandus in seinem Brief vom 10. Juli 1529 hatte der
Rat am Sonntag Laetare des vorangegangenen Jahres (22. März 1528) beschlossen, das Wort Gottes lauter
und rein, sonder alle menschen zusatz predigen und leren zu lassen117 .Heinecke datiert in seinen „Antiqui-
tatum Goslariensium [...] libri sex“ die Entscheidung des Goslarer Rates hingegen auf den Sonntag Judi-
ca118. Zu Ostern 1528 wurde Nikolaus von Amsdorf nach Magdeburg zurückgerufen. Amsdorf selbst hatte,
wie sein Schreiben an den Goslarer Rat vom 3. April zeigt, bereits früher eine Rückkehr erwogen, weil er
wegen der Opposition von Teilen der städtischen Führung, aber auch aufgrund der Widerstände innerhalb
der einzelnen Pfarreien (er erwähnt in seinem Schreiben die Gemeinde St. Stephani), am Erfolg seiner
Arbeit zweifelte119. Auf Amsdorfs Empfehlung hin berief der Rat Johannes Amandus als Nachfolger zum
Pfarrer der Marktkirche und zum Superintendenten der Stadt. Die Anstellung von Amandus ist zu Beginn
der „Ordnunge umb der lehr zeit in jeder kirchen“ erwähnt. Eine entsprechende Berufungs- und Bestal-
lungsurkunde, wie sie einige Jahre später für den Superintendenten Eberhard Widensee überliefert ist
(Nr. 10), scheint nicht erhalten zu sein. Amandus traf kurz nach Ostern 1528 in Goslar ein. Da der alte
Pfarrer der Marktkirche noch im Pfarrhaus wohnte, mußte sich Amandus zunächst mit einer provisorischen
Unterkunft begnügen120.
In verschiedenen Dokumenten wird Johannes Amandus als Doktor bezeichnet; wo er diesen Titel erwor-
ben hat, ist unbekannt. Er stammte aus Westfalen, dürfte also der in Goslar gebräuchlichen niederdeut-
schen Sprache mächtig gewesen sein. Bereits bei Antritt seiner Tätigkeit in Königsberg 1523 war er ver-
heiratet gewesen. Sowohl Königsberg als auch seine folgenden Wirkungsstätten hatte er jeweils im Streit
116 Vgl. Seebass, Apologia Reformationis, S. 25.
117 Der Brief des Johannes Amandus vom 10. Juli 1529 ist
vollständig abgedruckt bei Hölscher, Geschichte der
Reformation, S. 66-75 (Zitat auf S. 67). Vgl. auch unten
S. 192.
118 Vgl. Heineccius, Antiquitatum Goslariensium [....] libri
sex, S. 448.
119 In Hölscher, Geschichte der Reformation, S. 35f. wird
der Inhalt von Amsdorfs Brief referiert.
120 Vgl. ebd., S. 47 und Graf, Pfründe, S. 39.
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